Lampertheim. Was ist Angst? Wie wird sie spürbar? Ist Angst eine menschliche Grundbefindlichkeit? Fragen wie diese diskutierten 35 interessierte Bürgerinnen und Bürger bei freiem Eintritt im Haus am Römer. Den Rahmen bildete das öffentliche Forum von Anton Schmitt.
Unter dem Motto „Sonntags bei Anton“ bespricht der studierte Philosoph Themen, die Menschen beschäftigen. Achtmal im Jahr kommt man zum Gedankenaustausch zusammen. Seit sieben Jahren besteht das Format, Treffen finden in Lampertheim und Viernheim statt.
Was Angst bedeutet und wie sie sich von Furcht unterscheidet, war die erste Frage in die Runde. Schnell wurde deutlich, dass die Trennlinie zwischen dem Konkreten und dem Unbestimmten verläuft: Furcht vor Spinnen, aber Angst vor Abstraktem. Eine wichtige Rolle spielt die Fantasie: „Alles Mögliche können wir uns vorstellen“, erklärte Anton Schmitt. Hinter dem Vorhang lauert auf einmal ein Monster, unter dem Bett liegt ein Gangster mit Axt in der Hand. Derartige Bilder habe er selbst schon erlebt. So sei die Angst des Menschen stets auf die Zukunft bezogen. Mögliche Bedrohungen wie Kriege, Verluste und Krankheit würden so antizipiert. Der Sinn für das Kommende werde jedoch eingeschränkt: Negatives gewinne die Überhand, die Wahrnehmung fokussiere auf Flucht und Untergang.
Biologisches Warnsystem
Dass Angst biologisch Sinn ergibt, postulierten gleich mehrere Diskutanten: „Angst dient quasi als Warnsystem“, erkannte ein Teilnehmer. „Der gesamte Organismus wird aktiviert, um ihn auf Kampf oder Flucht einzustellen“, heißt es auch im 16-seitigen Skript, das Schmitt im Vorfeld ausgeteilt hat. Dabei sei die lebenserhaltende Funktion allmählich in den Hintergrund getreten. Im Zuge der kulturellen Entwicklung habe die Angst vor sozialen und existenziellen Gefahren an Bedeutung gewonnen.
Nach einem Exkurs in verschiedene „Philosophien der Angst“ von Heidegger bis Kierkegaard besprachen die Besucher das Thema anhand von Atomkraft und Künstlicher Intelligenz. Auch hier wurde sichtbar: Wer Angst hat, fürchtet sich stets vor etwas („Wovor?“), er verspürt übermächtige Impulse, zu fliehen oder zu vermeiden („Wozu?“) und fühlt sich in seinem ganzen Sein bedroht („Worum?“).
Zwei Stunden des gedanklichen Austauschs inklusive manch neuer Erkenntnis wurden versüßt mit Kaffee und Kuchenbuffet. Die „Atmosphäre respektvoller Offenheit“ ist Kern des Konzepts von Anton Schmitt: Er bevorzugt das „persönliche Zusammen-Philosophieren im direkten Dialog“. Textbezogene Arbeit ergänzt er mit den Erfahrungen des Einzelnen. Jeder sagt seine Meinung, muss sie jedoch begründen. Widerspruch gehört dazu. „Trockene, abstrakte Darlegungen bringen wenig“, räumt der Kursleiter ein. Die Belesenheit in Platon mache „noch lange keinen Philosophen“.
Neben „Sonntags bei Anton“ hat Schmitt mit „Ton an!“ ein zweites Format in Lampertheim etabliert. Darüber hinaus bietet er Seminare in Volkshochschulen an, als Dozent wirkt er an der Abendakademie Mannheim und der Fernuniversität in Hagen. Dazu kommen Intensiv-Seminare in Venedig und der Toskana sowie philosophische Cafés. Schmitt ist Autor mehrerer Fachbücher und Mitglied der Sokratischen Gesellschaft. Die nächste Veranstaltung, dann wieder im Alten Rathaus in Lampertheim, ist für Sonntag, 4. Februar, geplant.
Info: Mehr unter collegium-philosophicum.de
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