Ludwigshafen. Es ist etwas Natürliches und gehört zum Leben dazu wie das Atmen - und doch ist das Thema Menstruation in der Gesellschaft oft immer noch ein Tabuthema. Vor allem Männer hören gerne weg. Nicht so Alpcan Kurt, Sozialreferatsleiter beim AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen (HWG). Der 27-jährige Student der Wirtschaftstinformatik redet nicht nur wie selbstverständlich über das Thema, er setzt sich an seiner Hochschule auch dafür ein.
Dazu hat Kurt mit seinem Team ein Projekt an der Hochschule auf die Beine gestellt, dass nun umgesetzt worden ist: Seit Mittwoch hängen in den Damentoiletten im Erdgeschoss am Standort in der Ernst-Boehe-Straße kostenfreie Tampon- und Bindenspender. Im Laufe des Monats wird auch der Campus in der Maxstraße mit einem Spender ausgestattet, verrät Kurt im Gespräch mit dieser Redaktion.
Mit dem Projekt sei eine Art „Pionierarbeit“ geleistet worden, sagt Kurt. „Deutschlandweit dürften wir noch recht früh am Start sein“, glaubt er. Das sollte aber auch nur nebensächlich sein, denn Kurt geht es um mehr. Er will mit dem Projekt „die Würde der Menschen in Schutz nehmen“, wie er erklärt.
„Für mehr Chancengleichheit!“
„Wir freuen uns, dass sie jetzt in den Damentoiletten hängen“, sagt Luise Gründer von der Hochschulseelsorge, die Kurt und das AStA-Sozialreferat bei dem Projekt ebenso wie das Studierendenwerk Vorderpfalz von der Idee bis zur Umsetzung unterstützt hat. Auch beim Hochschulpräsidium stieß das Vorhaben auf positive Resonanz, die Gespräche führten rasch zu einem erfolgreichen Ende, berichtet Kurt.
Für die nötige Ausstattung holte sich das AStA-Soziareferat ein externes Unternehmen ins Boot. Das Start-up MyLily sorgt für die Spender und die dazugehörigen Tampons und Binden. „Zusammen für mehr Chancengleichheit!“, heißt es auf der Homepage. Dabei geht es dem Unternehmen nicht nur um kostenlose Tampons und Binden, um die „Periodenarmut“, wie es das Unternehmen nennt, zu bekämpfen, sondern auch darum, „die Menstruation als etwas Beschämendes zu enttabuisieren“.
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Auch die Studentinnen Daria, Lea und Isra sind von der Idee der frei zugänglichen Tampons und Binden überzeugt. „Die Periode wird als ,eklig’ bezeichnet, sie ist aber normal“, sagt Isra. Auch der Kostenfaktor wird von den drei Frauen angesprochen. Manche könnten es sich nicht leisten. „Laut einer britischen Studie liegen die Kosten für sämtliche Periodenprodukte pro Person bei circa 500 Euro im Jahr und bei rund 20 500 Euro im gesamten Leben“, heißt es dazu auf der Homepage von MyLily. Eigentlich müsste jede öffentliche Toilette einem Spender ausgestattet werden, findet Daria: „In einer perfekten Welt wäre es schön, wenn es so etwas überall geben würde.“
Zwar ist die Welt noch weit weg davon, perfekt zu sein. Aber Kurt und das AStA-Sozialreferat haben zumindest die Ludwigshafener Hochschule zu einem besseren Ort gemacht. Kurt sei das Projekt ein „großes Anliegen“. Auch wenn ihm es nach eigener Aussage „einige graue Haare mehr“ beschert habe. Ein halbes Jahr habe es von der Idee bis zur Umsetzung gedauert. Zwischendurch habe er viele Gespräche mit seiner Partnerin geführt, die ihn bei dem Unterfangen stets unterstützt habe. Dabei habe er sehr viel über das Thema Menstruation gelernt, betont Kurt.
Zunächst beginne nun die Pilotphase des Projekts. Ganz kostenlos ist das natürlich nicht. Von der Projektförderung des Studierendenwerks der Hochschule wurden die zunächst drei vorhanden Spender im Gesamtwert von 750 Euro übernommen. Das AStA-Sozialreferat kommt für die Bezahlung der Tampons und Binden auf. Für das erste Jahr wurden Kosten in Höhe von rund 600 Euro veranschlagt. „Ein angemessener Preis“, so Kurt, der hervorhebt, dass die Kooperationspartnerin von MyLily bei den Kosten „weit entgegengekommen“ sei.
Auch Ostasieninstitut und Weincampus sollen ausgestattet werden
Nach einem Jahr soll das Projekt ausgewertet werden, um mit konkreten Kennzahlen den Bestand an Tampons und Binden anpassen zu können. Danach möchte Kurt das Projekt in der Hochschule möglichst ausweiten, sodass auch das Ostasieninstitut in der Rheinpromenade und der Weincampus in Neustadt mit den Spendern und dazugehörigen Hygieneprodukten ausgestattet werden.
Für Kurt ist das Ganze eine Selbstverständlichkeit: „Menschen haben Hunger und Durst - und sie bluten“, sagt er. Dafür könnten die Menstruierenden nichts. Weder sollten sie sich dafür schämen noch für Periodenprodukte Geld bezahlen. Damit liegt er auf einer Linie mit der Kooperationspartnerin MyLily: „Bluten sollte weder ein Luxus sein noch Scham bedeuten.“
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