Altbundeskanzler - CDU hat das Vorschlagsrecht zur Straßenbenennung / Absprache mit den anderen Fraktionen

Neuer Anlauf für Kohl-Ehrung

Von 
Thomas Schrott
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Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl starb im Juni 2017 im Alter von 87 Jahren. © dpa

Ludwigshafen. Am massiven Protest von Anwohnern war 2017 eine Umbenennung der Rhein- in Helmut-Kohl-Allee gescheitert. Hinter den Kulissen hat nun ein zweiter Anlauf begonnen, den langjährigen Regierungschef in seiner Heimatstadt zu ehren. Gemäß einer Absprache mit allen Fraktionen im Stadtrat wird die CDU dazu einen Vorschlag unterbreiten. „Wir stimmen uns dabei mit der Witwe des Altbundeskanzlers Maike Kohl-Richter ab“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Uebel auf „MM“-Nachfrage. Auch wenn er keinen Zeitdruck sieht, hat die Union einen Wunsch. „Es wäre schön, wenn eine Entscheidung über eine entsprechende Würdigung bis zu Kohls 90. Geburtstag am 3. April 2020 möglich wäre.“

Über konkrete Vorschläge, ob eine Straße, ein Platz oder ein anderer öffentlicher Ort nach dem Ludwigshafener Ehrenbürger benannt werden soll, machte Uebel keine Angaben. „Es gibt viele Ideen. Wir besprechen das hochsensible Thema zunächst intern. Dabei wird der 50-köpfige Parteiausschuss einbezogen, dem auch Vertreter der Ortsverbände angehören. Danach stimmen wir uns mit den Fraktionsvorsitzenden ab und informieren die Öffentlichkeit “, erläuterte er das weitere Vorgehen. „Wir wollen einen breiten Konsens. Es soll besser laufen als vor zwei Jahren, um den Kanzler der deutschen Einheit zu ehren.“

Die SPD unterstützt den Vorstoß, weil sich Kohl auch um die europäische Einigung verdient gemacht habe. Ansonsten gab sich Fraktionschef David Guthier zurückhaltend: „Die Rahmenbedingungen müssen passen. Der Ball liegt bei der CDU.“

Anregungen von FWG und FDP

Auch die FWG signalisierte Zustimmung. „Kohl ist eine bedeutende Person der Geschichte und ein großer Sohn der Stadt“, so Rainer Metz. Er könne eine Umbenennung des Ludwigsplatzes vorstellen – angesichts der engen Verbindungen des Altkanzlers zur IHK und zum Europahotel. Hinzu komme, dass der Konvoi mit dem Sarg auf dem Weg zur Beisetzung in Speyer den Ludwigsplatz umrundet habe. Thomas Schell (FDP) hält es indes für wenig sinnvoll, wenn bei einer Straßenumbenennung viele Bürger ihre Anschriften ändern müssten. Deshalb halten die Liberalen auch eine Umwidmung eines Pfalzbau-Saals für passend.

„Es gibt schon genügend Vorschläge. Wir haben nicht die Aufgabe, weitere Anregungen zu geben“, meinte Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat). Zugleich erinnerte er daran, dass das Verhältnis des Altkanzlers zu seiner Heimatstadt nicht unbelastet gewesen sei. So habe Kohl wegen der SPD-Oberbürgermeister im Rathaus mehrfach verhindert, dass sich die Staatsgäste beim Besuch in Oggersheim in das Goldene Buch der Stadt eintragen durften.

„Uns geht es bei einer Straßenbenennung nicht darum, Verdienste seiner Kanzlerschaft zu würdigen. Man kann damit auch der politischen Gegner gedenken“, meinte Gerald Unger (Linke). Die Partei erneuerte den Vorschlag von 2017, die Rheinpromenade am Ostasien-Institut umzubenennen. Eine weitgehende Einigkeit bei der Ehrung würde die Fraktion Grüne und Piraten begrüßen, so Raik Dreher. Die Fraktion könne sich vorstellen, einen Teil der Frankenthaler Straße umzuwidmen, die Oggersheim mit der Innenstadt verbinde und am Pesch-Haus vorbeiführt. „Damit ergeben sich drei biografische Anknüpfungspunkte zu Helmut Kohl.“

Überstürzte Entscheidung

Gegen die Umbenennung der Rhein- in Helmut-Kohl-Allee hatten sich 2017 Anwohner, ortsansässige Firmen und mehrere Fraktionen gewehrt. Die vielfach als überstürzt eingestufte Entscheidung des Stadtrats war auch Thema im Oberbürgermeisterwahlkampf und wurde später zurückgenommen.

Eine Straßenbenennung nach Helmut Kohl ist bislang in vielen anderen Städten wie Berlin und Lübeck gescheitert. In Speyer hingegen wurde ihm ein unbebauter Weg vom Rheinufer zur Innenstadt gewidmet. Ähnliches erfolgte in Mainz, wo er von 1969 bis 1976 als Ministerpräsident wirkte. Dort entschied man sich für einen Helmut-Kohl-Platz – als Teil des bisherigen Ernst-Ludwig-Platzes hinter dem Schloss.

Verbindungen zur Heimatstadt



  • Helmut Kohl (1930- 2017) wuchs in der Hohenzollernstraße auf, besuchte die Rupprecht- und Oberrealschule in der Leuschnerstraße (heute: Max-Planck-Gymnasium).
  • 1947 gründete er die Junge Union in Ludwigshafen.
  • Nach dem Geschichts- und Jurastudium in Heidelberg arbeitete er für den Landesverband der Chemischen Industrie mit Sitz am Ludwigsplatz.
  • 1959 übernahm Kohl den Vorsitz des CDU-Kreisverbandes. Ab 1960 führte er neun Jahre lang die Stadtratsfraktion bis zur Wahl als Ministerpräsident in Mainz.
  • Als Bundeskanzler (1982 -1998) empfing er in seinem Oggersheimer Privathaus zahlreiche Staatsgäste, unter anderem George Bush, Michail Gorbatschow und Bill Clinton.
  • Kohl wurde 2005 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Er starb 2017 und wurde in Speyer beigesetzt.

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