Gartenstadt - Stadtteil feiert Jubiläum / 200 geladene Gäste im Volkshaus / Mannheimer schenken Baum

100 Jahre alt - und noch attraktiv

Von 
Christina Jost-Mallrich
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So sah der Eingang zum Roten Hof zu Beginn der 1920er Jahre aus: Noch heute gilt das Herzstück der "Heimstättensiedlung" als Wahrzeichen der Gartenstadt.

© Stadtarchiv

Alt-Oberbürgermeister Werner Ludwig wohnt hier, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Manfred Reimann ebenso und selbst Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl lebte, als er noch Ministerpräsident war, in diesem Stadtteil: Die Rede ist von der Gartenstadt, deren 100-jähriges Bestehen am Samstag mit einem Festabend im Volkshaus gefeiert wurde.

"Die Gartenstadt ist ein Stadtteil, in dem es sich gut leben lässt", sagte Oberbürgermeisterin Eva Lohse in ihrer Rede. "Sie verdankt ihre Entstehung der aus England stammenden ,Gartenstadt-Bewegung' der Jahrhundertwende - mit ihrem Wunsch nach einem gesunden, ausgeglichenen, grünen Wohnumfeld."

Anders als in den Straßenschluchten der Arbeiterbezirke hätten die Menschen dort versucht, die Vorteile des Stadt- mit denen des Landlebens zu verbinden. Und laut einer Umfrage sei die Gartenstadt immer noch attraktiv und deren Bewohner sehr zufrieden, so Lohse.

Das Gartenstadt-Modell wurde 1898 als Antwort auf die Industrialisierung und die schlechten Wohnverhältnisse in den Großstädten vom Briten Ebenezer Howard entworfen. 1909 gründete sich die "Baugenossenschaft Gartenstadt Ludwigshafen" und am 12. April 1914 erfolgte der Spatenstich für den Bau der ersten 26 Häuser an der Wachenheimer Straße. Ende 1914 zogen bereits die ersten Familien in die Häuschen mit Garten ein, die monatlich 26 oder 46 Mark Miete kosteten.

Dr. Stefan Mörz, Leiter des Stadtarchivs, erläuterte beim Festakt die Geschichte der Gartenstadt mit den Hochfeld-, Niederfeld- und Ernst-Reuter-Siedlungen und bezeichnete den Roten Hof als Wahrzeichen.

Dass es sich hier gut leben lässt, betonten sehr viele Festgäste, unter anderem die frühere rheinland-pfälzische Frauenministerin Jeanette Rott-Otte. Sie wohnt seit 1978 in der Gartenstadt und "fühlt sich hier sehr wohl". Der ehemalige Stadtrat Dieter Hille zog 1979 von Mundenheim in die Gartenstadt und wurde "sehr liebevoll aufgenommen", wie er berichtete.

"Ich stamme aus einer Ur-Niederfeldsiedler-Familie. Meine Großeltern haben 1938 zusammen mit vier weiteren Familien gebaut. Dann wurde gelost, wer welches Haus bekam", erzählte Daniela Sommer, die seit ihrer Geburt im Stadtteil wohnt. "1991 haben wir das Haus der Großeltern übernommen und ich fühle mich dort sehr wohl", ergänzte Ehemann und CDU-Stadtrat Ulrich Sommer.

Gratulant aus Österreich

Ortsvorsteher Klaus Schneider hört so etwas sicher sehr gerne. Er dankte beim Festabend nicht nur den Sponsoren, sondern auch den Mitgliedern des Fördervereins und allen anderen Beteiligten. Manfred Keller, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Gartenstädter Vereine, erinnerte daran, dass es schon seit 1987 eine Freundschaft mit den österreichischen Gemeinden Fügen und Fügenberg im Zillertal gibt. Josef Frankhauser, Bürgermeister aus Fügenberg, überbrachte deren Glückwünsche.

Mit einem besonderen Geschenk überraschte Heinz Egermann, Vorsitzender des Mannheimer Bürgervereins Gartenstadt: "Damit hier weitere 1000 Jahre Friede, Freiheit und Bürgersinn herrschen, pflanzen wir euch den Baum des Jahres, eine Traubeneiche, die bis zu 40 Meter hoch und bis zu 1000 Jahre alt werden kann."

Gartenstadt

1909: Gründung der Baugenossenschaft Gartenstadt Ludwigshafen.

12. April 1914: Erster Spatenstich an der Wachenheimer Straße.

Ab 1916 errichtete Unternehmer Dr. Friedrich Raschig die "Kriegerheimstätten".

1919/1920 Bau des Roten und Grünen Hofes.

1920 errichtete die Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Wohnungsbau die "Heimstättensiedlung".

1926 Bau einer Schule, 1930 Bau der katholischen Kirche St. Bonifaz und des St. Marienkrankenhauses.

Die Gartenstadt besteht heute aus dem Hochfeld, dem Niederfeld und der Ernst-Reuter-Siedlung. 16 838 Einwohner leben dort.

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