Mannheim. Das hatte Axel Müller kaum für möglich gehalten: Zu seiner Lesung in der Bibliothek des Johann-Sebastian Bach-Gymnasiums in Neckarau waren rund 40 Zuhörer gekommen. „Ich bin völlig baff. Damit hatte ich nicht im Geringsten gerechnet“, sagte der inzwischen pensionierte Lehrer über den Zuspruch.
Am Ende hatten die Zuhörer rund zwei Stunden lang den kurzweiligen Erzählungen des Gymnasiallehrers für Deutsch und Religion gelauscht und anerkannten mit einem wohlwollenden Applaus die Arbeit des Pädagogen, der 37 Jahrelang an diesem Gymnasium Schüler gelehrt hatte. Erlas aus zwei ganz unterschiedlich geschriebenen Büchern, die beide im Verlag Waldkirch (Feudenheim) erschienen sind.
Schräge Begebenheiten und Anekdoten
Da war zum einen „Ansichtssache“, in dem er vor allem Mannheimer beobachtet und über diese zum Teil mit spitzer Feder geschrieben hatte. Zum Anderen galt es dem Büchlein „Seegestöber“ zu lauschen, das von seinem derzeitigen Leben am Bodensee in der Nähe von Lindau handelte. Er zeichnete dabei ein Porträt zweier Mentalitäten zwischen Mannheim und Bodensee und erzählte Skurriles, Heiteres und Ernstes aus dem wirklich wahren Leben“. Inspiriert zu seinen Büchern wurde Müller dadurch, dass er als Religionslehrer und katholischer Schuldekan für Mannheim und Heidelberg insgesamt rund 1400 Andachten geschrieben hatte.
„Freunde meinten, das wäre doch auch zu veröffentlichen“, so der Pädagoge. Also habe der in Konstanz 1955 geborene Lehrer sich entschlossen, Erlebtes aufzuschreiben. „Alles ist wahr“, betonte Müller. Schräge Begebenheiten, erheiternde Anekdoten und immer wieder Momentaufnahmen zeigten eine etwas andere Sicht auf Dinge des normalen Lebens.
So erzählte er unter anderem eine humorvolle Geschichte, die sich in einem Supermarkt in Neckarau zugetragen hatte. An der einzig besetzten Kasse hatte sich eine lange Schlange gebildet. Nachdem mehrere Kundinnen sehr deutlich gefordert hatten, die zweite Kassezu öffnen, klingelte die Kassiererin nachVerstärkung - aber ohne Erfolg.
Spitze Feder und empathische Szenen
Sie klingelte nochmals - wieder erfolglos. Sie rief laut nach einer Kollegin, die Frau Schneider hieß. Aber es kam keine Frau Schneider nirgends. Sie klingelte … und klingelte ins Nichts. Sie schälte sich aus ihrem Sitz, verließ die Kasse, schrie nun geradezu nach der mutmaßlich tauben Frau Schneider. Diese - endlich! - kam und meinte lapidar: „Hättsch doch geklingelt!“
In diesem Stil ging es den ganzen Abend lang. Auch die Betrachtungen auf Professor Tutkas (Jerzyy Szaniawski) verkörperte sanft ironisierend, den sogenannten „gesunden Menschenverstand“. Die Geschichten verwandelten die selbstbewussten Ausrufungszeichen und Verallgemeinerungen pfiffig und pointiert in ein philosophisches Fragezeichen.
Prosa und Lyrik, Reflexionen und Momentaufnahmen, mit spitzer Feder kommentierte wie auch empathisch skizzierte Szenen, von aussagestarken Fotografien begleitet, präsentierte Axel Müller in seinem Bodenseebuch. Das handelte von Fahrten mit dem historischen Raddampfer „Hohentwiel“ in der Kurzgeschichte „Zeitreise“oder dem hochmodernen Katamaran „Fridolin“ in einer „Monologischen Katamaranfahrt“ oder Beobachtungen von der Mole Lindenhof in Lindau.
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