Ludwigshafen. Die Resonanz war deutlich größer als vermutet. Deshalb verzichtete der Veranstalter nach Rücksprache mit der Polizei auf einen Demonstrationszug durch die Innenstadt. Vielmehr beließ er es am Samstag bei einer gut einstündigen Kundgebung gegen Rassismus und Rechtsradikalismus auf dem Berliner Platz.
3000 Menschen zeigten Flagge für „Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft“, freute sich Rüdiger Stein, Geschäftsführer des DGB, der zur Demonstration aufgerufen hatte. Die Polizei indes spricht von 2200 Teilnehmenden - was aber immer noch viel mehr waren als die erwarteten 1000.
Steinruck: Wir wären ein lahmes Land
Die parteilose Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck war froh über das starke Zeichen gegen Rassismus. „Die lange schweigende Mehrheit wird laut“ gegen Pläne von rechten Kreisen einer Remigration von großen gesellschaftlichen Gruppen. „Wenn dies geschehen würde, wäre Ludwigshafen leer. Wir wären dann kein stolzes Volk mehr, sondern ein armes Land“, sagte sie unter heftigem Beifall.
„Denn wie würde etwa das Klinikum aussehen, wenn dort nur sogenannte Bio-Deutsche arbeiten würden? Wer würde dort die Patienten pflegen oder den Dreck wegräumen?“, fragte Steinruck. Gleiches gelte für viele andere Bereiche.
Bei ihrer Rede auf der Bühne wurde sie vom gesamten Stadtvorstand sowie von Vertretern der demokratischen Fraktionen umrahmt. „Widerstand gegen diese Pläne muss jeden Tag sein, ob am Arbeitsplatz oder in der Kneipe“, forderte die Oberbürgermeisterin Engagement auch im Alltag. „Dunkelheit und Fanatismus dürfen nicht unser Land vergiften.“
Dekan Metzger: „Christen wählen keine Nazis“
Eine Gefährdung der Demokratie sieht auch Ibrahim Yetkin, stellvertretender Vorsitzender des Migrationsbeirats. „Beim Kampf gegen Rechtsextremismus dürfen wir nicht wegschauen und die Verantwortung auf die nächste Generation verschieben“, sagte er mit Blick auf ausländerfeindliche Angriffe in den 1990er Jahren. Im Gegensatz zu damals seien Rassisten von heute mit Anzug und Krawatte intellektuell verkleidet.
„Christentum geht mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit überhaupt nicht zusammen“, stellte der protestantische Dekan Paul Metzger klar, der im Namen aller christlichen Kirchen sprach. „Wer an Gott glaubt, wählt keine Nazis. Alle Menschen sind gleichwertig. Das Gebot der Nächstenliebe gilt nicht nur dann, wenn jemand so ist wie Du“, so seine deutlichen Worte.
Nachdrücklich kritisierte auch Stein das Treffen von Rechtsextremen, Unternehmern sowie Mitgliedern der AfD und Werteunion in Potsdam, bei dem es um „Deportation von Leuten geht, die schon seit Jahrzehnten hier leben“. Die AfD versuche nun, das Treffen kleinzureden. Die Partei habe aber schon lange bei vielen Veranstaltungen ihre Denke offenbart. „Das sind Wölfe im Schafspelz“, so Steins Einschätzung.
Die bürgerliche Maske der AfD sei bei dem Treffen in Potsdam gefallen, sagte auch Niels Tekampe vom Stadtjugendring. Schon seit zehn Jahren greife die Partei Jugendverbände an, die Werkstätten der Demokratie seien und Selbstbestimmung der Jugendlichen förderten.
Eulen-Ludwigshafen: Der Sport muss laut werden
Deutlich Stellung bezog auch Lisa Heßler, Geschäftsführerin des Handball-Zweitligisten Eulen Ludwigshafen. Der Sport mache zwar keine Politik, müsse aber laut werden, um für Werte wie respektvolles Miteinander einzustehen. „Rechtsaußen ist eine Position, die nur im Handball cool ist, sonst aber keinesfalls.“
Zudem ließen die Ludwigshafener Bundes- und Landtagsabgeordneten der SPD, CDU und Grünen eine gemeinsame Erklärung verlesen. „Rechtsextremismus ist ein Teil des Problems und nie ein Teil der Lösung“, lautete eine Kernaussage.
Zum Ende der Kundgebung appellierte Stein an alle Demokraten, sich auch in Zukunft sichtbar einzubringen. Bei einer 62-jährigen Oggersheimerin, die mit einem Mann mit Migrationshintergrund verheiratet ist und zum ersten Mal auf einer Demonstration war, verhallten seine Worte nicht. „Dann bin ich das nächste Mal wieder dabei“, sagte die gebürtige Mannheimerin.
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