Nachruf

Trauer um Mannheimer Historiker Hans-Joachim Hirsch

Er leitete die KZ-Gedenkstädte im Mannheimer Stadtteil Sandhofen und erforschte die lokale und regionale Historie, war aktiv in der Geschichtswerkstatt Neckarstadt. Jetzt ist Hans-Joachim Hirsch 72-jährig gestorben

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Thorsten Langscheid
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Hans-Joachim Hirsch. © Marchivum

Mannheim. Als sein Buch über die Geschichte der Neckarstadt vor zwei Jahren erschien, war Hans-Joachim Hirsch trotz seiner schweren Krankheit im Rollstuhl zur Buchpräsentation mit dem Musiker Gringo Mayer vor 150 Zuhörern ins Marchivum gekommen. Wie Marchivums-Direktor Harald Stockert und dessen Vorgänger, Ulrich Nieß, jetzt mitteilten, starb Hirsch bereits am Freitag, 24. Mai, im Alter von 72 Jahren.

Hans-Joachim Hirsch war von 1996 bis 2016 beim Marchivum, dem ehemaligen Stadtarchiv/Institut für Stadtgeschichte. Nach dem Abitur in Tauberbischofsheim und seinem Studium der Geschichte und Germanistik in Mannheim und Paris - Hirsch sprach usgezeichnet französisch - arbeitete er unter anderem im Archiv der Stadt Weinheim sowie am Institut für Medien- und Kommunikationsforschung und in der Bibliothek der Universität Mannheim. Hier beschäftigte er sich mit den Werken aus der Zeit Kurfürsten Carl-Theodor. Später wurde er hauptamtlicher Betreuer für die KZ-Gedenkstätte in Sandhofen, deren bildungspädagogisches Programm er aufbaute und sie somit zu einem Erinnerungsort der Region gestaltete. Er organisierte zudem Besuchsreisen ehemaliger KZ-Häftlinge nach Mannheim und ebenso Exkursionen für Jugendliche sowohl nach Gurs/Frankreich wie auch nach Warschau/Polen.

Hans-Joachim Hirsch war Experte für Revolution 1848/49

Damit schuf er Grundlagen für die aktive Erinnerungsarbeit, die vom Marchivum fortgeführt wird. Gemeinsam mit dem damaligen Marchivums-Direktor Nieß unterstützte er den Fotografen Luigi Toscano bei ersten Aufnahmen von ehemaligen Häftlingen, aus der die Reihe „Gegen das Vergessen“ mit Holocaust-Überlebenden entstand.

Als Historiker legte Hans-Joachim Hirsch zahlreiche Publikationen vor. Diese galten etwa der Gedenkskulptur für jüdische Opfer des Nationalsozialismus aus Mannheim, dem jüdischen Literaten und Theatervisionär Moriz Lederer oder der Arbeiterbewegung. Als Experte über den Vormärz sowie die Revolution von 1848/49 war er weit über die Region hinaus bekannt. Für diese Zeitabschnitte fungierte er auch als Autor in der großen „Geschichte der Stadt Mannheim“ von 2007.

Viele Jahre engagierte sich Hans-Joachim Hirsch in der Geschichtswerkstatt Neckarstadt. Er leitete Führungen und Veranstaltungen und trug maßgeblich dazu bei, dass sich die Geschichtswerkstatt als Verein etablierte und im Volksbad in der Mittelstraße unterkam.

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