"Sie haben ja schon angerufen. Da geht alles viel schneller. Ich habe mich ja darauf vorbereitet," sagt Gabriele Müller, als wir den Zeitschriftenladen Kirsch betreten. In der Tat ist innerhalb von Sekunden Kontakt zu der weltoffenen, anpackenden und freundlichen Dame hergestellt. Seit über 95 Jahren gibt es das Geschäft an dieser Stelle nun schon, am Stich in Sandhofen.
Schon betritt der nächste Kunde das Geschäft. Mit ihm ist Müller per Du. Die beiden kennen sich schon lange. "Was ich unbedingt betonen möchte: Als der Stich 2009 umgebaut wurde, hat die Kundschaft mir die Treue gehalten. Das war kein Zuckerschlecken mit einer riesigen Baustelle vor der Haustür. Da haben wir große Verluste eingefahren", erklärt Müller. Sogar ans Aufhören habe sie manchmal gedacht. Aber schließlich habe sich ihr Optimismus durchgesetzt. Nachdem schließlich der Stich runderneuert war, habe sie auch das Innere des Ladens umgebaut und alles neu gemacht, berichtet die Geschäftsfrau.
Schon wieder ein neuer Kunde. Er lässt seine Lottoscheine kontrollieren. "Leider nichts dabei", sagt Verkäuferin Ines Pintaudi. Der Vorteil, den das Geschäft habe, liege darin, dass in dem Laden die Kundschaft bedient werde, so Müller. Schon morgens kurz nach sieben Uhr stehen die ersten Kunden im Geschäft. "Das sind meist Mitarbeiter von Roche, der SCA und anderen Firmen, die in der Nähe ansässig sind. Gegen 7.30 Uhr kommen schon die ersten Schüler, die irgendetwas für den Unterricht brauchen."
Ende der Woche läuft es besser
Donnerstags und freitags laufen die Geschäfte besser als zu Beginn der Woche, weiß Müller, ehe sie darauf zu sprechen kommt, dass sie mit 14 Jahren in dem Laden angefangen hat. Von ihrer Tante Klara und ihrem Onkel Edmund habe sie das Einmaleins des Geschäftes von Grund auf gelernt.
Noch heute trägt das Geschäft deshalb diesen Namen. "In diesem Jahr stehe ich 50 Jahre im Geschäft. Das wollen wir gebührend am 1. September feiern", meint Müller. Noch mindestens fünf Jahre möchte sie das Geschäft betreiben. Was dann kommt, weiß die Ladenbesitzerin noch nicht so ganz genau: "Dann sehen wir mal weiter."Seit dem Umbau am Stich, habe sich das Geschäft wieder zum Positiven entwickelt, "lediglich das Parken vor dem Haus ist nicht optimal geregelt", findet Müller. Da viele Kunden aus der näheren Umgebung kämen, fänden sie kaum Kurzzeitparkplätze. "Das hätte man besser planen können."
Dass sie sich dem Bedarf anpassen kann, den die Kundschaft hat, belegt ein besonderes Gerät, mit dem sie zu Beginn des Schuljahres bis zu 1800 Schulbücher einpacken kann. Die Maschine hat sie eigens dafür angeschafft. Damit setzt sich eine alte Tradition fort, denn vor rund 100 Jahren war an dieser Stelle in Sandhofen ein Buchbinder beheimatet, der sich den Laden mit einem Farbengeschäft teilte.
Im Augenblick bereitet ihr ein klein wenig Sorge, dass in der Amselstraße ein Vollsortimenter eröffnet hat, der ein großes Sortiment an Schreibwaren anbietet.
"Die Kunden kaufen halt dort, wo sie alles bekommen. Da haben die Kleinen das Nachsehen", befürchtet Müller. Aber wenn man Geschäfte am Ort haben wolle, dann müsse man auch dort einkaufen gehen, selbst wenn es ein paar Cent mehr koste. "Die haben ihr Sortiment auch schon wieder reduziert", wirft Verkäuferin Pintaudi ein. Wieder betritt eine Kundin das Geschäft: "Elke, für Dich habe ich was", freut sich Gabriele Müller und verschwindet kurz hinter einem Vorhang.
Keine Minute später übergibt sie das Bestellte der Kundin. Kundennähe, Freundlichkeit und Service scheinen sich in dem Schreibwarenladen am Stich auszuzahlen.
Schreibwaren Kirsch
- Kontakt: Edwin Kirsch, Zeitschriftenladen, Sandhofer Straße 323, 68307 Mannheim, Telefon: 0621/ 77 12 34.
- Inhaber: Gabriele Müller
- Angestellte: eine und drei Aushilfskräfte
- Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch von 7.30 bis 12 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr, Donnerstag und Freitag von 7.30 bis 12.30 Uhr sowie 14.30 bis 18 Uhr, Samstag von 7.30 bis 12.30 Uhr. Samstagnachmittags geschlossen, Sonntag Ruhetag. has
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