Was war das für eine Sensation damals. "Einziges Sondergastspiel. The Beach Boys in Ludwigshafen" kündigten Plakate an Litfaßsäulen und auf Werbeautomobilen an. Morgen vor 50 Jahren ging dieses spektakuläre Konzert in der ausverkauften Friedrich-Ebert-Halle über die Bühne. Zwei Auftritte absolverten die Jungs aus Kalifornien an diesem Tag: am späten Nachmittag und nochmals abends. Insgesamt 7000 Zuschauer erlebten das Spektakel. Die Beach Boys waren damals neben den Beatles die populärste Rockband der Welt, und noch heute im Seniorenalter gehen die "Strandjungs" auf Tour, vergangenes Jahr waren sie bei der "Night of the Proms" in der Mannheimer SAP Arena.
Brian Wilson fehlte
Es war der 27. Oktober 1966, ein Donnerstag, als die Beach Boys mit ihren größten Hits begeisterte. Dass sie in Ludwigshafen gastierten, war ein glücklicher Umstand: Die eigentlich vorgesehene Halle in Frankfurt war belegt. Fünf Konzerte absolvierten sie 1966 in Deutschland, neben München und Hamburg in der Chemiestadt.
Orkanartiger Jubel, als die "Boys" vom kalifornischen Pazifikstrand die Bühne der Eberthalle betraten. Allesamt bekleidet mit weißen Hosen und türkisfarbenen Hemden, ein Outfit, das man von den Covers ihrer Schallplatten kannte. Kleiner Wermutstropfen: Ihr Boss Brian Wilson war zu Hause geblieben, um im Studio weiter Songs zu kreieren. Dafür waren seine inzwischen verstorbenen Brüder Dennis (Schlagzeug) und Carl (Leadgitarre) sowie Cousin Mike Love (Sänger) und Schulfreund Al Jardine (Rhythmusgitarre) von der Partie. Brian Wilson wurde von Bruce Johnston ersetzt.
Von Anfang an heizten die Beach Boys mit ihrer Musik dem Publikum ordentlich ein. Bei Songs wie "Help me Rhonda", "Surfin' USA", "I get around" oder "Barbara Ann" hielt es kaum noch jemand auf den Sitzen, Jacken flogen durch die Luft. Die Besucher erlebten eine Premiere: Erstmals präsentierten die Beach Boys "Good Vibrations", ein kunstvolles Klanggebilde, das zu einem ihrer größten Erfolge avancierte.
"Ich war schon zuvor zum eingefleischten Beach-Boys-Fans geworden", berichtet Ernst-Josef Lorenz, der damals in Friesenheim wohnte. "Der Mann meiner Cousine Liane aus Kalifornien war in dieser Zeit bei der US Army und nach Frankfurt versetzt worden. Von Liane habe ich immer die neuesten Platten der Beach Boys bekommen. Die Musik bedeutete für mich Träume und Sehnsüchte von Pazifik, Sonne, Strand und Wellenreiten."
Hans-Peter Negele, der damals das Max-Planck-Gymnasium besuchte, lebt als Jurist in Freiburg und erzählt: "Wir waren damals fast ein Dutzend Schulfreunde, die das Konzert gratis erleben durfte, weil mein Vater Ordner war und der ein Auge zudrückte." Zu den Nutznießern zählte auch Rainer Lintz. "Die waren einfach Klasse. Ich hab den Abend noch in guter Erinnerung", sagt der Lehrer, der im Westerwald lebt.
"Eine total frisch klingende Musik mit herrlichen glasklare Stimmen und Harmonien, die den Beatles Einiges entgegensetzen konnte", urteilt Peter Kronhagel aus Böhl-Iggelheim, der mit Freunden in der Eberthalle war. "Auch meine damalige Freundin Gaby, 17 Jahre jung und später meine Ehefrau, war dabei", so der heute 70-Jährige. "Schon Tage vor dem Spektakel haben wir nur noch Platten der Beach Boys gehört."
Aus Speyer angereist kam damals Gene Oppermann. Er mogelte sich an dem Aufsichtspersonal vorbei zum Garderobenraum der Kalifornier. Dort bekam er nicht nur Autogramme der Beach Boys, sondern von Dennis Wilson sogar einen Zettel mit dessen Heimatadresse. 1978 besuchte Oppermann tatsächlich den Schlagzeuger im seinem Studio in Kalifornien. Und der "Mannheimer Morgen" resümierte in einem Artikel vom 29. Oktober 1966 hinsichtlich des Konzerts in der Eberthalle: "Eine Popgruppe mit überdurchschnittlicher Musikalität."
Eberthalle
- Die Eberthalle wurde am 12. März 1965 mit einer Frühjahrsblumenschau eröffnet.
- Die Ausstellungsfläche beträgt 3900 Quadratmeter, das Vorgelände 24 000 Quadratmeter. Die Baukosten betrugen 8,6 Millionen Mark.
- Die Halle bietet Sitzplätze für maximal 4300 Besucher. Sie wird von der Lukom betrieben.
- Erster Auftritt: am 8. Oktober 1965 The Kinks und The Lords. Häufige Gäste: Scorpions (1980, 1982, 1884, 1989), Nazareth (1978, 1980, 1985) und Motörhead (1981, 1982, 1986, 1995, 1996).
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