Lampertheim. Vor drei Jahren packte Malgorzata Kaziszyn die Sinnkrise. Bis dahin arbeitete sie als Projektleiterin in der Automobil-Industrie. „Irgendwann habe ich mich gefragt, wie entscheidend es wirklich ist, ob ein Chromteil am Stoßfänger einen Millimeter höher oder tiefer sitzt“, erzählt die heute 41-Jährige kopfschüttelnd. „Das bringt die Welt doch nicht weiter.“
Heute steht sie in ihrer Lampertheimer Backstube und schiebt ein Blech mit Mini-Cupcakes in den Ofen. Den Job als Wirtschaftsingenieurin hat sie an den Nagel gehängt und betreibt seit einem Dreivierteljahr eine vegane Konditorei in der Ernst-Ludwig-Straße.

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Mit Erfolg: Ihr Kundenstamm ist schnell gewachsen. Neben Privatleuten beliefert die Geschäftsfrau inzwischen beispielsweise Kongresse im Mannheimer Schloss und ein Lokal in Bensheim. Außerdem gibt sie zusammen mit Geschäftspartnerin Madeleine Blecher vegane Rezepte auf einem Blog weiter und veröffentlicht gemeinsam mit ihr im März ein Kochbuch.
Dass die in Polen geborene Wahl-Lampertheimerin auf vegane Köstlichkeiten setzt, ist kein Zufall. Der Zweifel am Fleisch als Lebensmittel begann bei ihr - wie bei vielen - schon als Jugendliche, nachdem sie eine Doku über Tiertransporte gesehen hatte. Vor sechs Jahren ernährte sie sich während der Fastenzeit versuchsweise rein vegan und blieb dabei. „Ich fühlte mich dadurch gesünder und fitter“, sagt die Lampertheimerin.
Essen - keine Glaubensfrage
Eine Glaubensfrage sollte veganes Essen allerdings nicht sein. „Stattdessen muss der Geschmack überzeugen“, glaubt die 41-Jährige. Zunächst sammelte Malgorzata Kaziszyn daher für sich Informationen und Rezepte im Internet. Dann experimentierte sie, wandelte traditionelle polnische Gerichte ihrer Mutter um. „Die vegane Variante ihres Gulaschs schmeckt zum Beispiel großartig“, schwärmt die Hobbyköchin.
Veganer Brotaufstrich selbst gemacht
Zum Frühstück muss es nicht unbedingt Süßes sein, meint Malgorzata Kaziszyn und empfiehlt einen Cashew-Brotaufstrich, der sich ganz leicht herstellen lässt. Einfach mal ausprobieren. . .
Zutaten:
- 150 g Cashews,
- 1/2 Zwiebel,
- 1 Handvoll glatte Petersilie,
- 1 EL Tomatenmark,
- 1 TL Sambal Oelek,
- 1 TL Senf,
- 1 EL Olivenöl,
- 1 TL Salz
- 1 EL Zitronensaft.
So wird’s gemacht:
- Die Cashews über Nacht in kaltem Wasser einweichen. Wenn es etwas schneller gehen soll, mit kochendem Wasser übergießen und 30 Minuten einweichen.
- Nüsse mit Tomatenmark, Sambal Oelek, Senf, Olivenöl, Salz und Zitronensaft in einem Mixer zu einer glatten Masse pürieren.
- Die Zwiebel schälen und fein hacken.
- Petersilie ebenfalls hacken, mit der Zwiebel zur Cashewmasse geben und gut vermengen - fertig.
Aber auch an internationalen Speisen versuchte sie sich - an Gebratenem Reis mit Teriyaki-Soße, an Shakshuka, Pasta Arrabiata oder Pierogi. Bald schon stellte sie Anleitungen zum Nachkochen gemeinsam mit Studienfreundin Madeleine Blecher auf einem neuen Blog zusammen. Auf blog.plantsfoodmind.com finden sich Frühstücksideen, Hauptgerichte und Süßes.
„Es kam schnell Resonanz, Interesse schien also da zu sein “, erzählt Malgorzata Kaziszyn lachend. Das beflügelte die beiden Frauen weiterzumachen. Malgorzata Kaziszyn kündigte ihren Job in der Auto-Branche, machte ein Online-Studium zur Veganen Ernährungsberaterin. Weil sie schon immer leidenschaftlich gerne backte, ließ sie sich als Quereinsteigerin zudem von der Handwerkskammer als Konditorin anerkennen. Dann wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete mit Freundin Madeleine Blecher die vegane Konditorei in der Ernst-Ludwig-Straße 61.
Ein Café mit Verkaufsraum gibt es dort allerdings nicht. Stattdessen im Hinterhaus eine reine Produktionsstätte, wo Torten, Kuchen oder Cupcakes von der Kundschaft abgeholt werden. „Die Leute kommen aus Mannheim, Heppenheim, Darmstadt, Worms - und natürlich aus Lampertheim“, freut sich Malgorzata Kaziszyn und wischt sich ihre Hände an einem Handtuch ab.
Als nächstes fertigt sie die Buttercreme für eine bestellte Geburtstagstorte. Weil Nachfragen auch über die Region hinaus kommen, überlegt die Start-up-Unternehmerin ihre veganen Produkte künftig auch zu verschicken. „Das geht mit Torten natürlich schlecht“, sagt sie schmunzelnd. „Wohl aber mit Cookies, Mandelgebäck, Zitronen- oder Schokokuchen.“ Die Ideen gehen ihr nicht aus. Und nach dem Gründerpreis des Kreises Bergstraße, den sie und ihre Geschäftspartnerin im Spätjahr bekommen haben, wollen sich die beiden Frauen nicht ausruhen.
Klassiker und Fernwehgerichte
Ein neues Projekt ist daher auch das Kochbuch, das Malgorzata Kaziszyn und Madeleine Blecher Ende März auf den Markt bringen wollen. „Heute lieber mal vegan“ soll es heißen. Die Foodbloggerinnen stellen darin ihre veganen Lieblingsrezepte vor: von köstlichen Kindheitserinnerungen über Klassiker bis hin zu Fernwehgerichten und Rezepten aus ihrer Konditorei.
Die letzten Absprachen mit dem Verlag laufen derzeit. „Uns ist es wichtig, auf verschiedene Weise zu zeigen, wie einfach veganes Kochen und Backen ist“, betont Malgorzata Kaziszyn. „Die Leute sollen Spaß dabei haben und etwas Leckeres auf die Teller bekommen.“ Das mache für sie selbst zumindest einfach viel mehr Sinn als die Diskussion über Chromteile an Auto-Stoßfängern.
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