Mannheim gilt in den Wirtschaftswissenschaften als Elite. 400 Plätze bietet die Uni - jeder will der Beste sein. In den Rankings der Klausurergebnisse wird um die oberen Plätze gekämpft, vor unfairen Mitteln schrecken viele Studenten dabei nicht zurück.
Ein BWL-Student der Uni Mannheim im vierten Semester kann davon ein Lied singen: "Da gibt es Studenten, die absichtlich Zusammenfassungen mit gefälschten Infos bestücken, damit Kommilitonen das Falsche lernen. Außerdem gilt man auch nur als halber BWLer, wenn man nicht in allen Rankings unter den ersten 100 ist." Er berichtet auch, dass Jurastudenten Bücher in der Bibliothek verstellen oder wichtige Seiten herausreißen.
Solche Geschichten bekommt auch Jürgen Messer, Leiter der Abteilung Beratung und Soziale Dienste des Studentenwerks Mannheim, zu hören. "Gerade in den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern sind solche Mittel eigentlich nichts Neues", sagt er. "Doch der Zulauf zu unserer Beratungsstelle wird immer größer." Gründe für das Konkurrenzdenken sind vor allem die Angst nicht mithalten zu können. Schaffe ich das Studium? Bekomme ich später einen Arbeitsplatz? Nicht fair mit seinen Kommilitonen zu sein, ist für viele ein Ausweg.
Nicht nur die Uni zählt
Auch die Rankings, wie sie auch im Medizinstudium angewandt werden, setzen Studenten zunehmend unter Druck. Denn meist stehen doch immer die gleichen Matrikelnummern ganz oben. "Man sieht sich ständig im Vergleich zu den anderen, und Quereinsteiger müssen sich anhören, sie seien fehl am Platz", erklärt Messer. Um nicht dem Konkurrenzdruck zu unterliegen, sollte man sich klar machen, was man neben den Noten an der Uni noch alles leistet. Denn ein guter Schnitt spielt beim Arbeitgeber schon lange nicht mehr die alleinige Rolle. Sinnvoll sei es, sich aufzuschreiben, worin man gut ist und den Tunnelblick zu vermeiden, es zähle nur das Studium. "Es gilt, sich viele Säulen zu schaffen, wie Freunde, Familie und Hobbys. Denn diese Säulen können dann auch mal auffangen, wenn was in der Uni schiefläuft."
Aber auch an der Einrichtung Universität besteht Handlungsbedarf. Derzeit würden an der Uni Mannheim Studierende über ihre Studienbedingungen und über ihrer Belastung befragt. Wenn die Ergebnisse dann zwischen März und April vorliegen, sollen eventuelle Maßnahmen mit dem Rektorat verhandelt werden, um die Studierenden zu entlasten, so Messer.
Klar ist schon jetzt: Nicht alle Fächer ticken gleich. "Während in wirtschaftswissenschaftlichen Fächern der Druck oft durch ein immenses Arbeitspensum erzeugt wird, klagen Geisteswissenschaftler über die eingeschränkten Wahlmöglichkeiten", sagt Messer. Ein Anglistikstudent beschreibt die Situation in seinem Fach als angenehmer: "Wir sind zwar ehrgeizig, aber die Ellenbogenmentalität ist hier nicht so groß." Ein Ranking nach Noten gibt es für Geisteswissenschaftler nicht.
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