Lampertheim. Die Schreckensmeldung vom Anschlag in Hanau lässt auch die Lampertheimer Karnevalisten nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Bevor sie die Weiberfastnacht eröffneten, gedachten sie der Opfer von Hanau mit einer Schweigeminute. Dann schwebten bezaubernde Engel mit wippendem Heiligenschein durch den Saal der Zehntscheune und eroberten die Bühne. In den reizenden Kostümen steckte die Gruppe „Fantasy“ mit ihrer Anführerin Ilonka Grosch des 1. Carneval-Clubs Rot-Weiß (CCRW), der die Frauensitzung in Lampertheim veranstaltet. Weil die Fastnachterinnen aber keine braven Engel sein wollen, legten sie alsbald ihre Federflügel mit dem Kommentar von Ilonka Grosch ab: „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“ und feierten eine leidenschaftliche Party. Allerdings hatten die himmlischen Boten auch ihre Aufgaben zu erfüllen.
„Seid ihr alle fit?“
Grosch moderierte und die anderen Lieblichkeiten flitzten durch die Zuschauerreihen, um die Sitzungsorden auszuteilen, einen Engel mit Teufelsschwanz, die Daniela Gutschalk und Ingvelde Huthoff gebastelt hatten. Gemäß dem Kampagne-Motto des CCRW: „Ob Himmel, Hölle, Frau und Mann, Gegensätze zieh´n sich an!“ waren zahlreiche Weiber in Teufelskostümen gekommen, so auch die Ehrenpräsidentin Margit Selb. Stadtprinzessin Julia I. war nur an ihrem funkelnden Diadem zu erkennen.
Sie konnte an dem Abend mit ihren Begleiterinnen ausgiebig feiern. Die Mädels erschreckten in ihrem horrormäßigen Aussehen, den Outfits mit aufgedruckten Knochen-Leuchtmotiven. Und Sitzungspräsident Markus Gutschalk schlich sich verkleidet als Minnie Mouse in den Saal. „Seid ihr alle fit?“, schmetterte Sängerin Barbara Boll in die jubelnde Weiberrunde.
Was für eine Frage! Die Feiernden grölten ein „Jaaa!“ zurück, sie tanzten und schunkelten ausgelassen zu den Hits der Band „Bollwerk“, mit Stimmungskanone Boll, Keyboarder Patrick Embach und dem Gitarristen Matthias Vormehr. Da der CCRW ein traditioneller Karnevalsverein ist, wirkten auch die Funken- und Juniorengarde bei der Eröffnung mit und begeisterten mit ihrem klassischen Marsch. Bravsein bringe Mädels nicht weiter, war sich Moderatorin Grosch sicher und schlüpfte in ihre hochhackigen Pumps, um mit der hochgewachsenen Celine Bouvier (Markus Beisel) auf Augenhöhe zu sein. Um in Lampertheim dabei zu sein, habe „sie“, der Travestie-Künstler aus Mannheim, eine Welttournee abgesagt.
Der singende Schauspieler brachte die Weiber mit seinen Witzen zum Lachen, aber er versteckte in seinem humorvollen Programm auch einige zum Nachdenken anregende Geschichten aus dem Alltag. Er erhielt die erste närrische Rakete des Abends. Ein Rauschen ertönte und Aladin brauste auf dem fliegenden Teppich herein. Bevor das märchenhafte Fortbewegungsmittel auf der Bühne landete, schlüpfte der Geist Dschinni aus der Wunderlampe und flitzte mit dem E-Scooter durch den Saal.
Aus dem Orient war nämlich die Darmstädter Tanzgruppe „Metty and the Treets“ des TSG 1846 gekommen und tanzte Szenen aus Tausendundeiner Nacht. Das Männerballett „Die Ranzengarde“ des NCV Lampertheim erschreckte die Weiberschar. Als überschwängliche Affenbande rasten sie durch den Saal. Zum Vergnügen der Partygäste entledigten sie sich tanzend ihrer Plüschanzüge und legten ihre schlanken Körper bis auf die Turnhose frei. Seine Premiere feierte das Lampertheimer Spezial-Männerballett. Die sechs Synchronschwimmer meisterten ihre Bahnen und in ihren Badeanzügen zeigten sie ihre gestählten Körper.
Tanzend auf den Stühlen
Inzwischen waren die Partygäste außer Rand und Band und tanzten auf den Stühlen. Matthias Vormehr meinte singend: „Es ist so heiß auf Hawaii“ und die Weiber grölten im Chor: „…drum bleib ich hier.“ Kurzzeitige Besonnenheit brachten die Götter des Olymp unter die Jubelnden. Sie verfolgten das närrische Schauspiel des CCRW-Männerballetts „L.A. Hopser“. Mit Patrick Beuzekamp als Zeus und Freddy Herweck als kecken Amor, dem Gott der Liebe, mit dem Schalk im Nacken. Bevor die Närrinnen in die Pause gingen, bedankte sich Ilonka Grosch bei ihren Fantasy-Frauen und der Gruppe New Generation für ihre Unterstützung, Rasin Grosch-Adler für das Styling, den Technikern und dem Thekendienst.
Nach der Pause brachten weitere Männerballette die Karnevalistinnen zum Jauchzen. Auch das Tochter/Vater-Sängerpaar Jesina Litters und Michael Grosch entzückten. In einer prachtvollen Garderobe voller Glanz und Glamour rauschten dann die Travestie-Künstler Chris und Timo Mennsesclou in den Saal. Mit ihrer temperamentvollen Show brachten die „Ladys“ die Fastnachterinnen zum Lachen und Staunen.
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