Hauptversammlung

Wohnungsnot in Ludwigshafen bleibt groß

Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen in Ludwigshafen lediglich einen Neubau fertigstellen. Warum es nur schleppend vorangeht.

Von 
Thomas Schrott
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Nur 6,40 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter in einem Neubau: Dank öffentlicher Fördergelder der ISB-Bank kann das Wohnungsunternehmen GAG in Ruchheim im Erfurter Ring günstige Mieten anbieten. © GAG/Christian Buck

Ludwigshafen. Ungewöhnlich lange dauerte die Verzögerung aus Mainz. Trotz abgeschlossener Verhandlungen mit Baufirmen erhielt das Ludwigshafener Wohnungsunternehmen GAG erst nach eineinhalb Jahren die ISB-Förderzusage für 64 Wohnungen in der Oggersheimer Semmelweisstraße. Das Projekt konnte daher erst vor wenigen Tagen starten.

Der Neubau von bezahlbarem Wohnraum sei ohne Landesförderung angesichts massiv gestiegener Baupreise nicht mehr möglich, benennt GAG-Vorstand Wolfgang van Vliet in der Hauptversammlung den Knackpunkt. „Zudem sorgen gestiegene Zinsen, Materialknappheit und eine Flut von Bauvorschriften für schwierige Rahmenbedingungen. Ohne verlässliche Planung verschärfen sich die Probleme auf dem Wohnungsmarkt“, schildert er die Lage.

Gesamtinvestitionen sind 2024 gesunken

Deshalb konnte das Unternehmen 2024 nur ein Neubauvorhaben in Ruchheim fertigstellen. Die Gesamtinvestitionen sanken von 57,4 Millionen Euro in 2023 auf 31,9 Millionen Euro. Die Aufwendungen für Instandsetzungen blieben indes mit 18 Millionen Euro auf Vorjahresniveau. Größere Wohneinheiten modernisierte die GAG etwa in Friesenheim, West, Nord und Gartenstadt.

Unverändert groß bleibt die Wohnungsnot in Ludwigshafen. 5000 Wohnungssuchende bei der GAG gelten weiterhin als unversorgt – bei anhaltend hoher Nachfrage. Zumal die Einwohnerzahl Ludwigshafens weiter wächst. Ein Plus von 2,3 Prozent seit 2022 bedeutet den zweithöchsten Zuwachs aller kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz.

Gestiegene Baukosten bereiten Sorgen

Stark gestiegen sind auch die Baukosten. Für die Bereiche Instandhaltung und Neubau nahmen sie seit 2019 um mehr als 43 Prozent zu, während die allgemeine Preissteigerung mit 19,8 Prozent deutlich niedriger lag, verdeutlicht van Vliet den großen Unterschied. Die Nettokaltmiete bei bestehenden GAG-Wohnungen habe sich im selben Zeitraum sogar lediglich um 9,2 Prozent erhöht.

Die durchschnittliche Wohnungsmiete bei der GAG lag 2024 mit 6,32 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche erheblich unter dem Ludwigshafener Mietspiegel von durchschnittlich 7,60 Euro pro Quadratmeter. Moderat gestiegen sind die durchschnittlichen Nebenkosten, der sogenannten zweiten Miete, von 2,26 auf 2,48 Euro pro Quadratmeter.

„87 Prozent unserer Wohnungen haben weniger als 7,45 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter“, bilanziert der Vorstand erfreut. „Somit erfüllt die GAG ihren Auftrag, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, mit Bravour“, meint Oberbürgermeisterin und GAG-Aufsichtsratsvorsitzende Jutta Steinruck und verspricht: „Das kommunale Unternehmen wird auch künftig nicht auf Profitmaximierung setzen, sondern steht zu den Menschen.“ Um die Wohnungsnot zu lindern, müssten Reservenflächen für Neubauprojekte aktiviert werden, ergänzt Steinruck. Dies betrifft etwa das Vorhaben im Erfurter Ring in Ruchheim mit 146 Wohnungen, bei dem die GAG 46 Millionen Euro investierte.

