Das Wichtigste in Kürze
- Die Eberthalle in Ludwigshafen wird 60 Jahre alt. - Sie war jahrelang ein Magnet für Rock- und Schlagerfans. - Eine Sanierung scheitert immer wieder an fehlenden finanziellen Mitteln.
Ludwigshafen. Ob Joe Cocker, Elton John, Tina Turner, Pink Floyd, Harry Belafonte, Supertramp oder Status Quo – lange ist die Reihe der weltweit gefragten Stars, die in die Eberthalle kommen. Heute undenkbar, aber vor Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit: Rock- und Popfans aus der Rhein-Neckar-Region müssen nach Ludwigshafen kommen, um ihre Idole zu hören. Viele erfolgreiche Künstler bauen die Eberthalle ihre Tourneepläne ein. Beispiel: Die Beach Boys, eine der damals populärsten Bands, geben dort 1966 ihr einziges Deutschland-Konzert.
Die Eberthalle wird auch aus einem anderen Grund bundesweit bekannt. 65 Fernsehsendungen werden dort übertragen, darunter dreimal „Wetten, dass?“. Allein 21 Mal präsentiert Dieter Thomas Heck die Schlagerparade „Die Goldene Stimmgabel“. Auch sportliche Großereignisse wie Judo-WM und Ringer-EM sowie Verbrauchermessen wie die Hauswirtschaftliche Fachausstellung (Hafa) mit bis zu 175 000 Besuchern sorgen für Glanzlichter in der Eberthalle, die vor 60 Jahren eingeweiht worden ist.
Die größte Mehrzweckhalle der Region
Denn sie ist zu jener Zeit die größte Mehrzweckhalle in der Region und hat dadurch ein Alleinstellungsmerkmal. Dies ändert sich, als die Rhein-Neckar-Halle in Eppelheim errichtet wird und vor allem nach dem Bau der doppelt so großen Maimarkthalle und der noch viel größeren SAP-Arena in Mannheim.
Die Eberthalle
Die 4000 Quadratmeter große Eberthalle (Kosten: 4,25 Millionen Euro) wurde am 12. März 1965 eröffnet . Sie bietet unbestuhlt 4000 Plätze , bei Sportveranstaltungen sind es 2300 Plätze. Das Freigelände ist 26.000 Quadratmeter groß und hat 700 kostenlose Parkplätze .
Wegen seiner besonderen Dachform eines hyperbolischen Paraboloids steht das Gebäude unter Denkmalschutz . Entworfen wurde die Halle vom Wiener Architekten Roland Rainer .
Für den Betrieb der Eberthalle erhält die städtische Lukom einen Zuschuss. Mit einem Gesamtbetrag von 2,2 Millionen Euro wird auch der Betrieb des Theaters im Pfalzbau und zweier Gemeinschaftshäuser unterstützt. ott
Auch architektonisch setzt die Eberthalle mit dem segelförmigen Dach ein Ausrufezeichen. Beim Bau erfordert dies eine ungewöhnliche Präzisionsarbeit. 20 Stunden lang ohne Unterbrechung sind 60 Handwerker gefordert, um einen 50 Meter langen und acht Meter breiten Wandträger in einem Guss zu erstellen, wie Werner Appel in seinem kenntnisreichen Buch über die Geschichte der Halle berichtet. Der Aufwand hat sich gelohnt. Schon der Auftakt nach Eröffnung des Mehrzweckgebäudes übertrifft alle Erwartungen. 70 000 Besucher wollen den neuntägigen „Blütenzauber“ erleben. Bunt ist auch die weitere Programm-Palette mit Wiener Eisrevue, Wahlkampfveranstaltungen von Ludwig Erhard und Willy Brandt sowie Beat-Abenden, bei denen mehrere Gruppen spielen. Dabei treten auch die populären Lords auf, „ohne dem Mobiliar allzu viel zu schaden“, so Appel.
Konzert von The Who endet mit Tumulten
Ganz anders sieht es im April 1967 am Ende des The Who-Konzerts aus, bei dem Bandmitglieder – wie üblich – ihre Instrumente zertrümmern. Über 100 kaputte Stühle, mehrere eingeschlagene Fensterscheiben und ein Dutzend Verletzte sind die Bilanz nach handfesten Rangeleien zwischen Besuchern und Ordnern. Die Hallenbetreiber sind geschockt. Folge: Erst 1971 werden wieder Rockkonzerte erlaubt. Danach geht es indes Schlag auf Schlag. Sehr häufig buchen auch internationale Künstler die Halle. Zehnmal gastiert Jethro Tull, danach folgen auf der Rangliste der am häufigsten auftretenden Interpreten Udo Lindenberg (acht), Status Quo und Judas Priest (je 7) sowie Barclay James Harvest und Black Sabbath (je 6).
