Ried und Viernheim. Am Donnerstag um 10.15 Uhr sollen auch in Südhessen Sirenen heulen und Warn-Apps die Mobiltelefone vibrieren lassen. Beim ersten landesweiten Warntag in Hessen geht es darum, Menschen für Notlagen zu sensibilisieren. Auch testen die Behörden, ob sämtliche Sirenen funktionieren.
Nachdem zahlreiche Sirenen nach Ende des Kalten Kriegs in den vergangenen Jahren von den Dächern entfernt wurden, gibt es heute eine Rückbesinnung. Dazu beigetragen haben extreme Wetterereignisse, aber auch die zunehmend unsichere politische Weltlage. Das zeigt sich auch in Südhessen.
Die Palette kritischer Situationen ist deutlich größer geworden
So arbeitet etwa die Stadt Lampertheim daran, bestehende Lücken im System auszugleichen, wie Erster Stadtrat Marius Schmidt sagt. „Wir haben sechs Sirenen in der Stadt, zuletzt kam eine neue in Hüttenfeld dazu.“ Es gebe außerdem eine mobile Warnanlage, also eine Sirene, die mit einem Wagen durch Straßen gefahren werden kann. Wichtig sei, dass man die Bürger auch jenseits digitaler Kanäle über kritische Situationen informieren kann. Daher will die Stadt in den kommenden Jahren insgesamt 13 stationäre und zwei mobile Sirenen installieren.
Gewarnt wird auf verschiedenen Kanälen
- Laut Innenministerium haben 85 Prozent der mehr als 400 Kommunen in Hessen Sirenen in Betrieb. Zusammen mit den Gemeinden, die bereits eine finanzielle Förderung beantragt haben, steige die Quote auf über 95 Prozent. Neben Sirenen werden an diesem Donnerstag im Land auch weiteren Warnmöglichkeiten wie etwa „hessenWARN“ und das vom Bund eingeführte „Cell-Broadcast“ für Handys getestet.
- Der Probealarm wird um 10.15 Uhr ausgelöst, um 10.50 Uhr soll die Entwarnung folgen - beide Signale sollen bei Sirenen jeweils eine Minute andauern. Ein einminütiger auf- und abschwellenden Heulton soll die Bevölkerung warnen und veranlassen, sich mit Radio, Fernsehen, Internet oder Warn-Apps wie „hessenWARN“ genauer zu informieren. Ein einminütiger durchgängiger Dauerton bedeutet Entwarnung. Ein ebenfalls einminütiger Dauerton , aber zweimal unterbrochen, alarmiert die Feuerwehr.
- Experten mahnen, keinesfalls die 110 für die Polizei oder die 112 für Feuerwehr und Rettungsdienste anzurufen, die Leitungen müssen frei bleiben für Notfälle. wol
Wie Schmidt, ergänzt, hat sich die Palette der möglicherweise kritischen Situationen in den vergangenen Jahren deutlich vergrößert: „Egal, ob Hochwasser, Unwetter, Stromausfall oder eine Bedrohung der Sicherheit von innen oder außen, wir arbeiten seit geraumer Zeit an Lösungen für verschiedene Szenarien“, fügt Schmidt hinzu. Daher arbeite die Stadt auch daran, drohenden Gefahren konkret zu begegnen. Schmidt, der Ordnungsdezernent in Lampertheim ist, nennt als Beispiel die Nutzung von Anti-Terror-Sperren, die auch beim abgesagten Fasnachtsumzug vergangene Woche eingesetzt worden wären. Solche Betonelemente werden genutzt, um Veranstaltungen vor Anschlägen mit Fahrzeugen zu schützen. Die Stadt setze sich dafür ein, dass sich die Kommunen im Kreis Bergstraße mit solchen Sperren gegenseitig aushelfen, eben um Feste zu schützen. Auch Gefahren durch mögliche Hackerangriffe oder drohende Stromausfälle habe die Stadt im Blick und organisiere eine entsprechende Abwehr.
Viernheim setzt auf den „Weckeffekt“ der Sirenen
Um im Ernstfall die Menschen zuverlässig und rechtzeitig warnen zu können, will auch die Stadt Viernheim wieder ein eigenes flächendeckendes Sirenennetz installieren. Das hatte das Stadtparlament 2022 entschieden. Wie in Lampertheim, so sieht man auch in Viernheim den Vorteil eines solchen Systems vor allem darin, dass auch Menschen erreicht werden können, die keine digitalen Medien nutzen. Während Warn-Apps und mobile Nachrichten einen wichtigen Beitrag leisten, böten Sirenen den entscheidenden „Weckeffekt“, der Personen erreiche, die entweder keinen Zugang zu digitalen Medien haben oder schlafen, bekräftigt Rathauschef Matthias Baaß (SPD). Nach einer umfassenden Planung und der Zusage von Fördermitteln vom Land in Höhe von 65.000 Euro habe man im vergangenen Jahr eine Firma mit dem Aufbau des Sirenennetzes beauftragt. Bis Ende des Jahres sollen bis zu vierzehn Sirenen in der Stadt installiert werden: „Die aktuelle Planung umfasst sowohl Dachinstallationen als auch die Errichtung von Mast-Systemen, um eine flächendeckende Alarmierung sicherzustellen.“ Ziel sei es, dass Viernheim spätestens 2026 erstmals mit allen neuen Sirenen an einem Warntag teilnehmen kann. Die Kosten belaufen sich auf etwa 300.000 Euro, heißt es.
Moderne Sirenen funktionieren in der Regel digital und werden oftmals nicht auf Dächern, sondern an Masten montiert. Auch in Bürstadt ist der Alarm am Donnerstag zu hören, wie Stadtbrandinspektor Sebastian Kaiser auf Anfrage bestätigt. Dort seien die Sirenen bereits auf digitale Technik umgerüstet: „Wir gehören zu den ersten Kommunen in Hessen, die das erledigt haben“, sagt Kaiser. In Biblis wird das Warnsystem ebenfalls digital aufgerüstet, wie Bürgermeister Volker Scheib (parteilos) sagt. Aktuell gebe es in der Gemeinde insgesamt sieben funktionstüchtige Sirenen. „Da Biblis wächst, müssen wir prüfen, ob die Reichweite der Anlage noch ausreicht“, sagt der Rathauschef. Dazu biete sich der landesweite Warntag an diesem Donnerstag gut an. „Wir haben im Vorfeld übrigens auch zugewanderte und geflüchtete Menschen über den Warntag informiert“, sagt Scheib. Damit wolle man vermeiden, dass etwa Geflüchtete aus Kriegsgebieten mit Bestürzung reagieren.
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