Fastnacht

"Till vom HCV" ist längst eine Ikone der Hofheimer Fastnacht

"Ich habe schnell gemerkt, dass mir das liegt", sagt Markus Scholl, der in der Hofheimer Fastnacht als "Till" der Gesellschaft den Narrenspiegel vorhält. Dabei trifft er oft ins Schwarze, aber nie unter die Gürtellinie

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Markus Scholl sorgt als „Till vom HCV“ für den ernsten Ton. © fh

Hofheim. Als „Till vom HCV“ nimmt Markus Scholl zweifellos eine Ausnahmestellung beim Hofheimer Carnevalverein (HCV), der Howwemer Fastnacht ein. Es ist beeindruckend, mit welcher Genialität und Qualität Markus Scholl diese Figur ausfüllt, die kaum zu überbieten ist. Seit 1995 und damit seit fast drei Jahrzehnten hält der gebürtige Hofheimer und Wahl-Rheinländer als „Till vom HCV“ all den Großen unserer Zeit den Spiegel vor, legt den Finger in die Wunden und gilt längst als Ikone der HCV-Narrenschau.

Dieses Mal hatte der Garant für das Wort im ernsten Ton nahezu drei Jahre Zeit, Themen zu sammeln, politisch und kritisch wie immer alles auf den Punkt zu bringen, ohne dabei unter die Gürtellinie zu zielen, ordinär oder gar verletzend zu sein. Diese einmalige Narrenfreiheit und Gabe sind es gleichermaßen, die den „Till vom HCV“ so einzigartig machen. Er ist zweifelsohne ein Alleinstellungsmerkmal der Howwemer Fastnacht. Um diesen Beitrag beneiden viele den stetig wachsenden Verein.

Der Lohn für die Bemühungen im Vorfeld sind stehende Ovationen eines begeisterten Publikums, wenn sich der „Till vom HCV“ verabschiedet und zum überdimensionierten Weinglas greift. Doch wie schafft es Markus Scholl, Jahr für Jahr dieses Pensum, dieses hohe Level zu erreichen, zu bestätigen, gar zu steigern? Ein nahezu 20 Minuten in Reimform gehaltener freier Vortrag – oftmals unterbrochen von Beifallsbekundungen des Publikums. Im Gespräch mit dieser Redaktion plaudert der längst in Münstermaifeld in der Nähe von Koblenz heimisch gewordene 50-Jährige ein wenig aus dem Nähkästchen.

Über die Eltern kam Markus Scholl schon als kleines Kind zur Fastnacht, ist ebenso wie Mutter Rosemarie, längst Trägerin des HCV-Ehrenordens, der sich bezeichnenderweise „närrischer Till“ nennt. Der verstorbene Vater Otto war Gründungsmitglied des HCV.

Schon als Kind geprägt

Von Kindesbeinen an wurde er ebenso wie sein Bruder Alexander, amtierender Sitzungspräsident, Hit-Sänger und Geschäftsführer, von und durch die Fastnacht geprägt. Der Name Scholl prägt den HCV mit. Nach verschiedenen Jugendbütten folgte 1994 als Kanzler das erste Protokoll. „Ich habe gemerkt, dass mir das liegt“, so Markus Scholl, der sich selbst als politisch interessierten Mensch beschreibt. 1995 verkörperte er erstmals den Till – damals noch in einem ausgeliehenen Narrenkostüm. Reichlich Zuspruch gab es von keinem geringeren als HCV-Ikone Peter C. Hinz.

Allgemeine gesellschaftliche Themen bestimmten zunächst den Inhalt seines Beitrags, im Laufe der Jahre wurde vieles immer spezieller und aktueller. „Politische Reden sind wieder im Trend“, so die Einschätzung Scholls. Die Themen sammelt er das ganze Jahr hindurch, bis er dann im Dezember eines jeden Jahres seine Rede zusammenstellt – komplett allein und ohne jegliche fremde Hilfe. Eine Kunst und Gabe zugleich, schließlich muss alles inhaltlich aus der Prosa in die Reimform rüberkommen. Da helfe auch gerne mal ein Schlückchen Wein, wenn’s etwas hängt, „da wird man kreativer“, erzählt Scholl.

Exklusiv für den HCV

Als „Till vom HCV“ polarisiert und provoziert er gerne. Die eigene Familie dient im Vorfeld als Gradmesser, um Reaktionen zu testen. Selbst die Anfahrt aus dem Rheinland zur Generalprobe vor der ersten von zwei Prunksitzungen nimmt Markus Scholl in Kauf, um das richtige Gefühl zu bekommen, „das brauche ich einfach“. Recht machen kann und will er es nicht jedem – muss er auch nicht.

Trotz der jahrelangen Erfahrung auf der Bühne, mit zunehmendem Alter werde die Aufregung vor den Auftritten keinesfalls weniger, eine gewisse Anspannung sei immer vorhanden, gerade zuletzt nach der Coronapause, verrät der gebürtige Hofheimer. „Da wäre nicht viel Blut aus mir herausgekommen“, beschreibt der Steuerberater mit eigener Kanzlei in Cochem die Anspannung vor dem Auftritt vor knapp zwei Wochen.

Anfragen von anderen Vereinen, den Till auch dort zu platzieren, lehnt der zweifache Familienvater regelmäßig ab, den „Till vom HCV“ gibt es eben nur exklusiv in Hofheim bei seinem HCV. Längst aber im eigenem Kostüm, das ihm die Eltern geschenkt haben, nur der Narrenspiegel, sein wichtigstes Utensil, ist aus den HCV-Beständen. 

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