Bundestagswahl

AfD in der Stadt Ludwigshafen stärkste Kraft

In der Stadt Ludwigshafen hat die AfD bei der Bundestagswahl die meisten Zweitstimmen geholt. Bei den Erststimmen liegt jedoch der SPD-Kandidat vorn.

Von 
Thomas Schrott
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Betretene Gesichter bei der SPD und deren Kandidat Christian Schreider (2.v.l.). © Thomas Schrott

Ludwigshafen. Freude bei der AfD, betretene Mienen bei der SPD – dies sind die Reaktionen, nachdem ein Großteil der Stimmbezirke im Bundestagswahlkreis 206 Ludwigshafen /Frankenthal ausgezählt war.

Demnach müssen die Sozialdemokraten in der Vorderpfalz nicht nur herbe Verluste hinnehmen. Auch verlieren sie, wie sich in der Nacht zum Montag dann herausstellt, auch das Direktmandat, das der 51-jährige Jurist Christian Schreider (SPD) aus Ludwigshafen 2021 mit großem Vorsprung von 7,8 Prozentpunkten gewonnen hatte. Die meisten Erststimmen nämlich holt Sertac Bilgin von der CDU. Wie am Montagmorgen feststeht, zieht er dennoch nicht in den Bundestag ein, da wegen der Wahlrechtsreform die Anzahl der Sitze vom Zweitstimmenergebnis der Partei abhängig ist.

Es war ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen beim Kampf um das Direktmandat aus. In den 299 Stimmbezirken, holte Schreider 26,2 Prozent der Erststimmen nach Bilgin aus Dannstadt-Schauernheim mit 27,1 Prozent und Stefan Scheil (AfD) mit 23,1 Prozent, der vor allem in Frankenthal sehr gut abschnitt.

Die AfD hatte den gebürtigen Mannheimer Scheil wie 2021 ins Rennen geschickt. Der 62-jährige Historiker und Publizist hatte bei der letzten Bundestagswahl 11,6 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis erzielt, in der Stadt Ludwigshafen sogar 12,5 Prozent.

Für die CDU tritt erstmals Sertac Bilgin an

Für die CDU hatte indes erstmals der 43-jährige Pflegedienstleiter Bilgin für den Bundestag kandidiert. Sein Wahlmotto, das er großflächig plakatiert hatte, lautete „Spricht pfälzisch und fließend Klartext.“ „Angesichts der bundesweiten Großwetterlage müsste es für den CDU-Kandidaten reichen. Der Bundestrend hatte sich auch 2021 voll durchgeschlagen“, hatte sich Kreisvorsitzender Torbjörn Kartes kurz vor Schließung der Wahllokale zuversichtlich gezeigt, dass Bilgin das Direktmandat holen würde.

Die Partei habe einen außerordentlich engagierten Wahlkampf geführt, um den Bekanntheitsgrad des Kandidaten zu erhöhen. Denn in Ludwigshafen ist Bilgin kommunalpolitisch bislang wenig in Erscheinung getreten. Er leitete bis vor kurzem den von ihm gegründeten Pflegedienst MKS Medical, für den Wahlkampf hatte er diese Aufgabe abgegeben. Bilgin ist Migrationsbeauftragter der Landes-CDU und gehört dem Vorstand des deutsch-türkischen Unternehmensverbands Rheinland-Pfalz an.

Auch der Ludwigshafener SPD-Fraktionschef David Guthier gab zu Beginn der Wahlparty das Rennen noch nicht verloren. Schreider mit dem Schwerpunkt Verkehrspolitik habe eine gute Arbeit im Bundestag geleistet. Der Friesenheimer Jurist sei der profilierteste aller zehn Kandidaten gewesen.