Steinruck: Kritik der Bürgerinitiative ist verstummt

Die Einstiegsmiete liegt dank der öffentlichen Förderung der ISB bei nur 6,40 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Die anfängliche Kritik einer Bürgerinitiative, die den Wegfall einer Grünfläche und das Fehlen einer Kita monierte, sei mittlerweile verstummt. Vielmehr herrsche große Zufriedenheit, so van Vliet. „Man muss nicht sofort auf jede Bürgerinitiative springen, sondern in Ruhe abwägen“, merkt die scheidende Oberbürgermeisterin an.

Bilanz 2024

Die GAG ist mit 13.053 Wohnungen (2023: 12.996) das größte kommunale Wohnungsunternehmen in Rheinland-Pfalz.

Die Stadt Ludwigshafen hält einen Anteil von 66 Prozent , die BASF Wohnen + Bauen GmbH 30 Prozent . Die restlichen vier Prozent teilen sich zehn andere Unternehmen.

Der Jahresüberschuss reduzierte sich wegen eines großen Immobilienverkaufs von 10 Millionen Euro 2023 auf 4,04 Millionen Euro . Nach Einstellung von Rücklagen ergibt sich ein Bilanzgewinn von 1,919 Millionen Euro . Die Eigenkapitalquote erhöht sich leicht auf 24,7 Prozent. Der Personalaufwand sinkt von 19,7 auf 18,4 Millionen Euro. Grund dafür ist aber kein Stellenabbau, sondern die Auflösung bei einer Altersversorgung.

Die GAG sponsert den Handball-Zweitligisten Eulen Ludwigshafen, unterstützt den Grünen Kreis, den Förderkreis Ebertpark und das Prinzregententheater.

Sehr umfangreich ist auch die Modernisierung eines großen Wohnquartiers in Oppau, die die GAG mit den Bauabschnitten fünf und sechs fortsetzte. Bei den Häusern in der Breitscheidstraße wurden nicht nur Fassaden gedämmt, Fenster ausgetauscht und Dächer abgedichtet, sondern auch größere Balkone geschaffen – mit ausreichend Platz für Tisch mit sechs Stühlen. Weitere Besonderheit: Für die GAG ist es ein Pilotprojekt, um im Bestand die Heizungsquelle auf Wärmepumpe umzustellen.

GAG hat viele Projekte in diesem Jahr „angestoßen“

In diesem Jahr hat das Unternehmen 22 Millionen Euro für Neubauprojekte und 29 Millionen Euro für Instandhaltung und Modernisierung „angestoßen“. Zu Letzterem zählen das Hochhaus Karlsbader Straße 43 (Niederfeld) sowie die Häuserzeilen Rottstraße 55 bis 63 und Fontanestraße 11 bis 19. Nach Unterstützung des Ortsbeirats Friesenheim plant die GAG in der Neuwiesenstraße einen frei finanzierten Neubau mit 26 Wohnungen – hier wird die Kaltmiete jedoch bei 15 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche liegen.

Auf dem Programm der nächsten Jahre steht auch das Quartier Abteistraße, in dem der Rapper Apache 207 aufwuchs. Dort sollen Gebäude abgerissen und neu gebaut werden. Gleiches ist in der Stefan-Zweig-Siedlung in Oggersheim-West mit 300 Wohnungen aus den 1970-er Jahren vorgesehen. Eine Modernisierung der Plattenbauten war bereits vor drei Jahren auch wegen Asbest-Belastung als nicht mehr wirtschaftlich verworfen worden. Rund 45 Wohnungen stehen nach dem Auszug von Mietern bereits leer. „Nach dem Ende des Bebauungsplanverfahrens sollen die Arbeiten Ende 2026, Anfang 2027 beginnen“, nennt van Vliet auf Nachfrage den aktuellen Zeitplan.

Bei Terminen für andere Vorhaben hält sich die GAG aber zurück. Dies mag auch daran liegen, dass sie intern mit einem weiteren Problem zu kämpfen hat. Händeringend sucht sie Fachkräfte im technischen Bereich. Sie hat daher ihr Unternehmensleitbild aktualisiert und macht überregional auf sich aufmerksam – mit der Unterstützung der Eulen in der Zweiten Handball-Bundesliga.

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

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