Lampertheim. Wände bemalen – aber nicht mit dem Pinsel! Was zehn meist junge Menschen an zwei Nachmittagen vollbringen, dient der Verschönerung. Ihr Werkzeug der Wahl ist die Spraydose, ihr Anleiter ein „Star“ in der Szene. Graffiti-Künstler „Rise One“ trat erneut in Aktion, auch diesmal sozial motiviert.
„Sechs Jugendliche und junge Erwachsene haben ein Handicap“, erklärt Jochen Halbauer, Vorsitzender des Lampertheimer Behindertenbeirats, mit Blick auf die Teilnehmer. Sie alle leben in der Wohneinrichtung am Falterweg. 16 Wohnplätze stehen dort für Menschen mit Betreuungsbedarf zur Verfügung, verteilt auf drei Häuser. „Sehr individuell“ seien die Wohngemeinschaften, betont Eric Jeckel, Teamleiter der Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD).
Rap aus dem Ghettoblaster sorgt für das richtige Feeling
Gestaltet wird heute der Außenbereich, konkret zwei lange Betonwände. „Denkt euch Motive aus!“, heißt die Devise am Anfang. Spongebob, Fußballer, Herzen – alles darf hier zu Kunst werden. Wichtig ist die Abstimmung, „Rise One“ gibt Tipps, wie es passt. Mit Bleistift zeichnen die Teilnehmer Umrisse, Materialien liegen im Bollerwagen. Schalen, Schablonen und Dosen kommen sodann zum Einsatz. Rap aus dem Ghettoblaster sorgt für das richtige Feeling.
Auch Kinder ohne Handicap haben sich angemeldet: July, Melissa, Elias und Levent sind zwischen sieben und 14. Levents Vater, selbst im Behindertenbeirat aktiv, betrachtet den Fortgang der Arbeiten. „Sie kommen gut klar“, stellt Gürbüz Okumus fest. Vier Stunden lang wird gemalt, am nächsten Tag geht es weiter. Um 14 Uhr ist der Workshop beendet. „Bleibt cool!“, prangt die Message im Eingangsbereich, zentral platziert auf Beton.
Das „Puzzlestück“ hat noch eine besondere Funktion
Ein großes Herz ziert die zweite Mauer. Doch wer genau hinsieht, entdeckt eine Lücke: „Ein Stück wurde ausgeschnitten“, weiß Okumus. Der rechte obere Rand des Herzens wurde so zum Motiv eines Bildes. Die Rückseite trägt die Unterschriften der Künstler. Am 08. November soll das „Puzzlestück aus dem Projekt“ versteigert werden. Dann ist ein Festakt geplant – zugunsten des zehnjährigen Bestehens des Behindertenbeirats.
Aufmerksamkeit für Menschen mit Handicap, das Thema bleibt aktuell. Denn auch künftig wolle man sich dafür einsetzen, dass über veränderte Priorisierungen für Inklusion ein eigener Etat im Haushalt der Stadt bereitgestellt wird. „Veranstaltungen wie diese müssen weiterhin stattfinden können“, appelliert Jochen Halbauer.
Dass der Graffiti-Workshop mit „Rise One“ zustande kam, dazu kostenlos, ist der Zivilgesellschaft geschuldet. Spenden erbrachten die Bürgerstiftung, die Volksbühne sowie Simone Bracht-Wittler, Fachärztin für Allgemeinmedizin. Verpflegung von Kuchen bis Mittagessen stellte die NRD.
Viel Spaß zusammen, egal ob mit oder ohne Handicap
Das inklusive Event ist ein Erfolg – nicht nur aus optischen Gründen. Neben dem „gemeinsamen Kreativsein“ und dem Erlernen von künstlerischen Techniken habe man sehr viel Spaß zusammen gehabt, egal ob mit oder ohne Handicap, so das Fazit am Falterweg.
„Rise One“ ist in Lampertheim seit Jahren geschätzt: Der 38-Jährige, der als Jugendlicher mit dem Sprayen begann, hat bereits die Fußgängerunterführung für die Schüler der Goethe-Schule gestaltet. Auch beim Trafohäuschen am Alfred-Delp-Platz und an der Europabrücke hat er Kindern sein Handwerk nähergebracht.
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