Nachruf

Trauer um Ludwigshafener Gitarristen Sigi Schwab

Zum Tod eines sympathischen Meisters aller Klassen, der in Jazz, Klassik und Rock bewandert war. Sigi Schwab starb im Alter von 83 Jahren in seiner Wahlheimat München

Von 
Georg Spindler
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Der vieleitige Ludwigshafener Gitarrist Sigi Schwab bei einem Beinahe-Heimspiel 2011 in Speyer mit dem Konzertprogramm „Mandala“ im Alten Stadtsaal. © Klaus Venus

Die Musikszene der Rhein-Neckar-Region hat einen ihrer herausragendsten Protagonisten verloren: Der Gitarrist Sigi Schwab, der in Ludwigshafen geboren wurde, seit Jahrzehnten aber in München zu Hause war, ist dort am 11. Januar im Alter von 83 Jahren gestorben. Das hat der Bayerische Rundfunk am Dienstag gemeldet. Der Saitenvirtuose hat in seiner langen Karriere mehr als 70 Alben eingespielt und als Studiomusiker über 15 000 Titel aufgenommen.

Schwab war ein universaler Musiker, wie es sie heute nur noch selten gibt: gleichermaßen bewandert in Jazz, Klassik, Rock und ethnischer Musik. Die Liste von Stars, mit denen er zusammengearbeitet hat, spricht Bände: Sie reicht von Charlie Mariano und George Shearing über Hermann Prey, Astor Piazzolla und Eberhard Schoener bis hin zu Bands wie Embryo und Wolfgang Dauners Et Cetera.

Geschätzt wurde der Ludwigshafener wegen der Brillanz seines Spiels und seiner vollendeten Fingerpicking-Zupftechnik. Dass er sein umgängliches Pfälzer Naturell mit nach München und in die Kreise internationaler Berühmtheiten mitgenommen hat, machte ihn zu einem Spielpartner, der nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich Distanzen mühelos überbrücken konnte. Wer ihm begegnet ist, weiß, wie nahbar, warmherzig und gänzlich unaffektiert dieser großartige Künstler war.

Klassisches Studium zu Beginn

Der Oggersheimer begann seine Karriere mit einem klassischen Gitarren- und Kontrabass-Studium an der Musikhochschule Mannheim. Daneben profilierte er sich aber auch als Jazzinstrumentalist in der Band des Pianisten Wolfgang Lauth. Und auch in der jungen Beat- und Rockszene mischte Schwab mit, angeregt von seinem Schüler, der späteren Mannheimer Gitarren-Legende Hans Reffert.

Im Jahr 1965, im Alter von 25 Jahren, verließ Schwab die Region, er wurde von der renommierten RIAS Big Band engagiert und begann in Berlin auch seine Tätigkeit als Studiomusiker. Meist anonym zupfte er die Saiten bei Schlageraufnahmen, Werbe-Jingles und Film-Soundtracks. Ein solcher Job bescherte ihm viel später, 1997, ungeahnte Popularität. Seine Musik für den Erotik-Horror-Film „Vampyros Lesbos“ wurde zunächst im Zuge des damaligen Easy-Listening-Revivals wiederveröffentlicht und von keinem Geringerem als Regie-Star Quentin Tarantino gehört. Der verwendete einen Titel daraus für seinen Film „Jackie Brown“.

Doch der kommerzielle Erfolg stand nicht im Mittelpunkt von Schwabs Karriere. Das Publikum mit stupender Musikalität zu begeistern, die er auf der Bühne mit energetischer Kraft ausstrahlte, war viel eher sein Antrieb. Da war es ihm egal, ob er mit verzerrter Gitarre in Rock-Gefilden unterwegs war, mit geschliffenen Improvisationen Jazz-Größen begleitete oder mit Saiten-Kollegen wie Peter Horton und Larry Cornell den schieren Spaß virtuoser Spieltechnik frönte.

Musikalischer Brückenbauer

Es ist bezeichnend, dass er in den 1980ern parallel mit dem klassischen Diabelli-Trio und dem Latin-Ensemble Percussion Academia aktiv war. Seit 2015 bildete das Projekt Camerata Bavarese mit dem klassischen Klarinettisten Klaus Hampl den Schwerpunkt seiner Arbeit. Hier vereinte Schwab Improvisationskultur mit Renaissance- und Barockmusik. Wer wird nun solcherart grenzüberschreitende, Menschen verbindende Klangkunst pflegen? Die Musiklandschaft ist durch Sigi Schwabs Tod ärmer geworden.

Redaktion

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