Ludwigshafen. Die Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Ludwigshafen entwickelt sich am Mittwochabend zu einer Geduldsprobe. Vor dem Einsatz weigern sich einige Bewohnerinnen und Bewohner, das Evakuierungsgebiet rund um den Fundort in der Frankenthaler Straße in West zu verlassen. Teilweise spielen die Verweigerer sogar Katz und Maus mit den Einsatzkräften von Feuerwehr, THW und Kommunalem Vollzugsdienst. Nicht wie vorgesehen um 19.30 Uhr, sondern erst um 21.40 Uhr kann der Kampfmittelräumdienst mit der Entschärfung beginnen. Die Vollzugsmeldung erfolgt um 23.09. Uhr.
Beigeordnete ärgert sich über Uneinsichtige
Sozialdezernentin Beate Steeg, die den Abend über an der Einsatzzentrale ausharrt, hat für das Verhalten der Personen kein Verständnis. „Die große Verzögerung durch wenige Uneinsichtige ist sehr bedauerlich. Immerhin sind hier 250 Kräfte im Einsatz, während parallel der Stadtschutz weiterhin sichergestellt werden muss“, betont sie. Und auch für die anderen Menschen, die wie aufgefordert ihre Wohnungen bis 18 Uhr verlassen hatten, sei die lange Wartezeit sehr unerfreulich.
Wenige Stunden zuvor: 6800 Menschen müssen am Nachmittag im Evakuierungsgebiet, ein Radius von 500 Metern um den Fundort, aus ihren Wohnungen. Die Polizei sperrt das Areal weiträumig ab, vereinzelt kommt es zu Staus. Aufgrund der Lage der Bombe im Stadtteil West zwischen Frankenthaler- und Rohrlachstraße sind die Auswirkungen der Entschärfung am Mittwoch enorm. Denn im 500-Meter-Sicherheitsradius rund um den Fundort liegen Teile der Gleise der Deutschen Bahn, ein Abschnitt der Hochstraße Nord, das Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk und vier Gebäude der Technischen Werke Ludwigshafen (TWL).
Neuer Müllkessel heruntergefahren
Um 17 Uhr geht bei der Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH (GML) der Räumungsalarm, wie Geschäftsführer Thomas Grommes berichtet. Das Gelände verlassen müssen etwa 50 Anlagenbauer, die derzeit auf der Baustelle für den neuen Müllkessel 4 zugange sind, sowie sieben Mitarbeiter aus der Spätschicht. Während der Entschärfung ist das Kraftwerk menschenleer. Der neue Müllkessel 4, der sich derzeit in der Inbetriebnahme befindet, sei bereits am Morgen heruntergefahren worden. „Das ist in dieser Phase ärgerlich, aber die Bombenentschärfung hat natürlich Vorrang“, so Grommes.
Vertrauen in die Einsatzkräfte
In der Bestandsanlage ist Müllkessel 2 betroffen. Ab 14 Uhr wird die Abfallzufuhr unterbrochen, so dass der Verbrennungsrost leer ist. Mit Müllbrennern wird der Kessel aber auf Temperatur gehalten, damit er nach der Entschärfung direkt wieder in Betrieb gehen kann. „Personal ist dafür nicht erforderlich, wenn es ein Problem gibt, schalten die Brenner automatisch ab“, sagt der Geschäftsführer. Dass sein Kraftwerk wegen einer Bombe geräumt werden muss, hat er bislang noch nicht erlebt. Sorgen macht er sich aber nicht. „Ich habe großes Vertrauen in unsere Feuerwehr und den Kampfmittelräumdienst.“
Strom- und Wasserversorgung sichergestellt
Die Gebäude der TWL werden um 17.30 Uhr evakuiert. „Um diese Zeit sind längst nicht mehr alle der 400 Mitarbeiter am Standort da“, sagt eine Sprecherin. Die Turbinen werden abgestellt, auf die Strom und Wasserversorgung in der Stadt hat dies jedoch keine Auswirkungen. „Die ist zu jeder Zeit sichergestellt“, so die Sprecherin. Umziehen muss die Leitwarte, aus der die Netze überwacht werden. Aufregung herrscht bei den TWL am Mittwoch nicht, das Versorgungsunternehmen sei für solche Fälle vorbereitet.
Umleitungen und Ausfälle im Nah- und Regionalverkehr
Lahmgelegt sind am frühen Abend Teile des Nahverkehrsnetzes in Ludwigshafen. Die Buslinien 70, 71, 75 und 80 sind während der Entschärfung der Fliegerbombe vollständig eingestellt, ebenso die Stadtbahnlinie 10. Auch die Bahnen der Linie 4/4A können mehr als eine Stunde lang nicht auf ihrer regulären Strecke rollen. Im Regionalverkehr der Deutschen Bahn müssen nach Auskunft einer Sprecherin mehrere Züge aus Richtung Mainz in Oggersheim wenden, aus der Gegenrichtung in Mannheim. Ein Regionalexpress wird vollständig umgeleitet.
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