Zu einer Lesung der besonderen Art hatte der Freundeskreis der Stadtteilbücherei Vogelstang eingeladen. "Archäologen lesen in Erde", kündigte der Vorsitzende, Manfred David, den mehr als 40 Zuhörern den faszinierenden Vortrag von Dr. Klaus Wirth an. Der Abteilungsleiter der Archäologischen Denkmalpflege an den Reiss-Engelhorn-Museen (rem) nahm das Publikum mit zu den Fundstellen rund um den Elkersberg. "Die Menschen auf der Vogelstang wohnen an einem berühmten Ort von weltgeschichtlicher Bedeutung", machte Wirth deutlich.
Bei geologischen Untersuchungen 1972 wurde im Vogelstangsee ein Fragment aus Kiefernholz entdeckt. Der vermutlich älteste Bogen der Welt stammt aus dem frühen Magdalénien (vor etwa 17 600 Jahren). Auf den fruchtbaren Böden am Altlauf des Neckars siedelten bereits 8000 vor Christus (v. Chr.) erste Menschen. In der Kiesgrube "Kraft" wurden Siedlungsreste gefunden. Fundstellen historischer Siedlungen gibt es auch aus der Zeit der Bandkeramik 5500 v.Chr.
"Ihre Vorfahren kamen alle aus dem Orient, aus dem östlichen Teil Türkei, aus Syrien, Irak und Iran - so viel zum Thema Migration", meinte Wirth. Sie sollten daher ihre Kulturträger im Osten nicht vergessen, die alles mitbrachten, Hausrat, Rindviecher und eine hervorragende Zimmertechnik. Ein berühmter Fund auf der Vogelstang ist die Knochenspatula, eine geschnitzte Figur zur Erinnerung an die Ahnen.
Flusse traten über die Ufer
Aus der Zeit 3000/4000 v.Chr. gibt es keine Funde. Die Flüsse waren über die Ufer getreten, hatten die Siedlungen weggeschwemmt. Das gleiche Szenario werde sich im Bereich der Bebauungen in den Flussniederungen in etwa 20 Jahren wieder ereignen, wenn aufgrund des Klimawandels der Nordseespiegel steige und das Grundwasser von unten drücke, prophezeite Wirth.
Aber aus der späten Bronzezeit ab dem 12./13. Jahrhundert v.Chr. (Urnenfelderzeit) gibt es Grabfunde. Die Fundstellen aus der Spätbronzezeit sind stark am Wasser orientiert. Wichtige Metallfunde gibt es aus der mittleren Latènezeit (Eisenzeit) 300-100 v.Chr., sowie weitere Funde aus der Römerzeit. Eine berühmte Fundstelle ist das Gräberfeld am Elkersberg. 500 Kisten mit noch nicht ausgewerteten Fundstücken lagern in den Magazinen des rem. -ost-
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