Freizeit - Erster Schallplattenflohmarkt im Hof der Uhlandschule lockt Sammler an / Auf Vinyl gepresste pophistorische Raritäten gefragt

Neckarstadt-Ost: Raritäten auf Vinyl beim Schallplattenflohmarkt

Von 
Christian Hoffmann
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Plattenflohmarkt in der Uhlandschule: mehrere Sammler beim sogenannten Diggen, also dem Wühlen und Stöbern in aufgestellten Plattenkisten. © Christian Hoffmann

Mannheim. Mit konzentriertem Blick hingen die Börsenbesucher versunken über den Kisten der zwölf Ständler, auf der Suche nach pophistorischen Schnäppchen. Manche Sammler vergleichen das Stöbern nach Vinyl-Raritäten mit dem Schürfen nach Gold am amerikanischen Klondike-River. Im englischsprachigen Szene-Jargon sagt man dazu „diggen“, also graben oder wühlen. Im Schulhof der Uhland-Grundschule in der Neckarstadt-Ost fand zum ersten Mal ein Plattenflohmarkt statt. Veranstalter des Flohmarkts war Organisator Harald „Harry“ Grönitz von der Plattenbörse Heidelberg. Da war dann für jeden Geschmack etwas dabei.

Alles für einen Euro

Einen dicken Stapel alter Schallplatten, mit leichten Gebrauchsspuren an den Kanten, trug unter dem rechten Arm Musikfreak Holger Hentschke, der bevorzugt progressive Rock, Jazz, Folk und Krautrock hört, durch das Schulhoftor nach Hause. „Über meinen Dad, der eine Single-Sammlung aus den 1960er Jahren hat, bin ich zur Musik gekommen. Er war öfter in den USA, weil er bei der Bundeswehr gearbeitet hat“, erklärte Vinyl-Liebhaber Hentschke, der einen dunklen Kinnbart trägt. „Aus den Staaten brachte er die Beach Boys mit“, erinnerte sich der 44-Jährige.

Auf dem Plattenflohmarkt ergatterte Holger Hentschke die Scheiben „American Beauty“ von Grateful Dead, deren Fans man „Deadheads“ nennt, aus dem Jahre 1970, „Tupelo Honey“ von Van Morrison von 1971 und das rot-gelbe selbstbetitelte Debütalbum der ostdeutschen Kultrockband City von 1977. „Das sind alles Platten für einen Euro“, frohlockte Vinylanhänger Hentschke über seine günstige Beute.

In technikaffinen Zeiten von Spotify und YouTube, wo man haufenweise Musik hören und sehen kann, haben vor allem jüngere Generationen die Wertschätzung für physische Tonträger verloren. Wer in Bezug auf das Thema Vinyl auf dem Laufenden bleiben will, der sollte sich als Lektüre die Fachzeitschrift Mint zulegen.

Gepresstes Klangkulturgut

Auch Mattias Kaiser, der seit zwei Jahren als Schulleiter der Uhland-Werkreal- und Grundschule vorsteht, bummelte über den Plattenflohmarkt, um sich einen Eindruck zu verschaffen. „Das kann auch Schule sein“, freute sich Kaiser darüber, wie sein Schulhof von externen Veranstaltern genutzt wird. An einem Stand verkaufte Händler Michael Fischer in schwarze Rillen gepresstes Klangkulturgut. „Ich will mit den Leuten reden“, begründete Ständler Fischer, der aus Frankfurt am Main angereist war, sein Verlangen danach, mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. Ähnlich wie Fußball stellt Musik eine herzlich-freundschaftliche Verbindung zwischen Menschen her. Deshalb verkauft der 59-Jährige, der regelmäßig an der großen Wollys-Plattenbörse im Untergeschoss des Mannheimer Rosengartens teilnimmt, seine Schallplatten nicht im Internet. „Ich war auf der ersten Plattenbörse von Wolfgang Wolly Korte 1991 in der Jahrhunderthalle in Frankfurt-Höchst dabei“, erläuterte Sammler Michael Fischer, der im Februar 2003 einem exklusiven Geheimkonzert der NuMetal-Band Linkin Park im Rockclub Docks, in den nur ein überschaubares Publikum passt, in Hamburg beiwohnte. „Das war ein Monat vor der Veröffentlichung ihres Albums Meteora“, erinnerte sich der hessische Musikfanatiker.

Fan der Beatles

An einem anderen Stand bot Sammler Georg Niedermayer ein eher kleines Angebot an rundem Hörmaterial feil. „Ich habe ein Archiv mit über 16 000 LPs in meiner Einliegerwohnung, das ist mein Musikzimmer zum Musikhören“, schilderte Niedermayer, der bis vor drei Jahren beruflich als Grundschullehrer gearbeitet hatte. „Seit ich in Rente bin, habe ich mehr Zeit, um Musik zu hören“, freute sich der 66-Jährige aus Heppenheim an der Bergstraße. Als alter Fan der Beatles besuchte Niedermayer bereits etliche Konzerte von Paul McCartney. In der rheinhessischen Gemeinde Biebelnheim gibt es ein Beatles-Museum von Sammler Mathias Spang, das man nach vorheriger Anmeldung besichtigen kann.

Im Gemeindesaal der evangelischen Melanchthonkirche (Lange Rötterstraße/Melanchthonweg) veranstaltet das Team der Plattenbörse Heidelberg jeden Monat einen Plattenstammtisch.

Infos bei Harald Grönitz über greedysleeper@gmx.de.

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