Kommunalwahl

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kandidiert für den Ludwigshafener Stadtrat

Es gibt bisher nur vier Mitglieder: Trotzdem konnte das Bündnis Sahra Wagenknecht in Ludwigshafen 20 Bewerberinnnen und Bewerber für ein Mandat gewinnen. Der Spitzenkandidat ist ein alter Bekannter

Von 
Thomas Schrott
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Sorgt mit ihrer neuen Partei für Unruhe: Sahra Wagenknecht. © Carsten Koall/dpa

Ludwigshafen. Erstmals tritt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in einer Großstadt der Metropolregion Rhein-Neckar bei der Kommunalwahl an - auch dank vieler Übertritte aus der Linkspartei. Zudem erstaunlich: Die Kandidatenliste in Ludwigshafen umfasst fünfmal mehr Parteilose als Mitglieder.

Prominente Vertreter der Linkspartei in Ludwigshafen wie der frühere Fraktionschef Liborio Ciccarello und der ehemalige Kreisvorsitzende Alexander Mohammad waren zur BSW gewechselt, beide führen die Liste an.

Liborio Ciccarello hat "Die Linke" in Ludwigshafen verlassen

Auch andere Kandidaten haben durchaus einen gewissen Bekanntheitsgrad. Dies gilt etwa für die Betriebsratsvorsitzende im Klinikum Ludwigshafen, Gordana Tatarovic, und den Mundartdichter Rudy Kupferschmitt.

Sitzen hier nach der Kommunalwahl am 7. Juni Vertreter des Bündnis Sahra Wagenknecht? Der Stadtrat in Ludwigshafen in der vergangenen Woche. © T. Schrott

Auch wenn das im Januar gegründete BSW bislang nur vier Mitglieder in Ludwigshafen hat, konnte es 20 Kandidatinnen und Kandidaten für die Stadtratswahl gewinnen, freut sich Ciccarello im Gespräch mit dieser Redaktion.

Wagenknecht-Anhänger kritisieren Bundespolitik der Linkspartei

„Das BSW will eine pragmatische Politik für die Mehrheit der Bürger machen, ohne Scheuklappen und etwas ideologiefreier als andere Parteien“, begründet der 52-jährige Spitzenkandidat im Gespräch mit dieser Redaktion seinen Übertritt von den Linken. Dieser Wechsel sei ihm nach 15-jähriger parteipolitischer Tätigkeit nicht leicht gefallen, denn er habe den Linken viel zu verdanken. Allerdings habe die Bundespartei etwa in puncto Migration und Gendern falsche Akzente und Prioritäten gesetzt und drohe nun in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Mit dem BSW könnten soziale Belange besser durchgesetzt werden, so die Hoffnung des psychologischen Psychotherapeuten.

Schwerpunkt sollen beim  BSW in Ludwigshafen soziale Themen sein

Die Linken-Fraktion verließ auch die bisherige Vize Petra Malik Die pensionierte Tierärztin belegt nun Platz vier der BSW-Liste, hinter Silas Walz, einem Gründungsmitglied in Ludwigshafen. „Unsere Bewerber entsprechen der Bevölkerungsstruktur in der Stadt“, sieht Spitzenkandidat Ciccarello eine gute Mischung.

Liborio Ciccarello aus Ludwigshafen tritt für das Bündnis Sahra Wagenknecht an. © Christoph Bluethner

Zuversichtlich zeigt er sich darüber, dass das BSW 250 Unterstützerunterschriften in Ludwigshafen sammeln wird, um für den Urnengang am 9. Juni zugelassen zu werden. Er kündigt einen „anderen Wahlkampf“ an. Das sei weniger eine Frage des Geldes, sondern auf die noch geringe Mitgliederzahl zurückzuführen. Thematisch will sich das BSW vor allem für soziale Themen einsetzen, etwa für eine Verbesserung der „besorgniserregenden Bildungssituation“ und den Ausbau von Kita-Plätzen.

BSW tritt in mehreren pfälzischen Gemeinden an 

Das BSW tritt nach Angaben des Europakandidaten David Schwarzendahl auch in Bad Dürkheim und in Lambrecht (Kreis Bad Dürkheim) sowie für den Bezirkstag der Pfalz an. Die Linkspartei in Ludwigshafen trifft die Abspaltung der Partei hart. Nach dem Austritt vieler prominenter Vertreter stelle sie keine Liste mehr für den Stadtratswahl auf, sagt Fraktionsgeschäftsführer Gerald Unger auf Nachfrage.

Im Ludwigshafener Stadtrat sind derzeit neun Fraktionen vertreten. Große Veränderungen gab es in den vergangenen Jahren immer wieder. Nach heftigen Querelen spaltete sich die Grünen-Fraktion, die einst die drittstärkste im Rat war. Erbitterte Streitigkeiten waren bei der AfD keine Seltenheit, nach Austritten verfügt die Fraktion nur noch über sechs statt acht Sitze.

Ehemaliger AfD-Stadtrat aus Ludwigshafen hört womöglich auf

Unterdessen schlossen sich drei Monate vor der Wahl die zweiköpfige Fraktion „Bürger für Ludwigshafen“ um den früheren AfD-Stadtrat Hans-Joachim Spieß und das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) um Einzelstadtrat Sevki Bilgin zusammen. Die BIG zählt zu einer Kleinpartei, deren Mitglieder vornehmlich Muslime sind. „Die Wahlprogramme auf kommunaler Ebene sind fast deckungsgleich“, begründet Spieß die Kooperation.

Der 64-Jährige hat kommunalpolitisch schon öfters von sich reden gemacht und eine ungewöhnliche politische Karriere hinter sich. Im Herbst 2021 verließ er mit seiner Lebenspartnerin Nela Drescher nach heftigem Streit die AfD.

Zunächst war der freigestellte Schwerbehindertenvertreter beim Jobcenter Mannheim aber dank seines einstigen Vorbilds Oskar Lafontaine bei den Linken engagiert. Für diese Partei kandidierte er 2016 sogar für den Landtag. Später wechselte er zur AfD, weil er sich dort eine „bürgernahe Politik erhofft hatte, was aber überhaupt nicht passiert ist“. Vielmehr sei die Ludwigshafener AfD personell überfordert gewesen.

Ob Spieß politisch aktiv bleibt, ließ er offen. Die Fraktion „Bürger für Ludwigshafen“ werde jedenfalls im Juni nicht mehr antreten. „Das können wir auch aus finanzieller Hinsicht nicht stemmen.“

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

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