Der Saal im Käfertaler Kulturhaus war proppenvoll. Denn beinahe jeder wusste, wie viel Herzblut die Teilnehmer von „Life Lines“ in dieses Projekt gesteckt hatten. „Was die Tänzerinnen und Tänzer unter der Anleitung von Lui Fasini in wenigen Wochen zusammengebaut haben, ist der Hammer“, beschrieb Regisseur und Mitinitiater Tobias Schnirneck das Wechselbad der Gefühle. „Wenn eine Geige den Beat in die Ferne rückt, haben viele Tänzer ein Problem. Christian Klassen Anton Rieger Tim, Christel und Annika Ritter haben uns komplett geflashed“, würdigte der Rappagoge von Who Am I- Creative Academy „eine feine Truppe mit besten Vibes“.
Zusammen mit Kulturhauschefin Ute Mocker begründete Schirneck die „Younity“-Familie, eine Zusammensetzung aus „you“ und „unity“. Es geht um Einigkeit, die Gesamtheit aller Menschen, bei Anerkennung und Wertschätzung jeder einzelnen Person, unabhängig von geografischer und sozialer Herkunft, Hautfarbe, Religion, Alter oder Geschlecht. Sie verstehen sich als Gegenmittel gegen Rassismus und Gewalt, als Synonym für Nächstenliebe und gemeinsames Handeln, das auch die Hefe für die Aufführung des Musiktheaters „Life Lines“ bildete.
Rap, Gesang und Street Dance feierte eine einmalige Premiere. Erzählt wurden mit selbst geschriebenen Texten, selbst komponierter Musik und selbst entworfenen Choreografien wahre Geschichten aus dem Leben einiger der über vierzig jungen Mitwirkenden. So beispielsweise von Said aus Mazedonien, Javad aus Afghanistan, von Caprice und Melih aus Deutschland oder von Raphael aus Burkina Faso, der in Käfertal eine neue Familie gefunden hat. Die Themen sind Ausgrenzung, Mobbing, Flucht, „harte Jungs“, aber auch Frauenpower, das Ankommen in Mannheim oder die gemeinsame Freude an Musik und Rap.
An der Konzeption war neben Schirneck und Mocker auch Simeon Klein beteiligt, gefördert durch den Innovationsfonds Kunst Baden-Württemberg, dem Kulturamt und dem Flüchtlingsfonds Mannheim. Erarbeitet wurde Life Lines mit allen Teilnehmern, unterstützt von der Gesangsdozentin Letizia Allegra, dem Tanzcoach Lui Fasini, Dario Allegra (Musik), Uta Dorra (Bühnenbild) sowie Matthias Werner und Dominik Lehmann (Ton und Beleuchtung).
Publikum tanzt und rapt mit
Als Gäste wirken die Musiker Stefan Krznaric (Violine) und Narwar Habel (Ud) von der Orientalischen Musikakademie sowie DJ Selecta Blind mit. Das Stück stellte sich als loser Verbund einzelner Texte dar, die durch den losen Faden der Thematik miteinander verbunden waren. Das Publikum, etwas zweihundert Gäste unterschiedlichen Alters, tanzte und rappte begeistert mit, so dass der Abend zu einer echten interaktiven Veranstaltung wurde. Zwischen dem ersten und dem zweiten Akt sollten alle zusammen einen Vierzeiler generieren und dann auch vortragen. Inhaltlich ging es dabei um persönliche Motivationen, aber auch darum, was an Mannheim besonders attraktiv ist. Das gemeinsam erarbeitete Gedicht wurde von jeweils einer Zuschauerreihe abwechselnd vorgetragen und dazu gab es eine Tanzeinlage à la Soultrain. Die Siebziger Jahre ließen mit viel Humor grüßen. Dem Publikum gefiel’s. Gabriel Dürr (21), Germanistik-Student aus Heidelberg, war besonders über den Soul Train am Schluß amüsiert. „Das Original dazu geistert schon seit längerer Zeit im Netz herum, ich hätte nicht gedacht, ihn hier wiederzufinden“, sagte er. Sein Freund Freund Stefan Sailler aus Mannheim, Student an der Dualen Hochschule, hätte sich einen deutlicheren roten Faden gewünscht. Von den Moves im Breake Dance und dem Mut der jungen Darsteller war der Kickboxer begeistert.
Ute Mocker wünscht sich: „Sehr gerne würden wir das Stück noch mehrmals aufführen. Dazu brauchen wir nun Förderer, Sponsoren und Kooperationspartner mit entsprechenden Räumen. Wer uns unterstützen möchte, bitte unter Kulturhaus@kaefertal-net.de melden!“
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