Bis nach Siebenbürgen in Rumänien sind es von Mannheim aus knapp 22 Stunden Fahrzeit, je nach Wegstrecke passiert man mindestens drei Ländergrenzen. Einer, der diese Route in und auswendig kennt, ist Rolf Gnan aus Mannheim-Rheinau. Bis zu fünfzehn Mal im Jahr fährt er diese Strecke - und das seit mittlerweile fünfzehn Jahren. Meistens ist er alleine unterwegs mit seinem Transporter vollgeladen mit Klamotten, Möbeln, Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln. Sein Ziel: Rund 25 Kinderheime in verschiedenen Städten der rumänischen Region Siebenbürgen.
Mit Privatreise fing alles an
„Als ich 2006 das erste Mal unterwegs war, konnte ich mir nicht vorstellen, welche Ausmaße das Ganze annehmen würde“, erinnert sich Gnan. Seine erste Reise nach Rumänien entsteht im privaten Kontext. Gnan ist mit einer Rumänin verheiratet, hat außerdem einen Adoptivsohn aus Rumänien. So kommt es, dass die Familie immer wieder in der Region ist. Mit im Gepäck: Die aussortierte und zu klein gewordene Kleidung seines Sohnes. Denn nachdem er durch Zufall auf eines der Kinderheime in der Region gestoßen ist, bringt ihn seine Frau auf die Idee, die Klamotten dorthin abzugeben, wo man gut erhaltene Kleidungsstücke immer gebrauchen kann.
„Das hat sich damals in meiner Firma rumgesprochen und über Mund-zu-Mund-Propaganda haben wir jedes Mal mehr Spenden bekommen, die ich nach Rumänien bringen konnte“, erzählt Gnan. In den Heimen empfängt man ihn mit offenen Armen. Sie alle gehören zu einer Stiftung des Franziskanerordens, die der ortsansässige Pater Csaba 1992 gegründet hat. Mittlerweile haben sich unter ihrem Namen etwa 40 soziale und religiöse humanitäre Institutionen aus Rumänien zusammengeschlossen.
2006 errichtet Pater Csaba das erste Heim für Straßenkinder, Waisen und Kinder, deren Eltern entweder ins Ausland gegangen sind oder schlichtweg nicht für ihre Nachkommen sorgen können. Als Rolf Gnan damals zum ersten Mal durch Zufall auf eines der Heime besucht, mit den Betreuerinnen und Betreuern redet und vor allem die Kinder selbst stößt, wird ihm schnell klar: Hier mangelt es an noch viel mehr als nur an Klamotten. Waschmaschinen, Hygieneartikel, Betten - Gnan und seine Helfer organisieren, woran Bedarf ist. Gelagert wird alles in Hallen sowohl in Mannheim als auch in Siebenbürgen. Das Projekt wächst, die Transporte steigen und wenn Gnan heute von „seinen“ Kindern redet, die Namen aller kennt, sich freut, dass auch die Heimleitungen mittlerweile zu wahren Freunden geworden sind, merkt man, wie sehr sein Herz für die Kinderhilfe Mannheim-Rumänien schlägt.
Freunde fürs Leben
Wahre Freundschaft ist noch auf einem anderen Weg entstanden - wieder durch Zufall. Denn als Gnan 2015 in Deva einen Pkw mit Mannheimer Kennzeichen entdeckt, erfährt er von Attila Gelencser, gelernter Dachdecker, der gerade mit Reparaturarbeiten an den Kinderheimen beschäftigt ist. Und findet prompt sowohl einen Verbündeten in Sachen Kinderhilfe als auch einen Freund fürs Leben.
Seitdem fahren die beiden nach Siebenbürgen und sind stolz auf das, was sie dort bewirken können. „Die Strukturen haben sich sehr zum Positiven entwickelt, die Lebensverhältnisse sind deutlich besser“, findet Gnan. Das zeigt sich vor allem an Projekten, die in den letzten Jahren verwirklicht werden konnten. Von Dachreparaturen über die Sanierung eines ganzen Heimes bis hin zur Verwirklichung kostenloser Sehtests oder der Unterstützung von Jugendlichen bei der Suche nach Ausbildungsplätzen - Hilfe gibt es pragmatisch dort, wo sie gebraucht wird.
Initiative durch Spenden finanziert
„Wir sind außerdem auch mehrmals mit Kindergruppen im Urlaub und haben Ausflüge gemacht“, lächelt Gnan. „Wir wollen versuchen, nächstes Jahr im Frühling für eine Gruppe eine Reise in die Jugendherberge Mannheim zu organisieren.“ Doch trotz der positiven Ergebnisse ist die Zukunft der Kinderhilfe ungewiss. Zwar konnten trotz Corona und Reisebeschränkungen wieder Transporte durchgeführt werden, aber nach wie vor finanziert sich die Initiative rein aus Spenden.
Seitdem diese so gewachsen ist und teilweise aus logistischen Gründen Speditionsfirmen Fahrten übernehmen, wird es immer schwieriger, alle Kosten zu decken. Trotzdem: Gnan will Wege finden, weiterzumachen. „Wir kennen uns alle und der Zusammenhalt ist sehr groß.“ Für ihn zählt eines: „Man kann wirklich etwas bewerkstelligen. Und es ist jedes Mal, wenn ich wieder komme, eine Riesenfreude, die Kinder lachen zu sehen.“
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