Mannheim. Es kommt selten vor, dass Studierende, Professoren und alle anderen Angestellten verschiedener Hochschulen die gleiche Meinung haben. In Anbetracht der finanziellen Lage herrscht Einigkeit: Die Hochschulen Baden-Württembergs brauchen dringend mehr Geld. Weil in Stuttgart gerade über einen neuen Vertrag zur Hochschulfinanzierung zwischen Land und Rektoren verhandelt wird und das Land bei weitem nicht die Mittel in Aussicht stellt, die die Rektoren als Grundbedarf fordern, sind sie am Mittwoch landesweit unter dem Motto „NoScienceNoFuture“ (Deutsch: keine Wissenschaft, keine Zukunft) auf die Straße gegangen. In Mannheim trafen sich die Hochschulangehörigen im Ehrenhof des Schlosses.
Sarg aus Styropor gebastelt
Am Anfang des Demonstrationszuges aus 2000 Teilnehmern, wie die Polizei Mannheim schätzt, tragen einige Studenten einen riesigen Sarg aus Styropor mit der Aufschrift „Hochschulfinanzierungsvertrag“. „Wir wollen verhindern, dass die Hochschulfinanzierung tatsächlich zu Grabe getragen wird“, sagt Stefan Ziegler, der den Sarg mit seinen Kommilitonen gebaut hat. Die Studierendenvertreter von Uni und Hochschule führen gemeinsam mit Hochschul-Rektorin Astrid Hedtke-Becker und Uni-Rektor Thomas Puhl den Zug an. „Wir sind von unseren Studierenden begeistert“, sagt Hedtke-Becker. Währenddessen rufen die Studenten lautstark Parolen wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Bildung klaut!“ oder „Wir wollen Bildung!“. Als der Lärm für eine der zahlreich im Sitzen abgehaltenen Schweigeminuten für die Bildung abflaut, ergänzt Puhl: „Wenn etwas Erfolg hat, dann das hier!“
Robert Wehnert, Vorstand des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Uni, ist sich ebenso sicher: „Die Rufe aus Mannheim werden in Stuttgart gehört werden müssen.“ Damit das geschieht, setzen die Demonstranten auf Kreativität und Einheit: Die Plakate sind mit lustigen Wortspielen („Wir wollen uns nicht prostituieren, wir wollen doch nur studieren“) versehen und gemeinsamer Gesang schallt durch die Innenstadt.
Signal aus dem Ministerium
Bei ihrem einstündigen Protestmarsch zwischen fassungsloser Stille und wütendem Lärm richten die Teilnehmer alle Hoffnungen nach Stuttgart, denn nur dort kann mehr Geld bewilligt werden. Zwar steigt die Hochschulfinanzierung in absoluten Zahlen, doch der Anstieg ist laut den Demonstranten zu gering, um Preissteigerungen und das Wachstum der Studierendenzahlen abzufedern. Schon heute würden die Hochschulen nur den Mangel verwalten, sagt Puhl auf der Kundgebung im Ehrenhof. Bleibe der neue Hochschulfinanzierungsvertrag in seiner jetzigen Form, würde sich das Problem weiter verschärfen. „Dann werde ich diesen Vertrag nicht unterschreiben“, sagt Puhl.
Erstes Gehör haben sich die De-monstranten schon verschafft, auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) spricht sich in einer Pressemitteilung für eine starke Hochschulfinanzierung aus. „Der neue Hochschulfinanzierungsvertrag muss noch ambitionierter werden als der vorangegangene“, sagt sie. Woher das Geld kommen soll, sagt sie nicht. Die Rektoren haben einen Mehrbedarf von 450 Millionen Euro gefordert, bisher stellte Stuttgart 125 Millionen in Aussicht.
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