Die Reißinsel ist das älteste Naturschutzgebiet Mannheims. "Deshalb veranstalten wir regelmäßig Führungen, um interessierten Teilnehmern einen Überblick über den Reichtum an Flora und Fauna vor Ort zu geben", erklärt Gabriele Baier vom BUND Mannheim. Auch diesmal hatten sich wieder rund 50 Spaziergänger der Exkursion angeschlossen. So ein Ausflug ziehe immer wieder viele Leute an, weiß Baier aus Erfahrung. Dass es am Ende so viele werden, überrasche sie allerdings schon, sei aber wohl dem herrlichen Sonnenwetter geschuldet.
"Da braucht es eben eine kräftige Stimme", freut sich die Naturkundlerin über die rege Beteiligung. Die Spaziergänger betreten über die Kuckucksinsel die seit 1950 als Naturschutzgebiet ausgewiesene Reißinsel. Diese bilde mittlerweile ein Refugium für viele Vogelarten, erklärt Baier. Von März bis Juni sei das Terrain deshalb wegen der Brutphase für Besucher gesperrt. Das Mitnehmen von Hunden ist ebenso wie das Verlassen der Wege für alle Spaziergänger verboten. Auch Fahrräder müssen zugunsten der schützenswerten Natur draußen bleiben.
Ein echtes Highlight sei ebenfalls die Streuobstwiese, "die bereits im 19. Jahrhundert auf Karten notiert gewesen ist." Hier wüchsen einige besondere Pflanzenarten wie der Kanten-Lauch oder auch seltene Farne, erklärt Gabriele Baier. Überhaupt zeichne die Reißinsel ein hochwertiger Boden mit altem Saatgut aus.
Ursprünglich habe Carl Reiß das Gelände Ende des 19. Jahrhunderts für den Aufbau einer Ziegelei erworben. Der passionierte Jäger zeigte sich aber so beeindruckt von der Natur, dass er das zu dieser Zeit noch als Fasaneninsel bekannte Gebiet später der Stadt Mannheim zur Verfügung stellte. "Allerdings nur unter der Auflage, es in seinem natürlichem Zustand zu erhalten", betont Gabriele Baier. Abgesehen von einer in Maßen betriebenen Forstwirtschaft sei die Reißinsel damit eines der wenigen nicht industriell genutzten Gebiete entlang des langen Rheinflusses, der hier vor Ort auch noch in seinem ursprünglichen Lauf fließe "und damals von Johann Gottfried Tulla nicht begradigt worden war."
In den 1920er Jahren folgte die Stadt Mannheim dem Wunsch von Carl Reiß und richtete mit dem Strandbad einen abgetrennten Teil ein, der Familien als Erholungsoase dienen sollte. Eher nicht im Sinne des Namensgebers dürfte die Erschließung der Reißinsel durch eine Brücke über den Bellenkrapppen gewesen sein. Die ab den 1970er Jahren geschaffene Öffnung hin zum Stephanienufer habe die Besucherfrequenz zum Nachteil für die Natur erhöht, bedauert Baier. Die sensible Pflanzen- und Tierwelt habe darunter gelitten, so dass sich die Verantwortlichen bei der Stadt entschlossen hätten, dauerhaft auf weitere Zugänge zur Reißinsel zu verzichten. "Später wurden zudem Bann- und Schonwaldbereiche eingerichtet", erklärte die Naturkundlerin.
Von so viel Information begeistert zeigten sich Steffi und Karl-Heinz Schwabeland: "Strandbad und Silberpappel besuchen wir öfters", erklärte das Ehepaar aus Rheinau-Süd. Eine Führung über die Reißinsel machten sie allerdings zum ersten Mal. "Man sollte doch über seine Heimatstadt alles wissen", erklärte ebenso Ruth Ofenloch, warum sie sich an einem Sonntagmorgen auf den Weg zur Reißinsel gemacht hatte. Sie sei sehr an der Geschichte Mannheims interessiert, so die Seniorin vom Lindenhof.
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