Serie "Mein Laden um die Ecke" (Teil 71) - Lothar Mandler Model-Spielwaren An- und Verkauf existiert seit mehr als 40 Jahren

Rares für Enthusiasten in fast allen Spurweiten

Von 
Sylvia Osthues
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Geht man durch die Eingangstür des kleinen Ladens in C3, 15, ist es als betrete man eine andere Welt. Der Besucher kann seine Probleme draußen vor der Tür lassen, es sich bequem machen und seine Sorgen, Nöte und Ängste vergessen und sich freuen auf heitere Erlebnisse im Sammlerparadies von Lothar Mandler: Spielzeugwelten von Eltern, Großeltern und Ur-Großeltern tun sich auf.

Besucher tauchen ein in die Welt ihrer Kindheit, spüren den Zauber und den Reiz der alten Spielsachen, erleben, wie Gelassenheit ihr Leben übernimmt. Hereinspaziert! Im gutbürgerlichen Viertel der Quadratestadt, in der Nähe der Jesuitenkirche, eröffnete 1974 ein kleiner Laden, der sich der Geschichte von Spielzeug und Blechwaren widmet.

Kind der Nachkriegszeit

Nein, als Kind der Nachkriegszeit habe er selbst keine solch schönen Spielsachen gehabt, erzählt der heute 70-jährige Ladeninhaber. Lothar Mandler wuchs im pfälzischen Kirchheimbolanden auf, wo er auch Abitur machte. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität in Mannheim. Schon während seines Studiums fing er an zu handeln mit schönem Spielzeug, das er bei Spielzeugmessen, Modeleisenbahnbörsen und Flohmärkten aufkaufte. Als der Geschäftsumfang immer größer wurde, gab Mandler das Studium auf.

In B 3, 15 fanden er und seine Frau Helga die geeigneten Räume zur Eröffnung eines Ladens. In den Geschäftsräumen in C3, 15 befand sich vor dem Zweiten Weltkrieg eine Metzgerei und später ein Devotionalien-Geschäft. Im Krieg wurde das Haus bei einem Bombenangriff nahezu komplett zerstört. Nach dem Wiederaufbau siedelte sich dort ein Antiquitätenhändler an. Als die Mandlers in das Geschäft einzogen, hatte der kleine Laden lange Zeit leer gestanden. Schon bald nach Eröffnung merkte das Ehepaar, dass das nichts war für die künstlerisch begabte Helga Mandler.

Seit der Scheidung 1975 führt Lothar Mandler den Laden allein. Doch nach wie vor hat er einen guten Kontakt zu seiner Ex-Frau, stellt ihre Bilder zum Verkauf in seinem Laden aus. Erst waren es vor allem Holzspielsachen, Kinderbücher und moderne Keramik von Frank-Reiner Liebscher, mit denen er handelte. "Doch das Interesse an Holzspielsachen war in Mannheim nicht so groß, wie beispielsweise in Heidelberg", erzählte Mandler. Deshalb stieg er konsequent um. Schwerpunkte sind seitdem hier die Eisenbahnen sowie Blechspielzeug aller Art - Autos, Schiffe und vieles mehr. Auch Militärspielzeug gehört zum Angebot. "Ich bin kein Militarist, doch vor dem Ersten Weltkrieg und auch in den 1930er Jahren hat die Politik in die Kinderzimmer rein regiert", erklärte Mandler.

Seine Kundschaft kommt aus allen Teilen Deutschlands und der Welt. Auch Phil Collins war anlässlich eines Genesis-Konzerts in Mannheim schon in seinem Geschäft. Ein guter Freund Mandlers ist mittlerweile der bekannte Schriftsteller Günter Kunert. Stolz zeigt Mandler die Korrespondenz mit dem leidenschaftlichen Sammler. Altes Spielzeug, das zeigt sich, faszinierte schon immer kleine und große Kinder. Staunen und Erleben verliert eben nie seinen Reiz. Deshalb entwickelt manch Erwachsener oft nostalgische Gefühle wenn ihm Spielzeug aus seiner Kindheit begegnet, weiß Mandler.

"Der Kreis derer, die Spielzeug als Erwachsene sammeln oder damit spielen, ist groß", sagt Mandler. Seine Kunden kommen ganz gezielt. "Es gibt keine Laufkundschaft im eigentlichen Sinne". Doch viele haben auf dem Weg von den Schiffsanlegestellen am Rheinufer oder vom Hotel in die Innenstadt den kleinen Laden entdeckt. "Von Laufkundschaft leben kann ich nicht", sagt Mandler. Er fährt deshalb regelmäßig am Wochenende auf Messen, um seine Schätze anzubieten. Das vorhandene Angebot in Mandlers Laden von Antik- und Blechspielzeug sowie Modellbahnen ist in seiner Art einzigartig, weil es so vielseitig ist.

Das Besondere an den alten Spielsachen ist auch der ehrliche Spielzeugcharakter der Stücke. Durchweg handelt es sich um originale und nicht restaurierte Ausstellungsstücke. So liegt der besondere Reiz darin, dass es sich nicht um unbespielte Top-Raritäten handelt, sondern um Spielsachen, die aufgrund ihrer Patina ganz eigene Geschichten erzählen.

Zeitgeschichte in Miniaturform

Liebevoll hat Lothar Mandler in den Vitrinen und auf den Regalen seines 80 Quadratmeter großen Ladens, der aus Verkaufsraum und zwei weiteren Ausstellungsräumen besteht, ganze Szenerien aufgebaut. Da räkeln sich eine kesse Mädchenklasse auf den Kühlern schnittiger Modellautos. Da reitet Lawrence von Arabien durch den Wüstensand, während eine Vitrine weiter der englische Generalfeldmarschall Montgomery und der deutsche Generalfeldmarschall Rommel in Afrika heiße Schlachten schlagen.

Lothar Mandler hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass alte Spielwaren des 19. und 20. Jahrhunderts nicht in Vergessenheit geraten. Gerade im industriell hergestellten Spielzeug spiegelt sich die Zeitgeschichte der Eisenbahnen, Schiffe, Autos bis zur Wuppertaler Schwebebahn, von der Kasperle-Sammlung zur Attraktion aus Comic Strip und Kinotopp lückenlos wider.

Mandler Spielwaren

  • Adresse: Lothar Mandler Model-Spielwaren An- und Verkauf, C3, 15, Tel. 0621-101933
  • Inhaber: Lothar Mandler
  • Angebot: Model-Autos und -Eisenbahnen, altes Spielzeug und Kuriosa
  • Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11-18.30 Uhr, Samstag 10 bis 16 Uhr

Freie Autorin

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