Jungbusch - Schön schräges Ensemble in der kleinen, aber feinen Konzertreihe "Jazz im Busch"

Kanaillenvögel mit großen Gefühlen

Von 
Sylvia Osthues
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Bei Jazz im Jungbusch zu Gast: Sängerin Jule Unterspann aus Berlin und Gitarrist Bernhard Sperrfechter.

© Proßwitz

Einen romantisch verträumten Abend erlebten knapp 20 Besucher in der kleinen, feinen Konzertreihe Jazz im Busch in den Räumen der Künstlerinitiative Laboratorio 17. Auf der Bühne im Schaufenster des ehemaligen Elektroladens in der Jungbuschstraße trieben zwei Kanaillenvögel ihr herrlich schräges Unwesen. Unter dem aufreizenden Namen "Jazzkanaillen" musizieren Sängerin Jule Unterspann aus Berlin und Gitarrist Bernhard Sperrfechter aus Speyer, der aus allerlei anderen Besetzungen ein Begriff ist, seit etwa einem Jahr gemein- und leidenschaftlich verrückt.

Mal melancholisch, mal spaßig spannten sie den Bogen von "Jazzstandards" aus dem 18. Jahrhundert - die Ankündigungen von Bernhard Sperrfechter sollte man nicht zu ernst nehmen - bis zu von Jule Unterspann heiß geliebten Schlagern. Der bekennende Hildegard Knef- und Caterina Valente-"Superspitzenfan" sang mit viel Liebe und Leidenschaft und manchmal mit glitzernder "Schweinskramkappe", wenn es um Liebe ging. Die Sängerin mit der experimentierfreudigen Stimme, die zuweilen täuschend echt klang wie eine Trompete, Posaune oder wie ein Saxophon, präsentierte mit hinreißendem Blues, Rock, und Free Jazz dem begeistert mitgehenden Publikum eine erstaunlich frische Mischung. Mit ihrer rebellischen Attitüde hebt sich Jule Unterspann wohltuend von der Bravheit des aktuellen Sängerinnen-Mainstreams ab. Sie balladierte und trällerte sich höchst engagiert durch Lieder wie "Die Gedanken sind frei", "Du liegst mir am Herzen" oder Schlager wie "Eventuell" von Caterina Valente oder Hits von Hildegard Knef und Peter Alexander.

Man hat diese Songs gewiss schon hunderte Male gehört, aber hier werden sie buchstäblich erforscht, ausgekostet, zelebriert, nimmt sich Jule Unterspann dafür alle Zeit der Welt, sucht lustvoll die bisher unentdeckte Nuance im eigentlich Allzubekannten. Die betont jazzigen, wunderschön verlangsamten Arrangements von Bernhard Sperrfechter bieten ihr hierfür die größte Freiheit, den Zuhörern dagegen das größte Vergnügen.

Die in schwelgerischen Melodien zerschmelzende Musik von Bernhard Sperrfechter ist facettenreich und genresprengend. Der Gitarrist setzt entschieden auf die erhabene Schönheit seiner perfekten Gänsehaut-Arrangements. Das Ganze ist sehr entspannt und traditionsbewusst. Noch nie zuvor hat man so innig und gleichzeitig so modern das adventliche Lied "Maria durch den Dornwald ging" gehört wie von Jule Unterspann.

Mit "Stille Nacht" in herrlich jazzigem Rhythmus klang schließlich ein hinreißender Abend aus.

Freie Autorin

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