Lampertheim. Hans Gierlich ist noch bis zum Ende des Monats der Wächter der Domkirche und die gute Seele des Gotteshauses. Dann geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Im Gottesdienst am 30. Juli, 10 Uhr, in der Domkirche wird Gierlich als Küster der Evangelischen Lukasgemeinde verabschiedet. Diese Andacht wird er natürlich nicht – wie die vergangenen 30 Jahre – als Küster vor- oder nachbereiten. Als er noch für die äußeren Voraussetzungen und die Begleitung eines Gottesdienstes in der Domkirche und der Veranstaltungen in der Notkirche sowie der geselligen Gemeinschaft verantwortlich war, blieb Hans Gierlich oftmals im Hintergrund.
Seit 1993 in Lampertheim
„Im Mai dieses Jahres hatte ich das 30-jährige Berufsjubiläum als Küster bei der Lukasgemeinde Lampertheim“, erzählt Gierlich im Gespräch mit dem „Südhessen Morgen“. „Am Anfang meines Arbeitsverhältnisses bin ich zwischen meinem ehemaligen Wohnsitz im Odenwald und der neuen Arbeitsstätte gependelt. Im August 1993 bin ich dann mit meiner Familie nach Lampertheim gezogen“, erinnert er sich. Dass er damals von der Gemeinde ausgewählt wurde und den Arbeitsvertrag erhielt, war auch seinem Beruf als Handwerker zu verdanken. Denn ein Küster sollte handwerklich geschickt sein. „Ich bin auch Hausmeister, ich betreue die Domkirche, die Notkirche und die Kindertagesstätte Am Graben. Ich sorge für die Sauberkeit und Pflege sowie für die Funktionstüchtigkeit der Einrichtungen und Anlagen“, erklärt der scheidende Küster.
Er ist in Hermannstadt, einer Stadt in Siebenbürgen, in der Mitte Rumäniens, geboren. Eine Brieffreundschaft mit einem deutschen Christen aus dem Odenwaldkreis gab ihm die Möglichkeit zum Austausch, auch wenn die Briefe kontrolliert wurden. Der Odenwälder Kirchenvorstand kam im Januar 1990 nach Hermannstadt, um den Menschen mit Sachspenden zu helfen. Hans Gierlich und sein Bruder Hermann wurden in die Bundesrepublik eingeladen. Von der Besuchsreise kam Hans Gierlich nicht mehr in die Heimatstadt zurück, er holte später seine Familie nach.
„Wir haben überall die beste Unterstützung erhalten“, freut sich Gierlich noch heute. In einem Anzeigeblatt entdeckte er das Inserat der Lukasgemeinde, die Ausschreibung für die Hausmeisterstelle inklusive Dienstwohnung. Die stattliche Domkirche imponierte ihm gleich.
Blick auch für die kleinen Dinge
Hans Gierlich hat in den 30 Dienstjahren viele Pfarrerinnen und Pfarrer der Lukasgemeinde miterlebt. Pfarrerin Sabine Sauerwein, die Vorsitzende des Kirchenvorstands, schätzt vor allem seine große Umsicht und seinen Blick für die kleinen Dinge, die für einen schönen Gottesdienst wichtig sind, angefangen vom Blumenschmuck bis hin zur Gestaltung des Abendmahls. Sie bringt die Wehmut vieler Gemeindemitglieder zum Ausdruck.
Außerdem war Hans Gierlich auch ein Gründungsmitglied des Vereins Nachbarschaft der Siebenbürger Sachsen in Lampertheim und Umgebung, dessen Erster Vorsitzender er ist. „Wir haben uns in den Räumen der Lukasgemeinde 2008 gegründet. Viele Lampertheimer werden uns von der Kerwe her kennen, wenn wir die Gäste mit typischen Spezialitäten verwöhnen“, erklärt Gierlich. Als Hausmeister und Küster kam viel Arbeit auf ihn zu. Vom Schneeschippen im Winter bis zum Rasenmähen im Sommer. Auch auf Baustellen und bei Umbauten half er mit. „Gar nicht so ohne waren das Schlagen des Weihnachtsbaums im Wald, das Wuchten durch die Kirchentür und das Aufstellen und Schmücken im Altarraum“, erzählt er. Nach einigen Jahren fiel zumindest das mühevolle Baumfällen weg.
Auf den Einzug der neuen Bronzeglocken und den Glockenkorso schaut Gierlich zwar gerne zurück, aber bei seiner Tätigkeit stürzte er schwer und zog sich einen komplizierten Fersenbeinbruch zu. „Das war schlimm für mich, denn ich wollte der Gemeinde viel helfen“, erklärt der Küster. Aber auch über lustige Begebenheiten kann Gierlich berichten. Wie die Ausflüge mit den Gemeindeengeln. „Im nächsten Jahr arbeiten wir schon 30 Jahre zusammen und helfen, wo wir können“, sagt Gierlich. Spaß hat ihm auch die Turmbesteigung mit den jungen Konfirmanden gemacht. Übrigens bleibt Hans Gierlich der Spargelstadt erhalten, und mit den Gemeindeengeln möchte er weiterhin arbeiten.
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