Rege genutzt wird die Halle auch für TV-Übertragungen von Samstagabend-Shows. Für Quotenhits sorgen Moderatoren wie Peter Frankenfeld („Vergißmeinnicht“), Wim Thoelke („Drei mal Neun“), Blacky Fuchsberger („Spiel mit mir“), Hans-Joachim Kulenkampff („Einer wird gewinnen“) und Thomas Gottschalk („Wetten, dass?“). Schlagersendungen aus der Halle kommen hinzu. Unübertroffener Stammgast ist Dieter Thomas Heck mit „Goldener Stimmgabel“ und „Super-Hitparade“. „Geht nicht – gibt es nicht“, lobt er den Pragmatismus der „extrem kompetenten“ Hallenmitarbeiter in einem Dankesschreiben an die städtische Betreibergesellschaft Lukom. Zudem schwärmt er von der „exzellenten Erbsensuppe“ der Kantinenwirtin, die es „in keiner anderen deutschen Halle so gut gab“. Auch wenn die TV-Sender aus technischen Gründen mit der Halle nicht sehr glücklich sind, hält Heck Ludwigshafen 43 Jahre lang bis 2007 die Treue.
Überlegungen für Umbau und Neubau
Spätestens ab Mitte der 1990er Jahre wird jedoch unübersehbar, dass die Halle wegen der baulichen Konstruktion den Anforderungen vieler Veranstalter nicht mehr genügt. Die Bühne ist nur 5,80 Meter hoch, vielfach werden aber Aufbauten von neun bis elf Meter gefordert. Zudem ist die Traglast der Decken zu gering für immer umfangreichere Lichttechnik und Lautsprecheranlagen. Jahrelang diskutieren Rathausspitze und Kommunalpolitiker über die Zukunft der Halle. Pläne für eine Erweiterung um ein Kongresszentrum werden unter Einbeziehung des Architekten Roland Rainer konkretisiert, aber letztlich verworfen. Gleiches gilt für Neubau-Überlegungen. Immer stärker machen sich die Finanzprobleme der Chemiestadt bemerkbar.
Eine Episode bleibt deshalb auch die Eigeninszenierung der Verdi-Oper „Aida“ durch den Pfalzbau-Intendanten Rudolf Christian Sauser mit sechs Aufführungen in der Halle. Auch für eine Generalsanierung, deren Kosten vor Jahren auf 28 Millionen Euro beziffert werden, fehlt das Geld. Einige wichtige Verbesserungen sind dennoch möglich. Eine ausziehbare Tribüne und ein neuer Sportboden werden eingebaut. Der letzte große internationale Wettbewerb mit der Sportkegler-WM datiert indes von 1994, danach dominieren in sportlicher Hinsicht die Handballer in der Halle. Seit Jahren trägt der Bundesliga-Zweitligist Eulen Ludwigshafen seine Heimspiele aus. Regelmäßig werden Ausstellungen wie die Sprungbrett-Messe und die Creativmesse präsentiert. „Hinzu kommen Künstler in die Eberthalle, die keine Riesensäle mögen“, berichtet Lukom-Geschäftsführer Christoph Keimes über die aktuelle Vermarktung.
Große Pläne sind aber nicht möglich. Das hochdefizitäre Ludwigshafen lebt seit Jahrzehnten auf Pump, hart sind die Auflagen der Aufsichtsbehörde. Nach glanzvollen Jahrzehnten ist die Eberthalle sichtbar in die Jahre gekommen, etwa bei Foyers und technischer Ausstattung. Das 60-jährige Bestehen wird nicht gefeiert. Vielmehr werde an das Jubiläum in einem größeren Zusammenhang erinnert, sagt Keimes. Vor 100 Jahren war der angrenzende Ebertpark angelegt worden, dies wird mit einer Veranstaltungsreihe im Mai gewürdigt. Die 24 Hektar große Grünfläche wurde 1925 mit der Süddeutschen Gartenbauausstellung eröffnet. Wenig später entstand eine Mehrzweckhalle für bis zu 12 000 Zuschauer, die im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört wurde.
„Müssen Halle funktionsfähig halten“
Mit der Belegung der Eberthalle von derzeit 100 Tagen im Jahr ist die Lukom nach eigenen Angaben ganz zufrieden – zumal Einbußen in der Corona-Zeit wettgemacht wurden. Baulich kann aber nur das Notwendigste gemacht werden. „Wir müssen die Halle funktionsfähig halten und hoffen, dass die Stadt später einmal mehr Geld hat“, hatte der damalige Lukom-Aufsichtsratschef Wolfgang van Vliet 2015 die Perspektive erläutert. Daran hat sich nichts geändert. Bislang ist nicht absehbar, wann Ludwigshafen besser bei Kasse ist. Im Gegenteil: Angesichts der großen Hochstraßen-Projekte samt Rathaus-Neubau mit dreistelligen Millionenbeträgen ist dies noch unwahrscheinlicher geworden.
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