Familie

Wenn Eltern suchtkrank sind

Alkohol und Drogen in der Familie beeinträchtigen auch den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Manche junge Menschen zerbrechen daran. Darauf weisen die Suchtexperten der Beratungsstelle Prisma hin

Von 
Stephen Wolf
Lesedauer: 
Junge Menschen sind überfordert, wenn Rauschgift den Alltag von Vater oder Mutter prägt.

Lampertheim. Mehr als drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Deutschland mit alkohol- oder drogenabhängigen Eltern auf. Davon geht die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen aus. Die Dunkelziffer sei noch viel höher.

Auch in der Region ist das ein Thema, wie Nikita Girard von Prisma in Lampertheim sagt. Die Sozialpädagogin bei der Suchtberatung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) erlebt es bei ihren Besuchen in der Schule immer wieder, dass junge Menschen auf sie zukommen und ihre Erfahrungen mit der Sucht im Elternhaus schildern. Dabei sei es ein Vorteil, dass für Prisma-Leute die Schweigepflicht gelte. „Wer suchtkranke Eltern hat, fürchtet sich in der Regel vor Ausgrenzung und geht mit dem Problem zurückhaltend um.“

Von der Sparkassenstiftung erhalten die Mitarbeiter der Awo-Suchtberatungsstelle Prisma eine Geldspritze von 800 Euro für das Projekt „Jetzt rede ich!“. © Berno Nix

Früh Verantwortung übernehmen

Sind Eltern einer Droge verfallen, geht es in manchen Familien um körperliche aber auch um psychische Gewalt. In den meisten Fällen sei Alkohol im Spiel. Das führe dazu, dass Väter oder Mütter oftmals nicht mehr wüssten, was sie den Kindern am Tag zuvor versprochen hatten. Dann falle das vereinbarte Spiel oder der geplante Ausflug plötzlich flach. „Kinder und Jugendliche leiden darunter, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden“, sagt Girard. Auf der anderen Seite müssten oftmals schon Mädchen oder Jungen große Verantwortung im Haushalt und bei der Erziehung von Geschwistern übernehmen. Auf diese Weise füllten sie die Lücken, die von suchtkranken Eltern hinterlassen werden. „Es ist wichtig, diese Kinder zu stärken und ihnen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind“, fügt sie hinzu. Deshalb gebe es bei Prisma das Beratungsangebot „Kind s/Sucht Familie“, das jungen Menschen Unterstützung bietet.

Kinder wollten nicht von den Eltern getrennt werden, daher benötigten sie Strategien im Umgang mit dem Problem. Dies, zumal die Kinder oftmals überfordert und selbst anfällig für seelische Probleme sind. Zwar gebe es Fälle, in denen Eltern zum Beratungsgespräch mitkommen. Öfter geschehe es aber, dass sich Väter oder Mütter zu einer eigenen Beratung anmelden, um ihre Sucht zu überwinden. Um auf das Thema hinzuweisen, laden der Kreis Bergstraße und die Awo für 1. März zum Aktionstag „Jetzt rede ich!“ ein. Dabei wird im Heppenheimer Saalbaukino unter anderem der Film „Zoey“ gezeigt. Im Zentrum des Streifens steht die 14 Jahre alte Zoey, die mit dem Rückfall ihres alkoholkranken Vaters zu kämpfen hat. Zoey muss Verantwortung für ihren Vater, ihren acht Jahre alten Bruder und sich selbst übernehmen.

Film und Diskussion

  • Aus Anlass der Aktionswoche für Kinder aus suchtbelastenden Familien findet am 1. März der Aktionstag „Jetzt rede ich!“ im Heppenheimer Saalbaukino statt. Für Vormittag sind Schulklassen eingeladen, die sich für den Film „Zoey“ mit Diskussion und Workshop anmelden können.
  • Für den Abend lädt die Awo Bergstraße alle Interessierten ins Kino ein. Es wird einen Fachvortrag und eine Diskussionsrunde geben. 

„Es wird die Möglichkeit geben, sich fachlich auszutauschen, im Kreis vorhandene Hilfsangebote kennenzulernen, neue Netzwerke zu knüpfen und bestehende aufzufrischen“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung. Wie Fachbereichsleiter Adrian Steier-Bertz betont, geht es bei diesem Aktionstag auch darum, die Stigmatisierung von Betroffenen zu thematisieren. Stigma und Diskriminierung führe dazu, dass Probleme verschwiegen werden, „was dann Lösungen für solche schwierigen Situationen verhindert“. Daher handle es sich um ein sensibles Thema. Der Aktionstag sei eine gute Gelegenheit, das Thema offen zu diskutieren. Die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz (CDU) wird das Grußwort sprechen.

Die Sparkassenstiftung Starkenburg unterstützt den Awo-Fachbereich Suchthilfe und Prävention dafür mit 800 Euro. „Wir wollen Flagge zeigen und als Stiftung nicht nur Kultur unterstützen“, sagt Stiftungsmanagerin Andrea Helm. Künftig wolle man den Blick stärker auf Senioren und Kinder richten. Das sei „richtig gut investiertes Geld“.

Redaktion

Mehr zum Thema

Thema des Tages Kinder vor Sucht schützen

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Aktionswoche Kinder vor Sucht schützen

Veröffentlicht
Mehr erfahren