Konzertkritik Klassik

Wie die Staatsphilharmonie im Ludwigshafener Pfalzbau Kontraste auslotet

Unter Chefdirigent Michael Francis spielt das rheinland-pfälzische Orchester im Ludwigshafener Pfalzbau Werke von Brahms und Elgar

Von 
Alfred Huber
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Michael Francis, Chefdirigent der Staatsphilharmonie. © Christian Kleiner

Das B-Dur-Konzert von Johannes Brahms beginnt mit einem Horn-Motiv. Die Antwort des Klaviers wirkt wie ein Widerhall, in dem Ferne und Nähe als konkrete Grenzpunkte ausgelotet werden. Maßvolles als lyrisch-versonnene Ausfahrt gegen die Brahms im ersten Orchester-Tutti dynamisch aufwendig rebelliert. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Michael Francis weicht solchen Kontrasten nicht aus. Unser Leben ist nun mal so, wie es Brahms häufig beschreibt. Zumal in seinen späteren Werken, die neben Sehnsuchtstönen auch wehmütige Verdrossenheit kennen.

Tzimon Barto ist der Solist im Ludwigshafener Pfalzbau. Für die einleitenden Takte wählt er ein langsames Tempo, vielleicht um den Übergang zu den nachfolgenden expressiven Schüben zu schärfen. Begleitet vom famos agierenden Orchester bewegt sich Barto technisch brillant und ausdrucksstark zwischen Emotionalität und distanziertem Kalkül. Immer mit Blick auf die innere Formlogik, aus der sich zwingend rhythmische, melodische und harmonische Verbindungen und Zusammenhänge ergeben. Manchmal muss er allerdings Tasten-Schwerarbeit leisten, wenn Francis mit kantiger Körpersprache (wohl eine Spezialität von ihm) vehement seine Fortissimo-Ausbrüche inszeniert.

Glänzend instrumentiert

Der Komponist Edward Elgar war mit seinen effektvollen Orchestermärschen „Pomp and Circumstance“ in seiner britischen Heimat bereits berühmt, als er seine erste 1908 uraufgeführte Sinfonie schrieb. In Deutschland selten zu hören, erweist sich das Stück selbst in den Bereichen pathetischer Höhenflüge als glänzend instrumentiert.

Was Francis und die Staatsphilharmonie an spröder Linearität und feinsten Klang-Schichtungen freisetzen: all die schimmernden Farben, die Breite und Tiefe dieser Musik, getragen von einer wunderbaren Balance zwischen den Instrumentalgruppen, unterstreicht die Qualität des Orchesters. Nimmt aber zugleich Bezug auf den Versuch Elgars, Schönes zu retten in einer Welt, die auch damals nicht heil war.

Freier Autor Geboren 1941, Studium Musikheorie/Musikwissenschaft, Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte in Mannheim und Heidelberg Volontariat Mannheimer Morgen, Redakteur, anschließend freier Journalist und Dozent in verschiedenen Bereichen der Erwachsenenbildung. Ab 1993 stellvertretender Ressortleiter Kultur, ab 2004 bis zur Pensionierung Kultur-Ressortleiter.

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