Geschichte - Erster Bürgermeister Friedrich Krafft verhindert vor 120 Jahren die Rodung des Stadtparks

Im letzten Moment vor der Axt gerettet

Von 
Rolf Sperber
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Viele Spaziergänger genießen die Idylle auf der Parkinsel. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Kaum zu glauben: Der prächtige Stadtpark, heute die „Grüne Lunge“ auf der Parkinsel, wäre vor 120 Jahren beinahe für immer verschwunden. Einer der letzten Beschlüsse des Gemeinderats des selbstständigen Dorfes Mundenheim sah vor, das gemeindeeigene „Mundenheimer Wäldchen“ vor der Eingemeindung am 1. Dezember 1899 in die benachbarte Großstadt zu roden. Doch da wurde der Erste Ludwigshafener Bürgermeister Friedrich Krafft (1857-1936) rebellisch: Durch energische Verhandlungen konnte er verhindern, dass die „grüne Wildnis“ am Rhein der Säge und Axt zum Opfer fiel, obwohl die Königliche Forstbehörde bereits ihre Zustimmung gegeben hatte.

Stattdessen machten sich die damaligen Stadtväter daran, der noch „gesichtslosen“ Stadt „ohne jegliche landschaftliche Reize wie ein Gebirge“ (so 1903 die Stadt in ihrem „Jubiläumsbuch“) zwischen dem neugeschaffenen Luitpoldhafen (1898) und dem Rhein den ersten „Stadtpark“ zu bescheren. Erleichtert wurde dieses ehrgeizige Vorhaben durch die Verpflichtung von Carl Brehm als erstem Stadtgärtner 1898. Er rodete ab 1900 den ungepflegten Wildwuchs aus Weiß- und Schwarzdorn unter mächtigen, uralten Eichen und Ulmen und schuf bis zum April 1901 „ein unschätzbares Kleinod“ – so die damalige Lokalpresse.

Zehn Kilometer langes Wegenetz

Mit dieser kam Brehm auch der Polizei entgegen, die in dem wildwuchernden Gestrüpp als „Schlupfwinkel allerlei lichtscheuer Elemente“ immer wieder auf „Verbrecherjagd“ gehen musste. Brehm ließ in dem rund 100 Morgen großen Areal (heute 28 Hektar) fünf Kilometer lange Wege (heute zehn Kilometer lang) anlegen, fünf Pavillons aus Holz bauen und legte einen Spielplatz an. Der Verschönerungsverein Ludwigshafens zog mit: Er stiftete 45 hölzerne und zehn eiserne Ruhebänke und half kräftig einen beliebten Erholungsort für die damals rund 70 000 Ludwigshafener zu schaffen.

Die Freiflächen zwischen dem Luitpoldhafen mit seiner baulich interessanten „Pegeluhr“, der mittlerweile teils zugeschütteten „Kammerschleuse“ und dem Rhein wurden als „Parkinsel“ mit den Jahren zu einer der gefragtesten Wohngegenden der Stadt. Entlang des Hafens wurden zwar Industrie, Handel und Gewerbe angesiedelt – doch in die Grünanlagen zogen mit dem Park-Tennisclub, dem TFC 1861 Ludwigshafen und dem Kanuclub auch drei renommierte Sportvereine ein. Im Oktober 1903 wurde im Stadtpark vom „Verein für Fraueninteressen“ mit einem Volksfest der Grundstein für das spätere „Parkfest“ gelegt, das 1904 zunächst auf der Parkinsel stattfand, ehe es in den Ebertpark verlegt wurde.

Ab 1931 konnte man auf dem am Rheinufer vor Anker liegenden Dampfer „Siegfried“ sogar Hotelgäste bewirten und mit Blick auf den Strom tafeln – in den 1960er-Jahren wurde diese gastronomische Einrichtung aufgegeben. Mittlerweile ist der Stadtpark als Schauplatz des „Festivals des deutschen Films“ weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannt – und mit ihm die mächtigen Baumveteranen, die an die Zeit um 1900 erinnern.

Freier Autor Humanistisches Gymnasium Ludwigshafen Volontariat bei der "Rheinpfalz" Vier Jahre lang dpa - zuletzt Landesdienst-Leiter lrs Freier Mitarbeiter: dpa, MM, Abendpost/Nachtausgabe, BILD, Süddeutscher Rundfunk, Allgemeine Zeitung Mainz, Wormser Zeitung, Rhein-Neckar-Zeitung, Redaktionsleiter im TV-Pilotprojekt Ludwigshafen/Vorderpfalz, Regionale TV-Sender "Tele-Pfalz" und "Pfalz-aktuell" (Moderator)

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