Ludwigshafen. Für Sieglinde soll es ein ganz besonderer Abend werden, einer an dessen Ende für sie ein wirklich existenzielles Ereignis stehen soll: ihr Selbstmord! Sie hat alles perfekt vorbereitet, aber dann kommt alles anders. „Mitten ins Herz“, heißt die rabenschwarze Komödie von Angelika Bertram, die am Prinzregenten Theater in Ludwigshafen nun Premiere feierte. Von Bernhard Dropmann wie immer mit einer Pfälzer Note versehen, ist das Stück zwar kein Schenkelklopfer, geht dafür aber auch zu Herzen. Ein schicksalhaft komisches Stück, aufgelockert von einer Rahmenhandlung mit Gesangs- und Tanzeinlagen und spannend bis zum Schluss.
Sieglindes Abend scheint zu scheitern
Für die erste Überraschung sorgt Hausmeister Karl (Ralf Lüdke), der von hinten kommt und fragt, wann es endlich losgeht. In Arbeitskittel und mit Bierflasche in der Tasche muss er dann als Bühnentechniker einspringen und den Vorhang öffnen. Der Titel sagt ihm gar nicht zu: „Mitten ins Herz“ ist bestimmt wieder so eine „Gefühlsduselei“, und damit eher etwas für seine Frau Gaby. Die will immer wissen, wo er ist, und lässt ihm keine Ruhe.
Nachdem Karl das Licht ausgemacht und den Vorhang geöffnet hat, beginnt die eigentliche Handlung. Sieglinde (Sonja Mildner) will ihrem Papagei die Freiheit schenken. Der macht aber keine Anstalten wegzufliegen, bis Sieglinde in die Luft schießt. Sie hat diesen Abend bis ins Detail geplant. Er soll besonders schön werden, nur sie und der Filmklassiker „Vom Winde verweht“, der im Fernsehen läuft. Doch ausgerechnet jetzt quittiert die Flimmerkiste ihren Dienst.
Der Abend scheint zu scheitern, doch der Tele-Notdienst schickt seinen freundlichen Mitarbeiter Winfried (Dominik Kindermann). Gemeinsam mit dem Publikum erkennt dieser nach und nach, dass Sieglinde sich das Leben nehmen möchte.
Publikum darf entscheiden, wie das Stück weitergeht
Da Sieglinde sich in einigen Punkten doch noch nicht ganz sicher ist, bittet sie Winfried um Rat. Anfangs geht es nur um technische Details - etwa wo man mit dem Messer hinzielen sollte oder ob die Zimmerdecke überhaupt ein Seil hält. Mit einem 16er Dübel kein Problem, meint der gutmütige Handwerker - aber der Anblick dann, das muss doch nicht sein. Und mit Messer oder Pistole ist auch blöd mit dem vielen Blut. Das wäre doch schade um den schönen Teppich, die Flecken gehen doch nie wieder raus.
Gemeinsamen lassen sich die beiden einen Ouzo schmecken, sinnieren über das Leben und diskutieren über Lieblingsfilme und berühmte Szenen. Winfried findet immer mehr Gefallen an der lebensmüden Sieglinde und weckt neue Gefühle.
Pünktlich zur Pause schlüpft Dominik Kindermann dann in die Rolle eines Showmasters. Das Publikum, so die Ansage, darf selbst entscheiden, wie es weitergehen soll: Variante A mit einem shakespearhaften romantischen Doppel-Ableben? Oder doch lieber die Variante B mit einem klassischen Happyend? Zum Glück muss sich das Publikum nicht wirklich entscheiden, sondern bekommt beide Varianten geboten.
Zuviel verraten werden soll jedoch nicht. Freuen kann man sich aber auf Ralf Lüdke, der als Hausmeister-Gattin auf die Bühne zurückkehrt. Gaby jammert über ihren Karl, der immer nur Fußball und Krimis im Kopf hat, und singt schließlich Trude Herrs berühmtes „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann“.
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