Ludwigshafen. Die Privatsphäre umfasst eine Fläche von 3,5 mal 3,5 Meter, ist abgetrennt durch dünne weiße Plastikplanen. Wer größer ist als zwei Meter und durch die Gänge läuft, hat freien Blick auf das Stückchen Wohn- und Schlafraum, in dem gerade mal Betten, Spinde und ein Stuhl Platz finden. „Es ist halt eine Notunterkunft“, sagt Marcel Dinies von der Ludwigshafener Ausländerbehörde. „Aber wir versuchen, die Menschen hier schnell wie möglich wieder heraus und in Wohnungen zu bekommen“, sagt er. Aber aktuell hat die Stadt Ludwigshafen keine Chance.
Angesichts des neuen Flüchtlingsstroms muss sie neue Notunterkünfte einrichten. In der Wattstraße hat die Belegung der 130 Plätze begonnen. Nun werden in der Wollstraße auf dem Gelände des Wirtschaftsbetriebs (WBL) zwei Industriehallen in Stahlbauweise für die Unterbringung Geflüchteter hergerichtet.
Ludwigshafen steht "mit dem Rücken zur Wand"
Einen Arbeitseinsatz haben die Mitarbeiter mit Unterstützung von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk bereits hinter sich. Bauzäune stecken schon mal die Struktur der einzelnen Wohnkabinen ab. An der Seite hat die Stadt zwei Mustereinheiten hergerichtet, wie die Wohn- und Schlafbereiche aussehen werden: Zwei Doppelstockbetten, vier Spinde und ein Stuhl füllen die Kabinen, in denen Alleinreisende unterkommen werden.
Zwei große Betten und ein Kinderbett bekommen Familien zugewiesen - denn auch diese werden vermutlich in der Halle unterkommen. „Wir versuchen, Familien woanders unterzubringen, aber wenn wir Platznot haben, dann können wir gar nicht anders“, sagt Sozialdezernentin Beate Steeg beim Rundgang durch die Halle.
Zahlen und Fakten
- Allein für das erste Halbjahr 2023 rechnet die Stadt Ludwigshafen mit der Zuweisung von 450 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Darin sind noch nicht Ortskräfte aus Afghanistan und Geflüchtete aus der Ukraine enthalten.
- Seit Jahresbeginn wurden der Stadt Ludwigshafen bereits mehr als 220 Menschen zugewiesen.
- Im vergangenen Jahr wurden der Stadt rund 1160 Personen zugewiesen, davon 836 aus der Ukraine.
„Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Steeg. Weil der Wohnraum in Ludwigshafen noch knapper ist als ohnehin, muss die Stadt nun die großen Hallen in Betrieb nehmen. Schließlich erwartet die Stadt nur im ersten Halbjahr 450 Asylbewerber. Und da sind die Ortskräfte aus Afghanistan und ukrainischen Kriegsflüchtlinge noch gar nicht eingerechnet.
So viele Menschen sollen untergebracht werden
Gebaut wurden die beiden Hallen in den Jahren 2015 und 2016, als der erste Flüchtlingsstrom in Deutschland ankam. Weil zwischendurch das Abkommen mit der Türkei griff und der Strom abebbte, wurden die Hallen nicht benötigt und als Lagerfläche für Wirtschaftsbetrieb und Feuerwehr genutzt. Jetzt werden sie doch für den ursprünglichen Nutzen hergerichtet.
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Insgesamt will die Stadt 240 Menschen pro Halle unterbringen, also insgesamt 480 an der Wollstraße. Es würden Menschen aus allen Krisengebieten untergebracht, also sowohl aus Syrien und Afghanistan als auch aus der Ukraine. „Das wird ein sehr großer Standort hier werden“, weiß Steeg durchaus um die Brisanz. Die Menschen würden aber nicht alleine gelassen.
Es werde ein Betreiber geben, der sich um die Versorgung der Menschen kümmert, und auch einen Sicherheitsdienst. Die Ausschreibung laufe. Wahrscheinlich werde eine Organisation aus der Blaulichtfamilie den Zuschlag erhalten. Die Unterkunft in der Wattstraße betreibt das Rote Kreuz.
Spiel- und Freizeitmöglichkeiten sollen kommen
Steeg rechnet mit der ersten Belegung im April, spätestens aber im Mai. Derzeit sei es nicht geplant, Sporthallen zu belegen. Da die beiden Hallen eigens für die Unterbringung von Flüchtlingen geplant worden seien, gebe es auch deutlich mehr Duschen und Toiletten als in Sporthallen oder Bürgerhäusern, sagt Marcel Dinies. Damit niemand einen Lagerkoller bekommt, will sich die Stadt um Spiel- und Freizeitmöglichkeiten kümmern. Auch werden Integrationskurse angeboten. Das sei im Gegensatz zur ersten Flüchtlingskrise deutlich besser organisiert, so Dinies: „Jeder, der einen Integrationskurs besuchen will, bekommt einen Zugang dazu.“
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