Ludwigshafen. Eine ganz große Sause wird es nicht gegeben haben am Montagabend, und doch war so etwas wie Erleichterung zu spüren im Ludwigshafener Stadtrat. In 90-minütiger digitaler Sondersitzung in Abwesenheit von SPD-Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (persönliche Gründe) hat das Gremium ohne Gegenstimme beschlossen, dass eine Brücke aus Spannbeton die abgerissene Pilzhochstraße ersetzen soll. Diese war wegen Einsturzgefahr im vergangenen Jahr auf einer Länge von 520 Metern abgerissen worden. Etwas über 90 Millionen Euro soll das neue Bauwerk kosten, das nach jetzigen Planungen ab Mitte 2023 entstehen und bis Ende des Jahres 2025 fertig sein soll. Vorher müssen Planungen präzisiert, Ausschreibungen gemacht und die Vergabe organisiert werden.
Der Stadtrat gab der Spannbetonvariante damit den Vorzug vor einer Stahlkonstruktion, die etwa 30 Millionen Euro teurer geworden wäre. Die Verwaltung hatte zuvor in einer ausführlichen Darlegung begründet, was aus ihrer Sicht neben der Wirtschaftlichkeit weitere Vorteile der Spannbetonbrücke sind: Planungssicherheit gehört dazu, weil die Verfügbarkeit gewisser Baustoffe – wie zum Beispiel Stahl – derzeit starken Schwankungen unterliegt. Beide Varianten seien deutlich leiser als die ursprüngliche Pilzhochstraße. Zudem seien sie durch Schutzplanken sicherer für die Autofahrer. Beide Varianten berücksichtigten einen Radweg unterhalb der Brücke; die Planung dafür kann problemlos integriert werden.
Die Argumente sind in den vergangenen 14 Tagen auch im Dialog mit Bürgern untermauert worden. Die Beteiligung war allerdings überschaubar. Nur etwa 20 Personen interessierten sich für dieses Angebot der Stadtverwaltung.
Landauer Wissing soll helfen
In einführenden Worten hatte Ludwigshafens Baudezernent Alexander Thewalt einmal mehr die Bedeutung der Ost-West-Trasse für den Verkehr in der Metropolregion deutlich gemacht. Ludwigshafen übernehme hier auch eine Verantwortung für die Region, so Thewalt. Diesen Ball nahmen die Fraktionen in ihren Stellungnahmen auf. Sie erhoffen sich Gehör bei Bund und Land. Diese sollen sich sehr stark an der Finanzierung des gesamten Hochstraßenkomplexes engagieren. Ein Vorteil soll dabei sein, dass der designierte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) heißt. Der gebürtige Landauer war zuletzt als Verkehrsminister in Rheinland-Pfalz mit der Materie befasst. Gerade weil er die Situation kennt, erhofft man sich mehr konkrete Finanzierungszusagen und kürzere Planungszeiten, als das zuletzt unter den CSU-Verkehrsministern Günther Ramsauer oder Andreas Scheuer der Fall war.
Die Ludwigshafener Verwaltung hat ihre Hausaufgaben einstweilen gemacht. Dessen ist sich beispielsweise SPD-Fraktionssprecher David Guthier sicher. „Eine überzeugende Planung“, sagte er. Aber: „Alleine wird es Ludwigshafen nicht schaffen“, appellierte er in Richtung Mainz und Berlin.
„Wie werden Sie nun an Bund und Land herantreten?“, fragte auch CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Uebel. Sein Fraktionsfreund Christoph Heller, Ortsvorsteher in der Südlichen Innenstadt, wo die Hochstraße verläuft, jubilierte fast. „Selten eine Beschlussvorlage gesehen, der man so leicht zustimmen kann“, sagte er.
Was passiert unter der Brücke?
Aus lokaler Sicht war es nahezu allen Fraktionen wichtig zu betonen, dass der Bereich unter der neuen Brücke nicht wieder zum Angstraum und zur Schmuddelecke wird. Gut ausgeleuchtet solle der Bereich sein. Raik Dreher (Grünes Forum und Piraten) sprach die Begrünung an und Rainer Metz (FWG) die Aufenthaltsqualität. Für die Linke bemängelte Bernhard Wadle-Rohe, dass die Stadt nicht intensiver versucht habe, die Verantwortung für die Hochstraßen insgesamt nicht wieder an den Bund abzugeben. Trotzdem stimmte seine Fraktion „unter den gegebenen Sachzwängen“ zu. Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat) brannte noch der Lärmschutz auf den Nägeln. Zwar geht die Verwaltung davon aus, dass durch eine Tempo-Reduktion von 70 auf 50 Richtung Bad Dürkheim drei Dezibel weniger anfallen und der optimierte Asphalt etwas bewirkt, aber so ganz ist das Thema Lärmschutzwand noch nicht gegessen. Auch David Guthier hatte zuvor darauf hingewiesen. Man wolle das an das beschleunigte Verfahren anhängen, so Alexander Thewalt in Übereinstimmung mit Projektleiter Björn Berlenbach.
Voraussetzung für die Einhaltung des Zeitplans beim Neubau der Hochstraße Süd ist ein Stückweit auch die weitere Performance der Hochstraße Nord. Alexander Thewalt hofft, dass sie sich bis 2025 „noch tapfer schlägt“. Mit Gewissheit könne das aber niemand sagen. Was man mit Gewissheit sagen kann, ist jedoch, dass die Sitzung am Montag die letzte offizielle des Stadtrats im alten Sitzungssaal war, wenngleich kaum jemand wirklich vor Ort war.
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