Mannheim. „Blick auf drei Sandhofener Institutionen“: Diesen Titel trägt eine Ausstellung, die jetzt im Heimatmuseum des Stadtteils in der Bartholomäusstraße 12 gezeigt wird. Zu sehen ist sie jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr. Ein Grund für den guten Besuch der Ausstellungseröffnung dürfte gewesen sein, dass alle drei neu ausgestellten Themen von hoher emotionaler Bedeutung sind.
Das Restaurant Dehus war in seiner Blütezeit ein für Sandhöfer überaus beliebtes Ausflugsziel. Die beiden Lehrer und späteren Rektoren Wilhelm Stolz und Jean Schmitt wirkten zu einer Zeit, als heutige Sandhöfer beziehungsweise Sandhöferinnen die Grundschule besuchten. Mehrere Besucherinnen hatten noch bei ihnen Unterricht.
Das Ausflugslokal „Jägerlust“ auf der Friesenheimer Insel war immer nur unter „Dehus“ bekannt, dem Namen seines ersten Betreibers. Inzwischen ist das Haus verkauft und fungiert heute dem Augenschein nach mehr als abendliches Veranstaltungshaus für eine geschlossene Community. Ein Betrieb als normales Restaurant oder Ausflugslokal für jedermann findet jedenfalls im Moment nicht statt. Die Sandhöfer trauern um diesen Verlust. Der Bericht dazu von Klaus Weisbrod über die Geschichte des Restaurants Dehus vom Bau der Wirtschaft 1895 und die Übernahme der neuen Fähre 1899 bis heute ist lesenswert. Letztlich spielt dabei der Rheindurchstich von Tulla 1852-1861 auch eine Rolle.
Vier Generationen waren es insgesamt, die Haus und Fähre bewirtschafteten: vom geschäftstüchtigen Peter Dehus (Sohn von Peter Dehus und Katarina Eberts) über Georg, genannt Schorsch, danach Richard und schließlich Uschi. Der Letzte hieß wieder Schorsch, war ein Pächter und Klaus Weisbrod erzählt: „Das war wieder der richtige Mann am richtigen Ort.“
Als „Schorsch der Zweite“ aus Altersgründen aufgeben musste und quasi zeitgleich die Familie Dehus 2022 das Anwesen verkaufte, konnte Klaus Weisbrod noch einige Stücke aus dem Restaurant retten. Diese zeugen nun in den Räumen des Heimatmuseums von 130-jähriger Familientradition in einem gastlichen Haus, an das viele Sandhöfer beste Erinnerungen haben. Darunter ist eine Abbildung des Zusammenflusses von Neckar und Rhein, versehen mit der Unterschrift „Anno 1840-1850“, das Gemälde eines unbekannten Malers vom Ausflugslokal, alte Fotos und ein altes Schild von der Fähre.
Wilhelm Stolz ist ein Lehrer, an den sich viele Sandhöfer erinnern. Er wurde 1947 zum Rektor der Mädchenschule Sandhofen ernannt. In ihrer Begrüßungsrede erzählte Museumsleiterin Helga Weber, dass sie erst vor Kurzem einen Anruf bekam mit dem Angebot, den Nachlass von Wilhelm Stolz zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt war die Ausstellung bereits in Planung und die Anfrage kam gerade recht. Wilhelm Stolz war 46 Jahre im Schuldienst, davon 34 in Sandhofen. Die von ihm geleitete Mädchenschule in der Bartholomäusstraße war übrigens das ehemalige Krankenhaus Sandhofens.
Zu Ehren des Staatsoberhaupts auf dem Schulhof Spalier gestanden
Als Theodor Heuss am 9. September 1950 zur Einweihung der nach ihm benannten Rheinbrücke kam, gelang es Wilhelm Stolz, den Bundespräsidenten zum Besuch seiner Schule zu bewegen. Noch heute erinnern sich damalige Schüler, wie sie dabei zu Ehren des Staatsoberhaupts Spalier standen. Das Heimatmuseum Sandhofen zeigt nun Zeugnisse und Dokumente aus dem Leben von Stolz, darunter die Urkunde zur „Bestallung zum Großherzoglichen Oberschulrat“, Familienfotos und seine Ahnentafel.
Außergewöhnliche Zeugen aus dem Leben eines besonderen Pädagogen sind die Exponate aus dem Wirken von Jean Schmitt. Im April 1948 kehrte er aus russischer Kriegsgefangenschaft heim. Im selben Jahr noch wurde er als beamteter Lehrer vereidigt, 1961 Rektor der Sandhofenschule. Um seine Persönlichkeit zu skizzieren, seien Besuchern des Museums Stücke aus der Vitrine neben der Tür besonders ans Herz gelegt. Unter anderem liegt dort sein privates Gästebuch aus; aufgeschlagen ist die Doppelseite anlässlich seiner späten Verlobung. In Karikaturen und kurzen Textsequenzen hielt er den Tag fest.
Dieses und weitere Ausstellungsstücke zeugen von einem sprühenden, außerordentlich liebenswürdigen Humor Schmitts, der eine aussagekräftige Folie für seine pädagogische Tätigkeit bildet. In der Nachkriegszeit gab es keine Schulbücher oder anderes Lehrmaterial. Darum fertigte Schmitt eigenhändig Plakate zu verschiedenen Themen. Eines über den menschlichen Körper ist zu sehen, eines über die politische Gewaltenteilung mit Bundestag und Bundesrat, eines über die Stadtverwaltung Mannheim mit allen Gremien.
Hier war ein Pädagoge am Werk mit dem unbedingten Willen, seinen Schützlingen auf bestmögliche Art und Weise Wissen zu vermitteln, die unter den gegebenen Mangelumständen möglich war. Wer die Sonderausstellung besucht, wird es allein seinetwegen nicht bereuen.
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