Seckenheim. Wenn am heutigen Samstag bis zu 50 Menschen am Seckenheimer Friedhof zusammenkommen, so ist der Anlass ein besonderer: An diesem Tag wäre Kurt Schalk, der als Kino-Manager bundesweit von sich Reden machte und im September überraschend an Herzversagen gestorben war, 56 Jahre alt geworden. Ungewöhnlich wird die Zusammenkunft auch deswegen, weil es sich bei den meisten der Trauergäste nicht nur um Freunde und Wegbegleiter handelt, sondern um Mitglieder ein- und derselben Familie.
„Unsere Eltern haben knapp 70 Pflegekinder aufgenommen“, erzählt Bruder Ralph Schalk, der mit Kurt und Matthias zu den einzigen drei leiblichen Abkömmlingen der Großfamilie gehört. Neben Cousin und Cousine hat sich im Laufe der Jahre eine zunehmende Anzahl an Pflegekindern hinzugesellt. „Dafür haben die Eltern ihr Haus ausgebaut, ein drittes Stockwerk wurde errichtet“, sagt Ralph Schalk. Zugewiesen wurden die Kinder vom Jugendamt, meist kamen sie aus zerrütteten Verhältnissen. Mehr als acht zur selben Zeit seien es aber nie gewesen, so dass man mit dem Platz auf der Etage gerade hinkam.
Im Cabrio durch die USA
So wuchs der Seckenheimer Kurt Schalk in einer mitunter turbulenten Umgebung auf. Er besuchte das Lessing-Gymnasium und pflegte auch später noch Kontakte zu seinen Klassenkameraden. Der Bezug zum Film ergab sich früh: Vater Günther, der 2021 ebenfalls überraschend verstarb, half nebenberuflich im „Helvetia“-Kino der Familie Kaltenegger aus, wo er sich als Filmvorführer ein Zubrot verdiente. Mutter Doris arbeitete im Kiosk, wodurch das Kino für Kurt Schalk stets präsent war. Nachdem zunächst die älteren Geschwister Filme einlegten, wurde schließlich auch Kurt vom Kino-Fieber erfasst. Es folgte eine Lehre als Fotograf, wobei wiederum familiäre Anknüpfungspunkte eine Rolle spielten: Urgroßvater Kurt Lewin entstammte der zu dieser Zeit erfolgreichen Mannheimer Fotografen-Dynastie.
Nach der Ausbildung zog es Kurt Schalk in die USA. Im Cabrio und mit buchstäblich wehendem Haar sei der Fotograf von Staat zu Staat gefahren, heißt es. Bald schon kam die Leidenschaft fürs Showgeschäft hinzu, das Glitzern von Las Vegas hatte es dem jungen Reisenden angetan. Viele Male sollte Kurt Schalk in die Spieler-Metropole zurückkehren, um Geschäftspartner, Schauspieler und Freunde zu treffen. Am Broadway entdeckte Schalk dann seine Liebe zu Musicals, allen voran „Evita“. Immer wieder zog es ihn in die Theater New Yorks und anderer Städte. Zurück in Deutschland wurde aus Kurt Schalk nach und nach „der große Kurt mit den kurzen Beinen“. Los ging es als Theaterleiter bei Kieft&Kieft in Lübeck, gefolgt von Stationen in Berlin und Frankfurt, bis ihn der Karriereweg nach München führte. Die „Weltstadt mit Herz“ wurde zu seiner neuen Wahlheimat, hier machte sich Kurt Schalk bei Kinopolis einen Namen, wo er viele Jahre als Head of Marketing & Content wirkte. Erst im Sommer 2020 hatte er zusätzlich die Verantwortung für den Bereich Filmeinkauf und Disposition übernommen, als Organisator der Münchner Filmwoche war er zudem Jahr für Jahr Gastgeber eines der bedeutendsten Branchenevents.
Im In- und Ausland galt Schalk, der auch als Produzent in Erscheinung trat, längst als „Koryphäe der Kinowelt“. Junge Filmemacher hat er gefördert und Berühmtheiten getroffen – was er in seiner bescheidenen Art jedoch nicht thematisierte.
Viele Berühmtheiten getroffen
Überliefert sind gemeinsame Abendessen mit Til Schweiger und Bully Herbig, zum Geburtstag von Mutter Doris hielt Otto Waalkes eine Rede, wie Bruder Ralph gerne erzählt. Kinopolis-Geschäftsführer Gregory Theile bescheinigt Schalk, er habe „das Kino geliebt wie kein Zweiter“. Neben enormem Arbeitseifer seien vor allem dessen positive Art sowie der Wunsch nach Freiheit hervorzuheben – ein Credo, das auch für Schalks Mitarbeiter galt, die unter seiner Führung „glänzen“ durften.
Während der heutigen Veranstaltung in Seckenheim wird der außergewöhnliche Lebensweg des gebürtigen Mannheimers, der in München beigesetzt ist, noch einmal nachgezeichnet. Ein alter Bekannter wird den Bogen von den Anfängen Kurt Schalks in der Quadratestadt bis in die prägenden Jahre an der Isar spannen. Auch darüber hinaus wird das Andenken an den Kino-Manager gewahrt bleiben: Ehrungen für den viel zu früh Verstorbenen gab es bereits anlässlich der Kölner Filmmesse und beim Deutschen Filmpreis in Berlin.
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