Vorgestellte Krimis
- Thomas Schnepf: Frankfurter Giftmorde“, Stefan Kehl Verlag, 265 Seiten, 14.80 Euro
- Sylvia Schraut: Eine Frau muss schweigen können, Verlag Regionalkultur, 280 Seiten, 16.90 Euro
- Harald Schneider: Der Bibel Code, Gmeiner Verlag, 310 Seiten, 14 Euro
- Die Veranstaltung wurde gefördert im Rahmen von „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e.V.
„Eigentlich sind wir Gruppen-Psychologen“, sagt Krimiautor und Diplom-Betriebswirt Harald Schneider. „Wir haben Ihnen einen depressiven Fernsehabend erspart.“ Das Publikum in der voll besetzten Lanz-Kapelle lacht. Überhaupt: Die Lindenhofer Kriminacht ist ein launiges Vergnügen. Auch wenn es in den Geschichten um Morde geht, um Diebstahl und Körperverletzung.
„Zuvor aber, zur Einstimmung auf den Krimiabend“, schmunzelt die Veranstalterin Anette Butzmann, wolle sie ihr Publikum ein wenig ablenken. Vom gerade ausgeräumten Geschirrspüler zum Beispiel. Oder von wo auch immer die Gäste kämen. Schauplatz sei ein englisches Cottage. Sie und Nils Ehlert schreiben nicht nur selbst Romane, sie sind auch das Duo „Crimi con Cello“, und mit Zauberei (Nils Ehlert), witzigen oder ironischen Texten und Liedern das Tüpfelchen auf dem i.
Schon knurrt der Bogen über das Cello. Am Instrument sitzt Nils Ehlert, der eine imaginäre Tür zum Knarren bringt. Im Haus, so liest Anette Butzmann, sind Geräusche zu hören. Der Bewohnerin „läuft ein Schauer über die Wirbelsäule.“ Ein erstickter Schrei! (Tontechnik Wolfgang Bauer) Nils Ehlert klopft auf das Holz seines Cellos, und man glaubt Schritte auf der knarzigen Treppe zu vernehmen. Doch gerade als der Spannungsbogen seinen Höhepunkt erreicht, vertagen sie die Fortsetzung auf später. Denn im Mittelpunkt sollen ja die Autoren stehen, die aus ihren neuen Werken lesen.
Thomas Schnepf, der selbst als Richter gearbeitet hat und in ferne Länder gereist ist, hat seinen zweiten Roman „Frankfurter Giftmorde“ dabei. Reden, vorlesen, ist er gewohnt. Schnepf, der mittlerweile im Lindenhof lebt, lehnt entspannt am Lesepult und schildert das Leben von Karl Hopf, einem Drogisten, der 1863 geboren wurde.
Auch dieser war einst in Indien und Casablanca, aber er war einer, der damit prahlte. Auch sein Fachwissen über Gifte aller Art sei faszinierend und suspekt zugleich gewesen. Und dann erst die Frauengeschichten! Das Verhältnis mit dem Dienstmädchen, das Kind, der Tod der Ehefrauen, von der die Letzte glücklicherweise überlebte.
Vier vollendete und drei Mordversuche wurden Hopf in einem Prozess vorgeworfen, den der Autor eindrucksvoll schildert. „Alles ist wahr“, sagt Thomas Schnepf, der intensiv recherchierte und zwei Jahre über den Fall schrieb, den er am Ende seiner Lesezeit natürlich nicht aufklärt. Er lächelt verschmitzt.
Ebenso wie die Autorin Sylvia Schraut. Sie ist emeritierte Professorin aus Mannheim, die über Frauen und Gesellschaftsgeschichte lehrte und in der Missbrauchs-Aufarbeitungskommision des Bistums Speyer mitwirkt. „Eine Frau muss schweigen können“, so der Titel ihres Kriminalromans, der 1865 beginnt. Ein Mord ist geschehen. Die Kaufmannsgattin Helene will mehr darüber wissen, aber seit wann ist Forschen Frauensache! Heimlich macht sie sich auf die Suche, erfährt von der Uhr des Ermordeten und findet heraus, dass sie von seiner Witwe ins Leihhaus gebracht wurde.
Mannheimer Geschichte
Ist die trauernde Frau die Mörderin? Auch hier, wo Mannheimer Geschichte und das Attentat auf den Reichskanzler Bismarck einfließt, will man fürwahr mehr hören. Deshalb werden am Büchertisch alle Romane angeboten und später gerne signiert.
Auch der von Harald Schneider, der aus Schifferstadt angereist ist. Dort hat Dienststellenleiter KPD, der mit vollem Namen Klaus P. Diefenbach heißt, das Sagen. Der „Bibel Code“ – so heißt auch der 22. Palzki-Krimi – ist für ihn allerdings nicht wichtig. Um die Original Bibel aus dem Jahr 1587, die aus einem Neustadter Museum gestohlen wurde, kann sich sein „Untergebener“ Palzki kümmern. An erster Stelle steht für KPD eine Urkunde, die ihn als Haupterbe der Wittelsbacher Linie bestätigen würde. Aber der Experte und Leiter des Museums wurde gerade überfallen und liegt schwer verletzt im Krankenhaus.
Verbale Schallmauer
Das alles schildert Harald Schneider, der am Bühnenrand steht und erzählt, zwischendurch liest und scherzt. Er plaudert Fehler aus, die sich trotz jahrelanger Schreiberfahrung immer wieder einschleichen. Bekleidung statt Begleitung, oder dass Antiquariat und Antiquitätenhändler Verschiedenes bedeuten.
Am Ende stellt er noch Palzkis Nachbarin vor. Frau Ackermann, „die eine enorme Sprachbegabung hat.“ Mit ihrer Schnelligkeit durchbreche sie verbale Schallmauern. Und als er das vorführt, ergötzt sich das Publikum bis in die letzte Reihe und dankt am Ende allen Mitwirkenden mit freudigem Applaus.
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