Lampertheim. Als Neuling im politischen Geschäft zur Kommunalwahl 2011 auf Listenplatz 3 aufgestellt zu werden, war für mich ein riesiges Kompliment. Dann auch noch mit einem guten Ergebnis bestätigt zu werden und neben erfahrenen Kommunalpolitikern wie Helmut Hummel und Thomas Bittner als dritter Mann ins Parlament einziehen zu dürfen, war für mich ein wahnsinniger Vertrauensvorschuss.
Als stellvertretender Schulsprecher am Lampertheimer Lessing-Gymnasium habe ich bereits im Alter von 16 Jahren politische Verantwortung übernommen. Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich damals den Jungen Liberalen beigetreten. Über die regionale Arbeit an der Bergstraße kam ich recht schnell zum Landesverband bei den JuLis, und eine Arbeit im Landesvorstand stand im Raum. In diesem Zusammenhang sowie aufgrund der Landtagswahlen 2009 wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, einen vorrangigen Listenplatz für die Jungen Liberalen auf der Liste der FDP einzunehmen.
Dies war ein Wendepunkt in meinem politischen Denken. Nach vielen Gesprächen mit meiner Familie kam ich jedoch zu dem Schluss, dass ich lieber etwas für die Bürger vor Ort zu tun möchte als mich auf Landes- oder Bundesebene zu engagieren. Ich wollte Entscheidungen treffen können, die ich an Ort und Stelle nachvollziehen kann. Dies war ein Grund, mich aus der landespolitischen Arbeit zurückzuziehen - obwohl ich zwischen 2012 und 2014 noch einmal den Kreisvorsitz der Jungen Liberalen an der Bergstraße innehatte.
Aufgrund meiner Nähe zur FDP und meines persönlichen Kontakts zum Lampertheimer FDP-Mitglied Gottlieb Ohl - einem guten Freund unserer Familie - habe ich mich 2011 zu einer Kandidatur für die Kommunalwahlen entschlossen. Heute, fünf Jahre später, steht die FDP nicht mehr bei einem Ergebnis von 6,9 Prozent mit drei Sitzen und nimmt eine kleine Oppositionsrolle ein. Stattdessen hat sie bei den jüngsten Kommunalwahlen im März 16,9 Prozent der Wählerstimmen erhalten und gehört im Stadtparlament einer Regierungskoalition mit der SPD an. Ändert dies etwas an meinem politischen Handeln? Ja, vielleicht, da die Arbeit sich nun ganz anders aufteilen lässt und man sich intensiver mit Themen beschäftigen kann.
Doch an meiner Überzeugung, die mich motiviert, für die Bürger Lampertheims Politik zu machen, hat sich nichts geändert. Aber ich muss eben auch damit rechnen, dass meine Überzeugungen nicht ungeteilt akzeptiert werden. In meiner ersten politischen Rede habe ich mich für den Bau eines Kunstrasenplatzes eingesetzt. Der Fußballverein, bei dem ich knapp 20 Jahre Fußball gespielt habe, konnte ihn damals dringend gebrauchen. Gleichzeitig musste ich mich mit Lampertheimer Bürgern auseinandersetzen, die nicht Mitglied in diesem Verein waren und sich eine andere Entscheidung gewünscht und das Geld lieber in andere Projekte investiert gesehen hätten.
Ähnlich sieht es mit den Haushaltsberatungen in diesem Jahr und den Anpassungen bei den Kindergartengebühren aus. Was politisch sinnvoll ist, schmeckt leider nicht immer jedem. Damit muss man als Kommunalpolitiker zurecht kommen. Auch nach fünf Jahren sind für mich die Gespräche wichtig, die ich beispielsweise samstagmorgens auf dem Lampertheimer Wochenmarkt, sonntagmittags auf dem Fußballplatz oder unter der Woche beim Metzger mit Bürgern führe. Wenn Menschen aller Generationen, die man vorher noch nie gesehen hat oder die man nicht persönlich kennt, auf mich zukommen und mir Anerkennung für meine Arbeit entgegenbringen, dann freue ich mich darüber, dass die politische Arbeit vor Ort so stark wahrgenommen wird.
Nie unter die Gürtellinie
Natürlich höre ich nicht bloß positive Stimmen. Doch die kritischen Stimmen zielen immerhin nie unter die Gürtellinie. Ich habe in all den Jahren bislang nicht eine einzige Anfeindung erlebt oder Kommentare zu meiner Arbeit vernommen, die ich als unfair empfunden hätte. Mit einigen Bürgern stehe ich regelmäßig in Kontakt. Was mir jedoch aufgefallen ist: Grundsätzlich zeigen immer weniger Menschen Interesse, sich kommunalpolitisch einzubringen.
Dabei würde ich gar nicht von einer Politikverdrossenheit sprechen. Gerade im Zusammenhang mit der Flüchtlingsintegration hat sich eine lebhafte politische Debatte entwickelt. Dennoch ist es offenbar noch einmal ein weiter Schritt von der Debatte hin zum ehrenamtlichen Engagement. Diese Beobachtung trifft natürlich nicht nur auf die Politik zu, sondern etwa auch auf das Vereinswesen, das ebenso unter der abnehmenden Bereitschaft leidet, sich fürs Gemeinwohl einzubringen. Deshalb möchte ich mich dafür einzusetzen, die Möglichkeiten für eine Bürgerbeteiligung zu erweitern.
So würde ich mir wünschen, dass Bürger zum Beispiel in den Ausschusssitzungen vorher die Möglichkeiten bekämen, Fragen einzureichen oder unmittelbar während einer Sitzung Fragen zu stellen. Ebenfalls würde ich mir mehr Bürgerversammlungen oder Sitzungen mit Mitspracherechten für Bürger wünschen. Wir müssen uns davon verabschieden, dass Menschen sich grundsätzlich 20 Stunden die Woche politisch engagieren wollen und über alle Themen Bescheid wissen. Dies wird immer ein kleiner engagierter Kreis Kommunalpolitiker bleiben, der aufgrund des enormen Zeitaufwandes, den uns die Ehrenamtsarbeit kostet, eher noch kleiner wird.
Bürger einbinden
Aber genau die Bürger, die sich zu einzelnen, klar umrissenen Themen einbringen wollen, müssen wir in die kommunalpolitische Arbeit einbinden. Sei es in Arbeitskreisen, Projektteams oder in Sitzungen mit der erweiterten Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Wenn ein Bürger ein Projekt ein halbes Jahr lang begleitet, weil ihn genau dieses Thema interessiert, dann ist unserer politischen Arbeit damit deutlich mehr gedient als mit dem Satz: "Ich kann ja eh nichts ändern."
Wir müssen unsere tägliche politische Arbeit öffnen, um für die Bürger noch transparenter zu arbeiten und Entscheidungen nachvollziehbarer zu machen. Dann bringen sich vielleicht auch wieder mehr Menschen kommunalpolitisch ein.
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