Sicher hatten die wenigsten der Besucherinnen und Besucher in der Stadtbibliothek Rheinau bisher Auszüge aus Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“ auf einem Saxofon gehört. „Die heutige Veranstaltungsform ist ein Experiment“, hatte Werner Aust von der Konzertreihe Pfingstbergblues zuvor angekündigt. Der Verein hat den Jazzmusiker Olaf Schönborn eingeladen, der seinen musikalischen Vortrag „Mannheim - UNESCO Stadt der Musik - warum?“ normalerweise für Gäste von Flusskreuzfahrten hält. Er habe verzweifelt versucht, eine Karte dafür zu bekommen, erzählte Aust und fügte hinzu: „Ich wollte nicht auf Kreuzfahrt gehen, daher habe ich ihn gebeten, seinen Vortrag zum ersten Mal auf festem Boden zu halten.“
Referat für Nicht-Mannheimer
Sein Vortrag sei eigentlich für Nicht-Mannheimer konzipiert, meinte Schönborn im Vorfeld und bat scherzhaft: „Sie wissen sicher das ein oder andere bereits. Tun Sie trotzdem so, als würden Sie über Neues staunen.“ Warum trägt also ausgerechnet das kleine Mannheim den Titel einer UNSECO-Musikstadt? Die Antwort gab Schönborn gleich selbst: „Der Grund ist die glorreiche Vergangenheit der Stadt.“ Bereits unter der Herrschaft des Kurfürsten Carl Theodor spielte mit der Kurpfälzischen Hofkapelle eines der innovativsten Orchester Europas in Mannheim, führte er aus.
Deren Musikdirektor Johann Stamitz gelte als Wegbereiter der „Mannheimer Schule“. „Die Tricks des Orchesters, mit Dynamik die Musik spannender zu machen, waren bald überall bekannt“, erklärte Schönborn und veranschaulichte an Hörbeispielen, was es mit dem Mannheimer Crescendo, der Rakete, oder dem Seufzer auf sich hat.
Nach dem Zweiten Weltkrieg habe die Anwesenheit der Amerikaner die Musik geprägt, machte der Profimusiker einen Zeitsprung. „Es gab in den vielen Clubs einen enormen Bedarf an Livemusik, Jazz war ein Symbol der Freiheit“, meinte er und nannte Wolfgang Lauth und Fritz Münzer als Leitfiguren der ersten Mannheimer Jazzbands. In den 60er Jahren habe die Beatmusik mit Formationen wie „Joy And The Hit Kids“ die Stadt erobert, so Schönborn. Joy Fleming habe später mit ihrem Dialekt-Blues deutschlandweit Erfolg gehabt.
Bedeutende Musikszene
Zahlreiche regionale Musiker seien noch heute bei renommierten Künstlern wie Chaka Khan oder Herbert Grönemeyer engagiert, spann er den Bogen zur Gegenwart. Zum Schluss bliebe die Frage: „Was gibt es heute noch in Mannheim?“ Schönborn war überzeugt, mit der Hochschule für Musik, der Popakademie, den Festivals Time Warp, Enjoy Jazz und dem Maifeld Derby biete Mannheim nach wie vor eine einzigartige Musikszene.
Der Saxofonist, der selbst mit vielen bedeutenden Musikern aufgetreten ist, gestaltete das Thema äußerst lebendig. Immer wieder ließ er persönliche Geschichten einfließen und freute sich über einen regen Austausch mit den Gästen.
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