Wir treffen Marc-Oliver Kuhse, den stellvertretenden Vorsitzenden der Bürger- und Interessengemeinschaft (BIG) Lindenhof auf dem Promenadenweg, nur wenige Schritte von seinem Lieblingsplatz am Rheinufer entfernt - und weil der 54-jährige Wirtschaftsingenieur sportlich und ein passionierter Radfahrer ist, kommt er mit dem Fahrrad zum vereinbarten Treffpunkt.
Kuhse engagiert sich für seinen Stadtteil in vielerlei Hinsicht: Zusammen mit den BIG-Vereinsmitgliedern kümmert er sich um die Lanzkapelle als Begegnungszentrum und um die Vorbereitung von Veranstaltungen, wie beispielsweise das Lanzparkfest. Die Rheindammsanierung ist momentan jedoch das Hauptthema bei der BIG. Der gebürtige Heidelberger erzählt von seinem Lieblingsplatz am Wasser.
Mein Lieblingsplatz am Wasser ist …
„… von Anfang an hier am Rheinufer gewesen, am Stephanienufer, dort wo die Kastanien stehen und es in den Bellenkrappen geht. Gerade wenn man den vielbefahrenen Flusslauf verlässt und entlang des Nebenarms in Richtung Reißinsel geht, ist man weit weg vom Lärm der Stadt und vom Schiffsverkehr. Hier wächst alles noch ganz natürlich - das ist für mich, wie zurück zur Natur. Ich gehe hier gern joggen.
Das Schöne an diesem Bereich ist, dass die Reißinsel im Waldpark Teil des Landschaftsschutzgebietes ist und hier alles noch so ein bisschen verwildert wächst. Es ist schön, so ursprüngliche Natur nah der Stadt zu haben. Hier gibt es viele seltene Tier- und Pflanzenarten, geschützte Tiere, wie Fledermaus, Buntspecht oder Eisvogel.
Auf der Reißinsel wächst auch noch der vom Aussterben bedrohte „Wilde Wein“. Das ist sehr interessant und macht den Reiz aus. Abgestorbene Bäume bleiben erhalten, darin baut der Specht seine Höhle. Nach einem Sturm werden daher nur die Wege freigeräumt und die Verkehrssicherheit hergestellt.“
Ich komme hierher, weil …
„… ich ganz persönlich hier die Ruhe und Natur genießen möchte. Aber auch zu den verschiedenen Veranstaltungen der BIG, wie beispielsweise der Mahnwache zur Rheindammsanierung (siehe Bericht unten). Oft komme ich hierher ans Rheinufer zur Erholung. Meistens jogge ich von hier bis kurz vor das Strandbad und wieder zurück.
Vor Jahren war der Rhein in diesem Bereich zugefroren und die Leute sind auf dem Nebenarm ’rumgelaufen. Letztes Jahr, als der Rhein nach dem Hochwasser zugefroren war, sind die Leute hier sogar Schlittschuh auf den Wiesen gelaufen. Ein alter Freund, der schon seit 50 Jahren hier auf dem Lindenhof wohnt, hat mir gesagt, das habe er noch nie erlebt.“
Ich mag an dieser Stelle am Rheinufer besonders …
„Die vielen Freizeit- und Sportmöglichkeiten. Früher sind meine Ehefrau Rita und ich mit unseren zwei Söhnen hier spazieren gegangen. Beim gemeinsamen Naturerlebnis haben wir den Kindern die Natur nähergebracht. Das Schöne ist die Nähe vom Lindenhof zum Fluss. Weil der Rhein in der Nähe unseres Hauses liegt und unsere Söhne nicht über eine gefährliche Straße laufen mussten, kamen sie als Kinder gern hierher zum Toben.
Unsere Söhne sind inzwischen erwachsen. Mittlerweile komme ich selbst eher aus Spaß und Freude an der Natur oder aber zum Joggen her. Heute genieße ich die Ruhe, ich spaziere gern am Ufer - das Wasser hat etwas Beruhigendes. Die oft beklagte Verschmutzung des Rheinufers hält sich hier in Grenzen. Natürlich gibt es auch schon mal schlechte Beispiele. Aber im Großen und Ganzen finde ich den Zustand ganz in Ordnung.
Ein Problem ist allerdings der Befall der Kastanien durch die Miniermotte. Die Blätter sind auch jetzt schon wieder zum größten Teil braun. Im Herbst, wenn das Laub fällt, haben wir deshalb schon mal zusammen mit Ingeborg Dörr und weiteren Mitgliedern der BIG unter den Bäumen das Laub weggeräumt, um den Befall durch die Miniermotten zu reduzieren.“
Meine Familie und Freunde finden …
„… mein Engagement ganz gut, glaube ich. Sonst würden sich meine Frau und mein jüngerer Sohn, der noch zu Hause lebt, kaum so super mit einsetzen für unseren Stadtteil und unseren Verein. Meine Ehefrau hilft mit bei den Aktivitäten der BIG, beispielsweise beim Lanzparkfest. Auch mein Sohn unterstützt uns dabei. Als Familie sind wir auch immer bei den Mahnwachen zur Rheindammsanierung dabei. Als Lindenhöfer müssen wir uns für unseren Stadtteil einsetzen. Wenn wir uns nicht um kümmern würden, wäre der Stadtteil nicht so lebenswert.“
Wenn ich nicht hier bin …
„… dann vermisse ich meinen Lieblingsplatz am Wasser und den Lindenhof. Der Stadtteil ist lebenswert wegen der Nähe zu Stadt und weil Rhein und Waldpark fußläufig zu erreichen sind. Deshalb lohnt es, sich dafür einzusetzen. Ich bin Mitglied der BIG geworden, weil ich fand, dass das Versetzen der Lanzkapelle durch die Bürgerinitiative ein tolles Engagement war.
Ich habe mich zunächst engagiert als Vereinsmitglied, weil ich damals noch in Frankfurt gearbeitet habe und die Kinder klein waren. Da hatte ich keine Zeit, doch vor sechs Jahren habe ich mich in den Vorstand wählen lassen. Man muss sich ein Stück weit einsetzen, weil alle gemeinsam mehr bewegen können als ein einzelner Bürger. Natürlich ist das zeitintensiv, aber man muss sich die Zeit nehmen.
Der Rheinhochwasserdamm im Waldpark soll saniert werden. Hochwasserschutz ist wichtig - doch ist dazu ein Kahlschlag erforderlich? Wir sagen Nein. Denn nach Meinung von Experten gibt es baumerhaltende Alternativen. Die von uns alternativ geforderte Hochwasserschutzwand entspricht den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ und ist in der entsprechenden DIN 19712 beschrieben.
Sie ist sicherer als die geplante Erdbauvariante des Regierungspräsidiums (RP). Ein sogenannter Verteidigungsweg ist dabei nicht notwendig. Eine solche Wand muss im Katastrophenfall nicht verteidigt werden. Vor allem aber ist angesichts des Klimawandels der Erhalt der Bäume auf dem Rheindamm wichtig. Dafür gibt es viel Verständnis in der Stadt. Zusammen mit der Verwaltung sind wir auf dem richtigen Weg, nur Karlsruhe blockiert noch.
Wenn ich einmal gar nicht mehr hier herkommen könnte …
„Würde mir ein Stück Natur im Leben fehlen, der Zugang zum Wasser. Dann müsste ich mir anderenorts eine ähnliche Stelle suchen. Ich bin kein Mensch, der seine letzten zehn Jahre nur auf dem Balkon sitzt.“
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