Ludwigshafen

Wenn das Karma zurückschlägt

Die Hemshofschachtel begeistert mit ihrem neuen Stück „Krawall im Kuckucksnest“. Die Inszenierung ist nah dran am Leben

Von 
Ulli Heidelberger
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Veranstalten jede Menge Krawall (v.l.): Edgar Wetzel, Jens Kalbfuss und Leon Crommarty. © Alex Weiss/Hemshofschachtel

Gegen Erwin Kuckuck (Edgar Wetzel) wirkt selbst Ekel Alfred wie ein Menschenfreund. Der Frührentner ist ein Kotzbrocken, der kein gutes Haar an seiner aufopferungsvollen Frau Gisela (Tanja Hoecker) lässt. Selbst seinen schlauen, ambitionierten Sohn Kevin (Leon Crommarty) tyrannisiert er den lieben langen Tag. Die Komödie „Krawall im Kuckucksnest“ in der Hemshofschachtel ist kein Stück, bei dem man komplett durchlachen kann. Dafür ist es nah dran am Leben.

Die Figuren sind gut herausgearbeitet und zeigen Kante. Die Darsteller haben keine Angst, sich unbeliebt zu machen. Das ist erfrischend, zumal ja auch noch Theater-Urgestein Marie-Louise Mott mitspielt und mit ihrer unbeschreiblichen Art für den ein oder anderen Schenkelklopfer sorgt. Die Premierenbesucher waren begeistert: „Das Karma schlägt zurück“, sagte eine Zuschauerin nach dem Happy-End. Allerdings war es bis dorthin ein weiter Weg.

Die Handlung: Gisela dreht jeden Euro zweimal um, um mit Erwins knapper Rente den Alltag zu bestreiten. Als ehemaliger „Maurer mit Zementallergie“ rührt der schon lange keinen Finger mehr, erst recht nicht im Haushalt. Dafür hat er an allem und jedem etwas auszusetzen, ein Nörgler und Grantler, dem nie ein freundliches Wort über die Lippen kommt. Glücklich scheint er nur in seiner Stammkneipe zu sein.

Als Edgar sein legeres FCK-Outfit gegen einen Anzug tauscht, angeblich um mit dem Amtsarzt über die nächste Kur zu sprechen, kommen Gisela erste Zweifel. Und tatsächlich findet Oma Lensche anschließend eine Restaurant-Rechnung mit je zweimal Vorspeise, Hauptgang und Dessert. Dazu noch Tickets für eine Busreise für zwei Personen nach Lloret de Mar.

„Was? Nur per Bus?“, meint dazu Giselas Busenfreundin Ilonka (Renate Wetzel), die alle Bedenken zu zerstreuen versucht. Ilonka drängt Gisela dazu, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und in ihrem alten Beruf als Frisörin arbeiten. Da ihre letzte Bewerbung schon lange her ist, muss Sohn Kevin helfen. Der weiß, worauf es heute so ankommt, und übertreibt maßlos. Wie erklärt man die Lücke im Lebenslauf zwischen Babypause und heute? Klar, selbstlos die demente Oma gepflegt. Dazu schickt Gisela kein aktuelles Foto, sondern eines aus ihrer Jugend – und schon nimmt die Handlung Fahrt auf: Der Inhaber des Frisörsalons (Jens Kalbfuss) kommt mit einem Blumenstrauß persönlich vorbei, die Oma spielt mit und stellt sich „dabbisch“. Erwin denkt, sein Sohn will endlich arbeiten gehen, statt weiter die Schulbank zu drücken – aber ausgerechnet als Frisör? „Der kann nicht von mir sein“, jammert Erwin. Alles geht drunter und drüber, alte Geschichten kommen heraus und am Ende bekommt jeder, was er verdient.

Hemshofschachtel probt seit Februar am neuen Stück

„Krawall im Kuckucksnest“ ist das sechste Stück von Rudy Kupferschmitt, das in der Hemshofschachtel aufgeführt wird. Seit Februar wird geprobt. „Wir haben Wert gelegt auf das Spiel der Darsteller und an einer gewissen Tiefe der Figuren“, erklärt Regisseur Andreas Assanoff im Gespräch mit dieser Zeitung. Vor allem die Wandlung der unterdrückten Gisela ist gelungen. Aber auch Edgar Wetzel, der im echten Leben „ein total liebenswürdiger und hilfsbereiter Mensch ist“, geht in seiner Rolle als Motzkopf Erwin auf. Für Leon Crommarty ist es die erste Rolle. Der 18-Jährige fühlt sich als Kevin sichtlich wohl und dürfte künftig wohl häufiger zu sehen sein.

Info: Karten und Termine unter theater-hemshofschachtel.de

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