Schonungslos ehrlich ist er ja: Der Mann auf der Bühne. "Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und bestellen Bücher nur noch im Internet", sagt Arnim Töpel, steht in der Zweigstelle der Stadt Stadtbibliothek Rheinau und wirft seinen Krimi demonstrativ Richtung Publikum. Mit einem Sprung steht er vor den Zuschauern, nimmt sein Mikro in die Hand und singt ein Stück über die Leistungsgesellschaft und ihre Tücken. Trotzdem geht es Töpel auch ums Buch. Nicht weil er selbst schreibt, sondern weil er im Namen des Fördervereins jetzt liest und singt. "Damit wieder neue Bücher angeschafft werden können."
Schonungslos ehrlich ist Töpel aber auch, was Günther angeht, sein Alter-Ego: Denn als Kind sah er sich oft mit einer Frage konfrontiert: "Wemm gheaschn Du?" - bis er im Fußballclub plötzlich Anschluss fand und man ihn dort einfach Günda nannte. Den Namen teilt sich Töpel übrigens auch mit dem Protagonisten seines Krimis: Dem Dorfkommissar von Glickersbach - genannt "de Tschief" oder eben Günda. Und der wird eines Tages ganz sonderbar überrascht. "Unfreiwillig gerät er in eine kleine Komödie", sagt Töpel und liest, wie Günther von irgendwem aus der Vergangenheit Besuch bekommt. Er kann sich bloß nicht erinnern, wer dieser Mann ist, der zu ihm ins Büro stürmt, mit dem er auch Essen geht, als seien sie alte Freunde. Nur Günther will sich auch nicht anmerken lassen, dass er keinen blassen Schimmer hat - und spielt mit, spielt den alten Kumpanen. Sodass in dessen Welt bald Wirklichkeit und Fiktion verschmelzen, immer aber Witz.
Doch Töpel reicht das nicht. Er unterbricht seine Geschichten oft, um ein paar Lieder einzustreuen, um noch mehr aufzulockern, singt etwa sein altbekanntes "Alles nur nicht ohne Liebe." Und ab und zu tritt dann sein Kurpfälzer-Dialekt wieder offen zutage - ist eben sein Markenzeichen. Mundart zu schreiben, gehe inzwischen wie selbst von der Hand. Auch wenn Töpel das für einen Augenblick fast gar nicht zugeben mag: Ein Moment lang steht er da als Günda, dem Walldorfer Jungen und als Töpel, dem Sohn Berliner Eltern - wie zweigeteilt auf der Bühne. Töpel scheint in diesem Augenblick nur Hochdeutsch zu können und Günda soll ihm des Kurpfälzerisch beibringen. Herauskommt dabei ein Song der besonderen Art: Mit vollem Körpereinsatz schlägt Töpel den Takt und stimmt sie an, die Mundart-Grooves.
Dann ein ganz anderes Kapitel: Die Kindheit, die Einschulung. "Das sind heute Bundespressekonferenzen", sagt Töpel und spielt darauf an, dass selbst die Kleinen an diesem Tag schon von zehn Kameras umgeben sein werden. Oder dass die Eltern schon ein Lehrergespräch wegen der Hochbegabung ihrer Kinder suchen werden. Ein passendes Lied für eine so verrückte Welt hat er natürlich auch. Und es muss wohl so verrückt sein. Denn im Publikum sitzen viele, die nicken und beklatschen den alltäglichen Wahnsinn.
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