Neckarstadt-West

Mannheim legt zweiten Bericht zur Lokalen Stadterneuerung vor

Von 
Anke Philipp
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Eine Info-Säule weist auf Angebote und Projekte, wie die Neumarkt-Sanierung, in der Neckarstadt-West hin. © Maik Rügemer

Mannheim. Die Stadt möchte die Lokale Steuerung (LOS) im Rathaus fortsetzen und auf weitere Sozialräume mit besonderem Entwicklungsbedarf ausdehnen. Das geht aus dem zweiten Bericht der Steuerungsgruppe im OB-Dezernat unter Leitung von Petar Drakul hervor, der am Donnerstag im Hauptausschuss des Gemeinderates vorgestellt wird. Seit Beginn 2017 sind laut Kommune durch bessere Absprachen der Akteure im Problemviertel Neckarstadt-West zahlreiche Entwicklungserfolge zu verzeichnen – vor allem im Bildungsbereich, aber auch beim Wohnen. Im Stadtteil selber sieht man das nüchterner.

Bei der Bürgerbeteiligung gebe es viel Luft nach oben, sagt Maik Rügemer vom Netzwerk Wohnumfeld. So hätten etwa an dem neuen Onlineformat „Zuhören“ des Quartiermanagements lediglich eine Handvoll Personen teilgenommen – zu wenig bei 22 000 Bewohnern. Und: „Warum waren nie Bulgaren oder Rumänen bei diesen Veranstaltungen dabei?“, fragt er sich. Dass das Netzwerk, zuvor eine gefragte Plattform des Austauschs im Quartier, nun nicht mehr zum Konsultationskreis eingeladen werde, kann er nicht verstehen. Rügemer: „Nur im Dialog gewinnt man etwas!“ Vielfach werde nur nach Druck aus dem Netzwerk, wie etwa beim Jugendhaus Erlenhof, etwas unternommen, zeigt sich Rügemer weiter gesprächsbereit.

Sichtbar Weichen gestellt

„Die Menschen der Neckarstadt-West bekommen die Aufmerksamkeit, die sie verdienen“, schreibt dagegen Oberbürgermeister Peter Kurz und verweist im Vorwort des Berichts auf Erfolge. 2019/2020 konnten seiner Meinung nach „sichtbare Weichen gestellt werden“ – wie etwa die Ausweisung des Quartiers als Sanierungsgebiet oder Ankäufe der GBG von Problemimmobilien. Das Jugendamt habe mit großer Unterstützung ein Ganztagesbetreuungssystem Campus für Grundschüler begonnen. Ein Kinderweg wurde angelegt, auf dem Neumarkt eine Stadtbühne geschaffen. Planungen für den Ausbau des Gemeindesaals Kaisergarten als Bildungszentrum wurden abgeschlossen.

Der Alte Meßplatz hat sich laut Kurz zudem als beliebter Aufenthaltsort bei Jugendlichen (Alter) etabliert. Auch beim Thema Sauberkeit, Sicherheit und Verkehrsdisziplin sei man vorangekommen. Nicht zuletzt wurde das Quartiermanagement sowohl in der Neckarstadt-West wie auch gesamtstädtisch neu besetzt.

„Die Neckarstadt-West steht im Fokus unserer Bemühungen der ganzen Stadtverwaltung“, unterstreicht Kurz, der den Weg der kleinen Eingriffe im Vielfaltquartier fortsetzen möchte. Der LOS-Weg werde von zahlreichen Initiativen mitgetragen, betont er, und nennt das Bürgerhaus, das Jugendhaus Erlenhof oder den Verein Kids e.V. Rotarier der Stadt hätten jetzt den Grundstein zum Förderverein Freundeskreis CAMPUS e.V. gelegt.

Viele Unterstützer

Die Stadt möchte daher die Steuerungsgruppe dauerhaft betreiben. LOS eröffne die Chance, das Vorgehen zum Entwicklungsprinzip aller Quartiere in Mannheim zu machen, heißt es in dem Bericht. Ziel sei es, Kinder und Jugendliche zu fördern, eine umfassende Wohn- und Stadtentwicklungspolitik zu etablieren, Zuwanderer noch besser einzubinden. In den nächsten Jahren wird die Absprache- und Besprechungsform daher für elf weitere besondere Sozialräume gelten.

Zusammen mit dem Koordinator des Quartiermanagements, Tobias Vahlpahl, und der Stadtentwicklungsgesellschaft MWSP möchte man „kein Quartier mehr aus den Augen verlieren“ und Fachkräfte an der richtigen Stelle einsetzen. Dazu soll personell und konzeptionell „die Schlagkraft des Quartiermanagements als Mittler zwischen Verwaltung und Bürgerschaft erhöht werden“. Damit, so das städtische Fazit, habe Mannheim „ein Instrument gegen ungleiche Lebensbedingungen und für mehr Chancengerechtigkeit in der Stadt“.

Lokale Stadterneuerung und die Neckarstadt-West

Die Neckarstadt-West ist mit 22 000 Einwohnern einer der dicht besiedelsten Stadtteile in Mannheim mit wenig Grün und Freiflächen. Laut Stadt wurden von 2001 bis 2017 insgesamt 21 Millionen Euro in die Quartierentwicklung investiert – allerdings ohne ein „befriedigendes Endergebnis“ zu erreichen.

Die Stadt plante daher, städtebauliche Mängel mit gezielten Entwicklungsmaßnahmen zu bearbeiten. Im OB-Dezernat wurde die dezernatsübergreifende Absprache- und Besprechungsplattform „Lokale Stadterneuerung“ (LOS) für den Jungbusch und die Neckarstadt-West geschaffen.

Oberbürgermeister Peter Kurz beauftragte mit der „Lokalen Stadterneuerung“ die Mannheimer Entwicklungsgesellschaft MWSP. Die MWSP stellt neben der seit 2017 eingesetzten LOS-Referentin Natalie Papadopoulos die neue Quartiermanagerin Jennifer Yeboah und für das Campus-Projekt, Gabriele Wurl, ein.

Die Neckarstadt-West ist neben Innenstadt/Jungbusch der erste Wohnort für EU-Binnenzuwander aus Südosteuropa. 2020 waren von insgesamt 6697 Bulgaren 1984 in der Neckarstadt-West gemeldet; unter den insgesamt 5597 Rumänen hatten 848 ihren Wohnsitz dort.

Mit insgesamt 2832 Personen machen zugewanderte Menschen aus den beiden EU-2-Staaten mittlerweile 27 Prozent der ausländischen Bevölkerung in der Neckarstadt-West und 13,6 Prozent der Gesamtbevölkerung des Stadtteils aus – laut Stadt mit steigender Tendenz. aph

Redaktion Mitglied der Lokalredation, seit 1991 zuständig für den Bereich Mannheim-Mitte mit den Stadtteilen Innenstadt, Jungbusch, Neckarstadt-West und-Ost, Schwetzingerstadt, Oststadt, Neuostheim und Neuhermsheim.

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