AfD verdoppelt in Ludwigshafen ihren Stimmenanteil

Wohl auch deshalb schnitt der SPD-Kandidat deutlich besser ab als die Partei. Bei den Zweitstimmen fuhr die SPD drastische Einbußen ein. Die Sensation gelang dann der AfD, die bei den Zweitstimmen vor CDU und SPD auf Platz eins in der Stadt Ludwigshafen lag und im gesamten Wahlkreis mit 23,4 Prozent nach der CDU, aber vor der SPD auf Platz 2 landete. Die AfD konnte ihr Stimmenergebnis verdoppeln.

Wahlkreis Ludwigshafen/Frankenthal

Zum Wahlkreis Ludwigshafen/Frankenthal gehören auch folgende Gemeinden des Rhein-Pfalz-Kreises: Altrip, Neuhofen, Bobenheim-Roxheim, Böhl-Iggelheim, Limburgerhof, Mutterstadt, Dannstadt-Schauernheim, Hochdorf-Assenheim, Rödersheim-Gronau, Birkenheide, Fußgönheim, Maxdorf, Lambsheim, Beindersheim, Klein- und Großniedesheim, Heßheim, sowie Heuchelheim.

Im gesamten Wahlkreis waren 210.969 Menschen wahlberechtigt, davon rund 98.000 in Ludwigshafen.

In Ludwigshafen wurden bis zum Freitag fast 30.000 Briefwahlstimmen abgegeben.

Christian Schreider (SPD) holte 2021 das Direktmandat mit 32,8 Prozent der Erststimmen vor Torbjörn Kartes (CDU) mit 25,0 Prozent.

2017 hatte Kartes mit 32,1 Prozent knapp vor Doris Barnett (SPD) mit 31,9 Prozent gewonnen. ott

Als die ersten Ergebnisse aus dem Wahlkreis eintrudelten, erstaunten viele die hohen AfD-Werte. Während Schreider in Ludwigshafen leicht vorn lag, hatte Bilgin im Rhein-Pfalz-Kreis die Nase vorn. Deutlich abgeschlagen rangierte Grünen-Kandidat Armin Grau. Der frühere Ärztliche Direktor des Klinikums Ludwigshafen, der seit 1984 Mitglied bei den Grünen ist und in Altrip wohnt, wird dennoch voraussichtlich wieder in den Bundestag einziehen. Denn ist er auf der Landesliste der Partei mit Platz zwei gut abgesichert. In der abgelaufenen Legislaturperiode war der gebürtige Stuttgarter Mitglied im Gesundheits- und Umweltausschuss.

Insgesamt zehn Kandidaten hatten um das Direktmandat gekämpft – erstaunlicherweise allesamt Männer. Bereits zum vierten Mal war Hans Arndt für die FWG angetreten, 2021 hatte er fünf Prozent der Erststimmen erhalten. Timo Weber, früherer AfD-Vorsitzender in Ludwigshafen, kandidierte für das rechtskonservative Bündnis Deutschland. Nach einem heftigen Streit hatte er vor drei Jahren die AfD verlassen.

Stark umkämpft war der Wahlkreis 206 Ludwigshafen/Frankenthal, der bis 2021 unter der Wahlkreisnummer 207 firmierte, auch in der Vergangenheit. Immer wechselte das Direktmandat zwischen CDU und SPD. 2017 hatte der CDU-Kreisvorsitzende Torbjörn Kartes mit 32,2 Prozent der Stimmen mit leichtem Vorsprung vor Doris Barnett (SPD) gewonnen.

Jahrzehntelang war der Wahlkreis Ludwigshafen eine SPD-Hochburg. Erst der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) beendete 1990, im Jahr der deutschen Einheit, die seit 1949 andauernde sozialdemokratische Dominanz. 1994 holte er erneut das Direktmandat, während danach dreimal hintereinander die Oggersheimerin Doris Barnett (SPD) gewann. Während die SPD fast immer in der Chemiestadt die meisten Stimmen holte, dominierte in den Umlandgemeinden des Rhein-Pfalz-Kreises häufig die CDU. 2025 sieht das Bild ganz anders aus. Die AfD liegt in etlichen Wahlbezirken vorn.

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

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