Ludwigshafen. „Schaut mal, das ist schon der fünfte große Fisch.“ Maurice Yazici trägt eine dunkelgrüne Anglerhose, die ihm bis zur Brust reicht. An seinen Armen klebt dunkler Schlamm. Mit beiden Händen hält er einen Kescher fest. Darin zappelt ein gelb-goldener Fisch. Denn die Stadt reinigt in diesen Tagen den Weiher im Ebertpark. Damit Schlamm und Dreck abgetragen werden können, müssen die Fische, die normalerweise im Gewässer leben, für einige Tage umziehen.
Vorsichtig lässt Maurice den Fisch in einem mit Wasser gefüllten Eimer aus dem Netz. „Den großen Karpfen haben wir als allererstes gefangen“, berichtet Harald Sauer. Als Teamleiter kümmert er sich um den reibungslosen Ablauf vor Ort. Alle zwei bis drei Jahre steht die Reinigung des Weihers für den Bereich Grünflächen und Friedhöfe des Wirtschaftsbetriebs auf dem Plan. „Sonst wäre alles voll mit Schlamm und nicht schön anzusehen. Deshalb muss die Aktion sein. Dafür investieren wir gerne den Aufwand“, so die zuständige Bereichsleiterin Gabriele Bindert. 20 000 Euro kostet die Stadt die Reinigungsaktion.
Biberratte gesichtet
Rund 5500 Kubikmeter Wasser müssen aus dem Weiher abgepumpt werden. Während sich die Schwäne vom Schwinden des Wassers relativ unbeeindruckt zeigen und mit ihren Füßen durch den Schlamm zu der letzten verbliebenen Wasserpfütze in der Mitte des Weihers watscheln, sind andere tierische Bewohner schon früher geflüchtet. „Mir ist ein Nutria vor die Füße gelaufen“, berichtet Bindert und zeigt ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie die Biberratte an ihrem Stiefel vorbeihuscht. Aber auch Schnappschildkröten fischen die Mitarbeiter aus dem Wasser. Azubi Mihajlo Subotic trägt ein tellergroßes Exemplar aus dem Wasser - fest mit beiden Händen umklammert. „Die können ganz schön zubeißen“, betont Sauer und beobachtet, wie Mihajlo die Schnappschildkröte vorsichtig in einen Eimer setzt. Danach watet er durch den Schlamm wieder zurück in den Weiher. Dort steht das Wasser am Morgen kniehoch und wird nach und nach abgepumpt. Da - plötzlich ein Wasserspritzer. „Da ist wieder einer“, ruft Mihajlo seinen Kollegen zu. Mehrmals zieht er den Kescher durch das Wasser. Der Fisch geht schließlich aber Maurice ins Netz.
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„Wir haben extra Mitarbeiter ausgewählt, die keine Berührungsängste mit den Tieren oder dem Dreck haben“, betont Sauer. Damit die Fische wohlbehalten in einem Container zwischengelagert werden können, ist deshalb auch Christian Oedinger dabei. Er hat einen Anglerschein und gibt den Mitarbeitern beim Arbeiten ein paar Anweisungen. „Ich schaue mir einfach bei meinen Kollegen ab, wie sie das genau machen“, verrät Mihajlo lachend, als er erneut einen Fisch in einem der vielen Eimer absetzt.
Trotz aller Vorsicht - ein paar Kollateralschäden gibt es. Ein Fisch landet beim Umladen in den Wassereimer im Schlamm daneben, findet aber kurz danach durch das Anpacken eines Mitarbeiters ins Wasser. Schaut man in die Eimer, liegen darin auch ein paar wenige tote Fische. „Das lässt sich nicht vermeiden. Aber es ist zumindest wichtig, dass wir die Aktion jetzt im Frühjahr angehen, bevor die Vögel brüten oder die Fische im Wasser laichen“, erklärt Bereichsleiterin Bindert.
Zwischengelagert in Eimern fährt ein kleiner Transporter die Fische einige Meter durch den Park zum Lager. Dort stehen zwei große Container, die zum Übergang als Aquarien dienen - eingekleidet in Fließstoff und schwerer schwarzer Teichfolie. „Auf dem Boden haben wir noch Sand verteilt“, sagt Sauer. Außerdem ist ein Netz über die Container gespannt, damit die Fische nicht rausspringen oder andere Tiere von außen hineingelangen. Wer genau hinsieht, erspäht im trüben Wasser auch den großen Karpfen. Gemächlich zieht er seinen Runden und scheint fast im Wasser zu stehen.
Damit das Wasser in den Containern die optimale Temperatur für die Fische hat, haben es die Mitarbeiter schon ein paar Tage vorher eingefüllt. „Da kommt schon wieder das Fischtaxi“, sagt Sauer. Thomas Kullmar und Stefan Bergmann fahren mit dem kleinen Transporter rückwärts an die Container heran. Diesmal haben sie mehrere Eimer mit kleinen Fischen und drei Schnappschildkröten dabei. „Wir haben im Weiher aber auch schon mal Goldfische gefunden, die Leute dort vermutlich freigelassen haben“, erinnert sich Sauer.
Saugfahrzeug im Einsatz
Die Fische wandern ins große Becken der Container. Sauer läuft zurück zum Weiher. Dort steht am Rand auch ein Saugfahrzeug einer Kanalreinigungsfirma bereit. Mittlerweile fischen die Mitarbeiter die letzten Tiere aus einer Pfütze. „Danach wird der Schlamm abgesaugt, den wir mit Traktor und Radlader zuarbeiten“, kündigt Sauer an. Davor gibt es für die Mitarbeiter eine kurze Verschnaufpause. Azubi Maurice befreit sich nach dem Angeln mit dem Kescher von dem Schlamm an seiner Kleidung. Mit dem Rücken stellt sich Maurice vor einen Kollegen, der zuvor den Schlamm von den Betonpfeilern der Aussichtsplattform entfernt hat. Jetzt spritzt er das Wasser auf Maurices Anglerhose und spült den Schlamm ab, bevor es weitergeht. Die Arbeiten dauern noch bis Ende der Woche.
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