Ludwigshafen. Standortleiter Michael Heinz weiß sehr wohl um die emotionale Verbindung der Ludwigshafener Bürger zu ihrem längst abgerissenen Wahrzeichen, dem Friedrich-Engelhorn-Haus. War das Büro-Hochhaus aus den 1960er Jahren mit den leuchtenden Buchstaben BASF an der Spitze doch der Inbegriff für das Wirtschaftswunder der Chemiestadt, wenn nicht der ganzen Region. Auch deshalb hielt das Unternehmen lange an dem Plan eines repräsentativen Ersatzneubaus an der Stelle direkt neben Tor 2 fest. Sogar einen Architektenwettbewerb initiierte der Konzern. Dessen Ergebnisse wandern jetzt allerdings endgültig in den Papierkorb: Es wird definitiv kein neues Bürogebäude an dieser Stelle geben, sagte das BASF-Vorstandsmitglied in einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag. Die Pläne seien auch nicht in die Zukunft verschoben, sondern endgültig ad acta gelegt.
„Hybride“ Arbeitsplätze
Der Grund: Die Pandemie hat die Rahmenbedingungen des Arbeitsalltags durcheinandergewirbelt. Die BASF braucht kein zusätzliches Bürogebäude mehr, die Mitarbeiter haben sich in ihren „hybriden“ Arbeitsplätze eingerichtet – mit Präsenzzeiten im Büro und im Homeoffice. Corona zwinge dazu, bereits getroffene Entscheidungen nochmals zu überdenken und gegebenenfalls auch zu revidieren, so Heinz.
Stattdessen investiert der Konzern an anderen Stellen in seinen größten Verbundstandort. Das neueste Projekt: Die BASF bekommt ein integriertes Gesundheitszentrum. Dieses soll nicht nur die beiden Rettungswachen Nord und Süd sowie die BASF-Ambulanz ersetzen, sondern mit seinem umfassenden medizinischen Angebot zusätzlich auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Gebaut wird der Gebäudekomplex für einen zweistelligen Millionenbetrag auf dem Parkplatz zwischen Tor 5 und Tor 11, der unter anderem derzeit noch eine Lkw-Logistik-Stellfläche beherbergt. Dieser soll im Lauf der kommenden zwei Jahre auf ein Gelände an der BASF-Kläranlage umziehen.
Die Werksambulanz sei nach 77 Jahren an ihre Grenzen gekommen, erläuterte Stefan Lang, Ärztlicher Direktor der BASF. Deshalb werde es nun durch ein modernes „Medical Center“ ersetzt. Dieses soll ab Mitte 2023 als erstes integriertes Gesundheitszentrum eines Industrieunternehmens in Deutschland die werkseigene Arbeitsmedizin mit der Kassenmedizin von außerhalb verbinden, betonte Lang.
Die genauen Details des medizinischen Angebots würden gerade verhandelt, wollte der Professor noch nicht allzu konkret werden. Neben der gewohnt umfangreichen Arbeitsmedizin für alle Werksangehörigen werde es in diesem Ärztehaus außerhalb des Werksgeländes jedoch ein zusätzliches Facharzt-Angebot geben. Außerdem werde die Physiotherapie-Praxis des BASF-bekannten Anbieters Theraneos einziehen, dazu die Betriebskrankenkasse Pronova BKK, ein Optiker, der auch Arbeitsschutzbrillen mit geschliffenen Gläsern anbietet, ein Sanitätshaus unter anderem für orthopädische Einlagen von Arbeitsschuhen und eine Apotheke.
Für letztere werde noch ein Interessent gesucht. Mit allen anderen Partnern sei man in fortgeschrittenen Verhandlungen. Rund 97 Prozent der 11 500 Quadratmeter großen Fläche seien schon vergeben. Vom Platzbedarf werde die unternehmenseigene Arbeitsmedizin etwa zwei Drittel, das öffentlich zugängliche weitere medizinische Angebot etwa ein Drittel des Platzes beanspruchen, erläuterte Lang.
Schnell am Einsatzort
Angeschlossen an das sechsstöckige Gebäude sei die neue zweigeschossige Rettungswache, von der aus die Teams genauso schnell an jedem Einsatzort im Werk sein könnten wie von den bisherigen Rettungswachen Nord und Süd aus. Die freiwerdenden Flächen dort würden von der Feuerwehr übernommen, sagte Werksleiter Uwe Liebelt.
Die medizinische Abteilung der BASF nimmt derzeit rund 70 000 Vorsorge-Untersuchungen bei ihren Mitarbeitern vor. Dazu kommen 33 000 Werksangehörige, die die Akutambulanz in Anspruch nehmen. Im Prinzip komme jeder Mitarbeiter mindestens einmal beim medizinischen Dienst vorbei.
Das Gesundheitszentrum ist Teil der Investitionen zur Sicherung des Standorts, zu dem sich die BASF erst im Mai ausdrücklich bekannt hatte. Vereinbarungsgemäß investiert das Unternehmen jährlich mindestens 1,5 Milliarden Euro in neue Anlagen, Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen. „Wir spielen in der Champions League. Da gibt es kein Ausruhen“, gab Werksleiter Uwe Liebelt die Richtung vor.
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