Ludwigshafen. Das waren noch Zeiten. Auf der großen Cola-Getränketafel ist mit Kreide der Liter Bier mit 1,10 Mark aufgelistet, für ein Viertel Weißwein werden 65 Pfennig verlangt. Ein Stück weiter hängt eine handgeschriebene Speisekarte, auf der ein Paar Bratwürste mit Kraut und Brot mit 1,80 Mark angeboten werden, für ein Rumpsteak mit Brot sind zwei Mark fällig. Willkommen in der "Schwarzen Katz", dem einstigen Friesenheimer Traditionslokal, das nach 106 Jahren Familienbetrieb 1970 endgültig den Zapfhahn zudrehte. Seit vier Jahren ist es jedoch wieder geöffnet - jedoch nur vier Tage lang zur Kerwe.
"Das Haus wurde 1864 von meinen Vorfahren hier in der Bauernwiesenstraße gebaut, also noch ein Jahr, bevor die BASF entstanden ist", berichtet Thomas Enzenauer, ein Nachkomme der Familie. Schon von Beginn an sei es eine Gaststätte gewesen, teilt der 56-Jährige mit, zunächst nur im vorderen Teil des Anwesens. Später wurde es erweitert, Küche und Toiletten kamen dazu.
"Aber 1970 haben meine Großeltern aus Altersgründen die stets gut frequentierte Wirtschaft aus Altersgründen geschlossen", blickt Enzenauer zurück. Auch weil in der Familie niemand Interesse am Gastronomiegewerbe hatte, ergänzt der Friesenheimer, der in der BASF in der Abteilung Finanzen beschäftigt ist. "Allerdings haben meine Großeltern noch bis in die 1980er Jahre die Schwarze Katz als kleine Pension weiterbetrieben."
Vor einigen Jahren keimte jedoch bei den Enzenauers die Idee auf, das Traditionslokal wiederzubeleben. "Wir wollten eine Party-Location schaffen für Familienfeiern oder Partys mit Freunden", erzählt der 56-Jährige. Dazu wurde vor allem der vordere, ältere Raum neu gestaltet. Zunächst mit Holzbrettern an den Wänden und neuen Massivholz-Bodendielen, die mit Speziallack gestrichen wurden. "Von meinen Reisen habe ich dann alle möglichen Utensilien aus vielen Ländern für die Dekoration mitgebracht", berichtet Enzenauer.
So bedarf es nun von Alt-Friesenheim bis zur Route 66 in den USA nur weniger Schritte. Läuft man nach dem kleinen Eingangsflur nach rechts, so gelangt man in eine Wirtsstube der 1950er Jahre. Hier sieht man in Gedanken den seligen Opa Seppl mit Bierkrug und Zigarre mit Gleichgesinnten eine zünftige Partie Skat kloppen. Alte Tische und Stühle oder historische Wagenräder sowie ein Hobel als Deko-Elemente verstärken die Visionen.
Wie in einer Bar an der Route 66
Biegt der Besucher nach links ab, taucht er in die Atmosphäre einer US-Bar ein, und zwar am bekanntesten Highway Amerikas. Das vermitteln die Leuchtreklamen im Raum mit dem grellen Logo der Route 66. Hier sind beleuchtete Whisky-Flaschen an der Wand und auf einem Tisch schön in Szene gesetzt, eine Bar und ein Tisch mittels schwarz gestrichener Ölfässer originell gestaltet. Und in der Ecke thront der Motor einer Harley Davidson 1340er Evo. "Die Maschine hatte immerhin rund 200 000 Kilometer auf dem Buckel, bevor sie schlappmachte", grinst Thomas Enzenauer. "Gemeinsam mit meinen anderen Harley-Freunden sind wir zum 100. Firmenjubiläum nach Milwaukee gereist und mit den Harleys dann von Chicago die Route 66 bis Los Angeles gefahren", schwärmt er.
Ein anderes Jubiläum brachte Enzenauer auf den Gedanken, die "Schwarze Katz" wieder zu öffnen - jedenfalls für vier Tage. "Wir haben anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Hauses 2014 gedacht, dass wir den Bürgern während der Kerwe wieder die Pforten öffnen sollten", sagt der Friesenheimer. Der Reinerlös kommt einem sozialen Zweck zugute. In diesem Jahr gehen Geldbeträge an das Kinderhospiz Dudenhofen und die Ludwigshafener "Street Docs".
Programm
Die "Schwarze Katz" in der Bauernwiesenstraße 12 ist von Samstag bis Dienstag ab 18 Uhr geöffnet, Sonntag bereits ab 12 Uhr.
Es gibt viel Musik aus Pop und Rock für jeden Geschmack, aber keine Schlager.
Am Dienstagabend präsentiert eine Live-Band Hüttenmusik. Neben einer reichlichen Auswahl an Getränken gibt es auch deftige Pfälzer Kost. cmh
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