Jungbusch - 350 Gäste kommen zum Straßenfest "Kultur am Kanal" in die Fußgängerzone Beilstraße

Nachbarn tafeln auf der Straße

Von 
Jan Karon
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Nach dem Iftar-Ruf (re,oben) schmeckt das Essen auf der Beilstraße. Rechts unten Breakdancemeister Leon Nuculovic.

© A.Bergmann (1), jka

Die Nachbarschaft zusammenbringen und Gemeinschaft stiften: Unter diesem Motto stand das Straßenfest "Kultur am Kanal" im Jungbusch. Rund 350 Gäste ließen sich das nicht entgehen und nahmen nach Sonnenuntergang an den Tischen Platz, die Einrichtungen im Stadtteil, vor allem Kirchen und Moscheen, für sie gedeckt hatten.

Raum zum Kennenlernen

"Hier leben Menschen 80 verschiedener Nationalitäten zusammen. Durch Veranstaltungen und ein Zusammenkommen wollen wir einen Raum schaffen, in dem sie sich kennenlernen", erklärte Michael Scheuermann, Leiter der Gemeinschaftszentrums im Jungbusch und Veranstalter von "Kultur am Kanal". In die gleiche Kerbe schlug auch der Vorstand der Jugendinitiative e.V. Hüseyin Yörük, der an diesem Tag das Programm moderierte: "Der Jungbusch ist der aktivste und bunteste Stadtteil. Eines unserer Ziele heute ist das Abbauen von Vorurteilen." Um das Vorhaben umzusetzen, stellte Scheuermann ein buntes musikalisches Rahmenprogramm auf die Beine: Als erstes gab der 14-jährige Leon Nuculovic, vierfacher deutscher Breakdance-Meister, eine Kostprobe seines Könnens im Freestyle-Tanz.

Dilara Kocoglu coverte mit ihrer Band vom Friedrich-List-Wirtschaftsgymnasium Songs von Bruno Mars und Sunrise Avenue. Fatih Akpinar, der im Jungbusch aufwuchs und anschließend am Konservatorium in Istanbul Musik studierte, sowie die Sängerin Finusée aus Burkina Faso brachten mit ihren Auftritten ein Stück ihrer Heimat in den Busch. Und die Rapper von der Creative Factory reimten sozialkritische wie auch selbstironische Zeilen über das Leben im Multi-Kulti-Bezirk.

"Wir haben jüngere und ältere Künstler, die jedoch allesamt einen Bezug zum Jungbusch aufweisen. Das sind nicht willkürlich zusammengesuchte Musiker, sondern Talente mit einzigartigen Fähigkeiten", zeigte sich Michael Scheuermann stolz über die Qualität der Konzerte.

Auch die im Jungbusch ansässige Popakademie half dabei mit, "Kultur am Kanal" auf die Beine zu stellen. Sie stellte Equipment und Instrumente zur Verfügung. Die hauseigene Band Mediterranean alla Turca stellte den Schlusspunkt des Konzertprogramms dar. Die Lieder der vierköpfigen Band entführten die Hörer in eine Welt instrumenteller Vielfalt und persisch-arabischer Perkussion.

Die vier Musiker sind Studierende des erst im Herbst 2015 gegründeten Studiengangs Weltmusik an der Popakademie. "Für uns ist so ein Event wichtig, weil wir eben nicht nur eine Hochschule sind, die zufällig im Jungbusch gelandet ist, sondern diesen Standort bewusst ausgewählt haben", sagte die Referentin der Popakademie Danijela Albrecht. Insofern war die Beteiligung der "Poppe" auch ein "Beitrag zur Kreativwirtschaft und dem sozialen Miteinander".

Der vereinende Charakter von "Kultur im Kanal" wurde auch am Abend nach den Konzerten deutlich: So lud das Straßenfest im Anschluss zu einem gemeinsamen Abendessen ein. Der Gedanke dahinter: Die dritte Auflage von "Kultur im Kanal" fiel mit dem Fastenmonat Ramadan zusammen.

Respekt vor dem Anderen

Nach Sonnenuntergang um 21.43 Uhr und dem traditionellen Iftar-Ruf tischten der internationale Frauentreff, die Yavuz Sultan Selim-Moschee vom Luisenring, die Fatih-Moschee sowie die evangelische Hafenkirche und die katholische Gemeinde St. Sebastian auf: Rund 350 Gäste genossen Hähnchenfleisch, Reis, Karottensalat und viele weitere Köstlichkeiten.

"Auch das hat mit Respekt im gemeinsamen Umgang miteinander zu tun", erklärte Michael Scheuermann, "denn wir wollen auf unsere muslimischen Mitbürger warten und dann gemeinsam mit ihnen essen." Am Ende des Abends stand dann fest: Musik und gemeinsames Essen können eine Nachbarschaft vereinen.

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