Protestanten - Gemeindemitglieder kämpfen für den Erhalt der evangelischen Kirche / EKMA will Gethsemane- und Pauluskirche aufgeben

Gemeindemitglieder kämpfen für den Erhalt der Pauluskirche in Mannheim-Waldhof

Von 
Sylvia Osthues
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Kämpfen für den Erhalt der Pauluskirche: die engagierten Gemeindemitglieder (v.l.) Klaus Schillinger, Frank Mayer und Waltraud Esser. © Sylvia Osthues

Mannheim. Die Pauluskirche auf dem Waldhof ist ihre Heimatgemeinde. Hier wurden sie getraut, wurden ihre Kinder getauft und konfirmiert, fanden zahlreiche Veranstaltungen der „Luzies“ und „Paulaner“ statt. Doch damit scheint es nun vorbei zu sein: Frank Mayer, Waltraud Esser und Klaus Schillinger kämpfen um den Erhalt ihrer Kirche, die nach einem Plan der Evangelischen Kirche Mannheim (EKMA) aufgegeben werden soll.

„Wegen der zurückgehenden Zahl an Gemeindemitgliedern ist die Evangelische Kirche nicht mehr in der Lage, den Bauunterhalt aller Kirchengebäude aus Kirchensteuermitteln zu finanzieren“, berichtete Mayer vom Ältestenkreis. Daher habe die EKMA einen Kirchenmasterplan-Prozess angestoßen, in dem entschieden werden soll, welche der insgesamt 30 Kirchen saniert werden sollen (A-Kirchen), wo vorübergehend ein „kleiner Bauunterhalt“ durchgeführt wird (das Nötigste zur Nutzung, B-Kirchen) und welche aufgegeben werden müssen (C-Kirchen).

Hoher Sanierungsstau

Bereits im Oktober 2021 hatte sich Dekan Ralf Hartmann kritisch über den hohen Sanierungsstau an der Pauluskirche geäußert. Jetzt habe ihnen die Steuerungsgruppe Kirchenmasterplan der EKMA ihre Einstufung für die Kirchen in der Region Waldhof-Gartenstadt schriftlich mitgeteilt: Danach sollen beide Kirchen im Gemeindegebiet Waldhof-Luzenberg (Gethsemane und Paulus, beide C) aufgegeben werden. „Es sollen zwar Gespräche geführt werden, um eine neue Lösung für eine kirchliche Präsenz im Gemeindegebiet zu finden“, berichtete Mayer. „Während wir seit Jahren planen, Gethsemane aufzugeben und alles nach Paulus zu verlagern, sind wir schockiert, dass von den für ganz Mannheim sieben bis acht C-Kirchen zwei in unserer Region und sogar in unserem Stadtteil liegen sollen“, kritisierte Mayer.

„In Mannheim wurde nicht erkannt, dass die Zahl der Gemeindemitglieder rückläufig ist, doch das muss man doch vorher wissen. Die wollten auch den Luzenberg platt machen“, sagte Esser. „Viel Herzblut“ stecke in der Pauluskirche, die 2004 mit Gethsemane fusionierte (heute insgesamt 2200 Mitglieder) und 2005 Jugendkirche wurde. Die engagierte „Altpaulanerin“ erinnerte an die Aktion zum Erhalt der Orgel. Zum hohen Sanierungsstau bei der Pauluskirche erklärte sie, schon immer habe ihre Gemeinde um die erforderlichen Mittel kämpfen müssen. „Wir als Arbeiter- und Armutsstadtteil hatten noch nie eine gute Lobby in M 1, man hat unsere Kirche bewusst verfallen lassen, es ist immer nur geflickt worden“.

"Das Ganze hat politische Dimension"

Mayer ergänzte: „Tatsache ist, dass die Evangelische Kirche nie Rücklagen gebildet hat.“ Zumindest der Erlös aus dem Verkauf des Kindergartengeländes hätte in die Pauluskirche fließen müssen. „Das Paradoxe ist “, so Schillinger, „die Auferstehungskirche soll Hauptkirche in der Kooperationsregion Waldhof-Gartenstadt werden.“ Doch das sei vom Luzenberg zu weit. „Die brauchen sich nicht zu wundern, wenn kein Interesse mehr an Kirche besteht“, sagte Schillinger. Die Luzies und Paulaner hätten immer viele neue Leute rein geholt. „Vor allem aber hat das Ganze auch eine politische Dimension“, erklärte Mayer.

Am zentralen, gerade neugestalteten Taunusplatz sei „die Pauluskirche absolut stadtbildprägend“. Bei der Bebauung am Westrand der Alten Frankfurter Straße (beispielsweise Caritas-Komplex mit Landolin) sei eigens eine Sichtachse vom Hanauer Platz bis auf die Pauluskirche freigehalten worden. Außerdem finden in der Pauluskirche die Kindervesperkirche und der Mittwochsmittagstisch statt. Wegen des prekären Milieus im Stadtteil halten Mayer und Esser es für wichtig, dass diese Institutionen auf dem Waldhof bleiben.

Mittagessen in sakralem Raum

„In Kindervesperkirche ist das Wort Kirche enthalten“, erklärte Esser. Um die Kinder aus verschiedenen Religionen und Kulturkreisen, die das Angebot nutzen, mit einer Kirche vertraut zu machen, sollten diese Mittagessen in einem sakralen Raum stattfinden und nicht wie eine beliebige Armenspeisung, beispielsweise im Kulturhaus oder einer Schule. Außerdem seien viele Mitglieder der Paulusgemeinde bei diesen Veranstaltungen haupt- und ehrenamtlich engagiert. „Aus diesen Gründen sollte es auch bei der Stadt Mannheim ein Interesse am Erhalt der Pauluskirche geben“, fand Mayer. Weil die Pauluskirche unter Denkmalschutz stehe, gebe es auch die Möglichkeit, Mittel vom Bund, vom Land oder von der Stadt zu erhalten. Am 5./6. Mai soll der Beschluss zum Kirchenmasterplan auf der Stadtsynode verkündet werden.

Freie Autorin

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